Unterm Herdenstein (eine Tiermenschen Geschichte) - Des Dramas Dritter Teil

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    Kapitel 120 - Jagd



    Das hohe Gras nahe der Baumgrenze war noch feucht vom vielen Regen der vergangenen Tage. Im Schutze des Unterholzes verbargen sich fünf geduldig lauernde Schatten und beobachteten das kleine Gehöft, welches auf der offenen Lichtung an einen kleinen Acker grenzte. Eine Seite des mit dichtem, graugelbem Stroh gedeckten Hauses war mit Lehm verputzt, während die andere Hälfte ganz und gar aus Holz bestand. Die Fensterläden, sowie die Tür waren fest verschlossen und möglicherweise hätten Merrhok und seine vier Ungor Späher auch völlig ohne jede Deckung auf der Wiese stehen können und niemand hätte sie bemerkt. Aber solch ein Risiko würden sie selbstverständlich nicht eingehen. Es lag nicht in der Natur der Jäger ihre Anwesenheit grundlos preiszugeben, zumal ihre Aufgabe von zu großer Wichtigkeit war, als dass sie eine solche Dummheit begangen hätten. Ob die Gors der Gruppe ebenfalls einen kühlen Kopf und Geduld aufbringen könnten, da war sich der junge Häuptling nicht ganz so sicher und so hatte er sie mit dem Rest der Späher losgeschickt, um zu jagen und die Gegend auszukundschaften. Wenn sie beschäftigt wären, würden sie nicht in die Verlegenheit kommen den Rest ihrer Gruppe in Schwierigkeiten zu bringen. Zudem sollte das Stellen und Töten von Tieren einstweilen auch den Blutdurst der jungen Wilden befriedigen.


    Mit seinen Schädelsammler-Ungors arbeitete Merrhok ausgesprochen gern zusammen. Trotz ihres unbändigen Hasses auf Menschen, waren sie in der Lage ruhig zu bleiben und – wenn nötig – stundenlang in der Deckung zu liegen, ohne dabei die nötige Fassung zu verlieren. Sie waren zwar nicht unheimlich stark und ebenso nicht die furchteinflößendsten Wesen des Waldes, aber er hatte in ihnen ausgezeichnete Jäger, sehr gute Fährtenleser und verlässliche Wächter. Beim Anblick des Rauches, welcher dem lehmverputzten Schornstein des Hauses entstieg, konnte er in den Augen der Ungors sehen, wie ihre Instinkte erwacht waren. Die Aussicht auf eine Menschenjagd machte sie hellwach und sie starrten wie gebannt hinter den mächtigen Stämmen der Bäume oder im Gras liegend in Richtung der Behausung. Merrhoks Blicke wechselten fasziniert zwischen seinen Untergebenen und dem Gehöft hin und her, wie jene eines stolzen Hundebesitzers, der stillschweigend den Spieltrieb und die verhaltene Anspannung seiner Tiere studierte. Währenddessen kratzte er sich die Reste alten Blutes aus seinem Bart, welche der nicht enden wollende Regen der vergangenen Tage wie durch ein Wunder noch nicht ausgewaschen hatte.


    Nach einer Weile signalisierte er einem der Ungor, dass sie vorerst weiterziehen würden. Hier wäre allem Anschein nach nicht mehr als eine Familie vorzufinden und für die Rituale der Schamanen würden sie jedoch so viele Menschen benötigen, wie sie nur kriegen könnten. Dieses Gehöft galt nun als ausgemachtes Ziel für einen Überfall und sie würden zurückkehren, wenn die Dunkelheit über sie hereingebrochen wäre. Bis dahin hatten sie noch alle Hände voll damit zu tun, weitere Ziele auszumachen und in ihren Plan zu integrieren.


    Wenig später trafen Merrhoks Spähtrupp und die Jagdgesellschaft aufeinander. Zwei der Gors trugen einen erlegten Keiler, welcher an einer Holzstange zwischen ihnen herabhing. Die Gesichtsausdrücke der Gors waren in Angebracht ihrer Beute recht selbstzufrieden, während Merrhok von den Ungors der Jägergruppe nur wortlos fragende Blicke erntete. Als er einem von ihnen in die Augen sah, konnte jener seinem Blick nicht standhalten, wagte es aber auch nicht die anderen Gors anzuschauen. Stattdessen wanderten seine Augäpfel rast- und ziellos in ihren Höhlen umher. Merrhok wusste, was im Kopf des kleinen Tiermenschen vor sich ging und dass er es nicht wagte, seine Bedenken an die größeren Verwandten zu adressieren ohne dabei körperliche Strafe fürchten zu müssen. Also richtete er seinen Blick auf den Keiler und von dem toten Tier aus auf einen der Gor, welcher ihm am Nächsten stand. Im Schädel des jungen Häuptlings begann es zu arbeiten. Er suchte erst konzentriert und dann verzweifelt nach einer Geste, mit der er den Kriegern begreiflich machen könnte, dass sie mehr Wildschweine bräuchten, um ihren Teil zur Versorgung der Herde zu leisten. Ein Tier würde gerade einmal ihre Gruppe ernähren, mehr aber auch nicht. Einer der vier Ungors, welche in Merrhoks Rücken standen sah ebenfalls was das Problem war und sprach gedankenlos aus was die Anderen fürchteten. "Das wird nicht ausreichen. Wir brauchen mehr." Prompt schossen dem Späher grimmige Blicke von Seiten der Gors entgegen und er verstummte augenblicklich. Als einige der größeren Behuften zu Merrhok blickten, nickte er nur und zeigte ihnen die Finger seiner linken Hand. Fünf Wildschweine sollten sie ihm bringen. Wortlos und ihres Stolzes über den erlegten Keiler beraubt wollten sich die Gors abwenden, doch hielten sie inne, als Merrhok ein kurzes aber deutlich hörbares Grunzen ausstieß. Als sie ihn erneut anblickten, deutete er auf den Horizont, ließ seinen Zeigefinger die Form eines Kreises andeuten und wie dieser Kreis hinter einer Linie verschwand. Der Gor, welcher die Führung innerhalb der Jagdgruppe übernommen hatte war ein stattlicher Caprigor mit geschwungenen Bockshörnern. Er schaute Merrhok nur emotionslos an und nickte sein protestloses Verständnis. Schließlich wandte er sich ab und sie zogen unverzüglich los, zurück in die Schatten des Waldes. Es blieb ihnen nicht mehr allzu viel Zeit bis zum Sonnenuntergang und bis dahin hätten sie alle Hände voll zu tun, vier weitere Schweine aufzuspüren und zu erlegen.



  • Du bist echt mieß , uns den bestimmt epischen Endkampf so lange vorzuenthalten !
    Ok schreib ruhig weiter so , denn mir gefällt es auch .
    Bin einfach nur in der Erwartung was noch alles passiert .

  • Hoffentlich gehen dir nicht irgendwann die Bilder aus! Die sind echt ein gutes Sahnehäubchen! :thumbup:


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    Kapitel 121 - Zusammenprall



    Ghorhok wurde beinahe zu Boden gerissen, als die mächtige Pranke eines Minotaurus ihn an Arm und Schulter aus dem Clinch mit Gurlak zog. Augenblicklich spürte er wie auch seine andere Schulter fixiert wurde und keine Kraft die er aufzubringen vermochte wäre ausreichend gewesen, um ihn aus diesem eisernen Griff zu befreien. Der Bronzehuf brüllte wütend in Gurlaks Angesicht und kleine Speichel-Tröpfchen wurden von seinen bebenden Lippen in Richtung seines Widersachers geschleudert. Sie trafen auf die von Schweiß und Wetter gegerbte Kapuzenhaube des Häuptlings, blieben daran haften, um anschließend langsam vom Stoffgewebe aufgesogen zu werden. Der bedrohliche Schatten eines weiteren Minotaurus schob sich zwischen die beiden Gors und eine erhobene Hand gebot Gurlak sich ebenfalls zurückzuhalten. Er nahm den riesigen stierköpfigen Wächter nur im äußersten Winkel seines Tunnelblicks wahr. Denn seine Augen, welche tief in den Schatten seiner Haube verborgen lagen, lösten sich nicht einmal für den Bruchteil eines Augenblicks von Ghorhok, welcher mit der Macht einer Naturgewalt vor ihm wütete.


    Hätten die Hüter des Herdensteins den explosionsartigen Gewaltausbruch mit aller Macht ersticken wollen, wäre es ein Leichtes für sie gewesen die Kontrahenten schlichtweg zu Boden geworfen und zeitweise unschädlich zu machen. Das pure Körpergewicht eines dieser Wesen, kombiniert mit einem Knie, welches jegliche Atemluft aus dem Brustkorb des Opfers quetscht, waren zuverlässige Mittel um wütenden Hitzköpfen die Lust am Kampf vorerst auszutreiben. Aber die Wächter hatten genügend Weitblick und Sinn für Diplomatie, um dies nicht zu tun. Die Erniedrigung der körperlich Dominierten hätte schwere emotionale Folgen und eine destruktive Wirkung auf die Häuptlinge selbst und auch die zukünftigen Untergebenen innerhalb der Herden. Eine Explosion körperlicher Gewalt wäre somit nicht erstickt, sondern lediglich verzögert worden. Über Allem stand, dass die Kontrahenten in der Lage sein mussten ihr Gesicht zu wahren. Eine unmittelbare, gewaltfreie Auflösung der Situation war also unabdingbar. Wenn beide Seiten zu einer solchen Entspannung der Situation nicht in der Lage sein sollten, wäre ihr zeitweiser Ausschluss von der Versammlung unausweichlich. Ihre Namen würden vom Herdenstein getilgt und sie müssten den Ort umgehend verlassen. Eine Wiederkehr wäre erst möglich, wenn ihr Streit beigelegt wäre und sie sich dem Kodex der Herdenzusammenkünfte wieder unterwerfen würden. Diese Regeln waren nicht neu und jeder Behufte musste sie verinnerlichen. Dennoch konnte keiner von ihnen zu absolut jeder Zeit und unter allen Umständen seine Natur unterdrücken und so starrten hunderte von Augen auf sie, in angespannter Erwartung darüber, wie dieses Schauspiel sich wohl letztendlich auflösen mochte. Kaum einer der Zuschauer wagte es zu atmen, in der Angst auch nur das kleinste Detail zu verpassen. Lediglich Shargah, welcher unbeobachtet ein ganzes Stück von den beiden Häuptlingen entfernt stand, trug einen zufriedenen Ausdruck auf seinen bestialischen Gesichtszügen und ließ jede Spur von Überraschung, Anspannung oder Verunsicherung vermissen.


    Gurlak atmete tief ein und wieder aus. Dann wanderte sein Blick nach rechts oben und er schaute dem Minotaurus direkt in die Augen, während dieser mit seiner erhobenen Pranke noch immer klarmachte, dass hier keiner durchkäme. Der Hüne war dabei so ruhig wie der Stamm einer Eiche, welcher gänzlich unbeeindruckt von einem verheerenden Sturm umweht wurde. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen und der riesige Bulle las in den Augen des narbenübersäten Gors. Dass sich die Welt jedoch - entgegen aller Eindrücke - tatsächlich weiter drehte bemerkte Gurlak erst, als er im Augenwinkel die Hand des Wächters langsam sinken sah. Der Häuptling hatte kein gesteigertes Interesse daran die Auseinandersetzung mit dem Bronzehuf hier und jetzt auszufechten und der Minotaurus schien das erkannt zu haben. Ihre Blicke trennten sich und wanderten hinüber zu Ghorhok, welcher noch immer im eisernen Griff der zwei anderen Wächter fixiert war. Sein Brustkorb hob und senkte sich merklich unter schweren Atemzügen. Die fest zusammengebissenen Kiefer waren angespannt und sein Maul zeigte entblößte gelbe Reißzähne. In seinen Mundwinkeln waren noch immer Reste von Schaum zu erkennen. Das Glühen in seinen Augen schien mittlerweile nachzulassen, genau wie die Kraft, welche durch den festen Griff der Bullen langsam aber stetig aus seinem schwitzenden Körper gesaugt wurde. Mit jedem Atemzug und jedem Schlag seines wilden Herzen schien Ghorhok wieder ein wenig mehr an Fassung zu gewinnen und in die Welt derer die bei Sinnen waren zurückzukehren. Seine blinde Wut wandelte sich zusehends in kontrollierten, zielgerichteten Hass und mit einem durchbohrenden Blick in Gurlaks Augen sprach er, "Ich sehe was du vorhast. Aber ich werde dir nicht den Gefallen tun und dies vorzeitig beenden. Schon bald werden wir uns wieder gegenüberstehen und nachdem ich dich Stück für Stück auseinandergenommen habe, werde ich dir deine wunderschönen Hörner ausreißen. Eines nach dem anderen." Mit diesen Worten entspannte sich sein wilder Gesichtsausdruck ein wenig, die Zähne verschwanden wieder hinter seinen Lippen und er verlagerte sein Körpergewicht nicht mehr gegen den Griff der beiden stierköpfigen Wächter. Diese ließen langsam von ihm ab und schauten ihm nach, wie er schließlich mit festem Schritt von seinem Kontrahenten weg durch das Lager davonschritt. Gurlak blickte ihm wortlos hinterher und tat letztlich einen tiefen Atemzug der Erleichterung.



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    Kapitel 122 - Die Berührung



    Brak stellte seine schwere Axt an die steinerne Wand einer der Höhlen, in der er sein Lager aufgeschlagen hatte. Dann legte er seinen mit Menschenhaut überzogenen Bronze-Bauchpanzer ab und folgte Shargahs Einladung ihm nach draußen zu folgen. Ohne seine Waffe und die vertraute Metallplatte fühlte er sich seltsam nackt und angreifbar. Sein Weg durch das Lager, hin zu dem großen Monolithen, war wie ein Gang über glühende Kohlen. Er gab sich Mühe dem Schamanen zügig zu folgen und sich nichts anmerken zu lassen. Endlich am Herdenstein angelangt, hatte Brak das Gefühl in einen Ort der Macht betreten zu haben. Um sie herum waren plötzlich keinerlei Herdenmitglieder mehr. Lediglich ein paar Schamanen, welche aus den Schatten ihrer Kapuzenumhänge auf die beiden Neuankömmlinge zu starren schienen, befanden sich am Rande des Steinkreises, in dessen felsigen Boden Linien und Runen in verbotenen Sprachen gekratzt worden waren. Brak zögerte als Shargah ihm zu verstehen gab, dass er ihm in den Kreis hinein folgen solle. Der Alte blieb jedoch stur und forderte den jüngeren Gor erneut auf an den mächtigen, schwarz glitzernden Monolithen heranzutreten. Als Brak die Hand in Richtung des Steins ausstreckte, spürte er wie es in seinen Fingerspitzen zu prickeln begann. Reflexartig zog er sie zurück, als hätte er Angst sich an einem heißen Herdfeuer zu verbrennen. Sein fragender Blick ging zu Shargah, welcher nur nickte, wie es ein Vater tun würde, der seinen Sohn ermutigte etwas aufregendes Neues zu erlernen. Langsam streckte Brak seine Hand erneut in Richtung des Steins und sofort begann es wieder in seiner Hand zu kribbeln. Der unergründlich schwarze Quarz begann sanft zu schimmern. Während der junge Gor die Reflektionen der umliegenden Feuer in der glatt glasigen Oberfläche betrachtete, sah er wie ein grünliches Glühen im Inneren des Steins stärker und stärker wurde. Das Prickeln in seinen Fingern wurde stärker. Es wanderte seinen Arm hinauf bis er ganz taub wurde und Brak Angst bekam ihn nicht mehr wegziehen zu können. Gerade als Panik in ihm aufzusteigen begann, wandelte sich das taube Gefühl in Wärme. Sie durchströmte ihn, wie die Berührung von Sonnenstrahlen an einem Spätsommerabend. Unsicher darüber, ob er seiner Intuition vertrauen und den Kontakt mit etwas so Mächtigem zulassen sollte, wollte er seinen Blick wieder Shargah zuwenden. Aber da war nur noch Dunkelheit hinter ihm. Das grüne Licht unter seiner Hand war inzwischen gleißend hell geworden und die Feuer des Herdenlagers schienen wie mit einem Mal erloschen zu sein. Es war totenstill um ihn geworden. Er konnte weder Shargah noch einen der anderen Schamanen in der schier endlosen Dunkelheit ausmachen, welche lediglich auf die Distanz von ein paar Ellen vom kränklich grünlichen Schein des Monolithen erhellt wurde. Die Panik kam zurück und erst der Klang von Shargahs Stimme vermochte den in die Höhe schnellenden Puls des jungen Gors zu zügeln. "Hab keine Angst. Du musst vertrauen. Die Kraft steckt in dir. Hör auf die Stimme in deinem Inneren stell dich deiner Furcht. Dann wirst du die Berührung ertragen. Die Dunkelheit blickt auf dich und in dich. Wenn du ihre Probe bestehst, kannst Du ungeahnte Macht und uraltes Wissen erlangen. Vertraue. Je größer dein Vertrauen, desto geringer das Leid, welches dir widerfahren wird."


    Brak schauderte, dann richtete er seinen Blick wieder auf das Licht und schloss die Augen. Er hatte das unerklärliche Gefühl seine Hand nicht zurückziehen zu können und entschloss sich deshalb, sie noch naher heranzuführen und den Stein endgültig zu berühren. Seine Finger zitterten und die Wärme begann langsam zu einer Hitze anzuwachsen. Der junge Gor biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich. Er war willens seine Angst zu überwinden. Unter seinen Augenlidern begann ein weißes Licht zu hervorzutreten und kleine elektrische Entladungen stellten die Haare auf seinem Unterarm auf. Wie aus dem Nichts begann ihm ein Wind entgegenzuwehen und fuhr ihm durch das wilde, lange Haar. Brak kniff die Augen fester zusammen und stemmte sich gegen den Widerstand, welcher immer größer zu werden schien. Der Wind riss nun an seinem Lendenschurz, dem Fell, Bart und Haaren. Er knirschte mit dem Zähnen und presste vorwärts so gut er es vermochte. Plötzlich fühlte er wie er etwas berührte. Dabei glaubte er eine glühende Kohle in der ausgestreckten Hand zu haben und wollte aufschreien, als Myriaden von Stimmen und Eindrücken auf ihn einstürmten. Er riss sie Augen auf und fand sich in einem Sturm des Lichts wieder. Abertausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf, Erkenntnisse, wie er sie im Verlauf seines gesamten Lebens nicht glaubte erlangen zu können. Er sah in das Antlitz tausender Wesen des Warps und wusste nicht ob er Abscheu oder Liebe empfinden sollte. Der Schmerz in seiner Hand war vergessen, Raum und Zeit spielten keine Rolle mehr. Brak entspannte sich und ließ sich treiben. Unmengen an Informationen strömten auf ihn ein, ohne dass er sie hätte bewusst voneinander trennen oder verarbeiten können. Er versuchte sich auf einzelne Stimmen zu konzentrieren, sie aus der Menge herauszufiltern und ihnen Fragen zu stellen. Sie sprachen in fremden Zungen, aber zu seiner eigenen Verwunderung verstand er dennoch jedes einzelne Wort. Einige der Stimmen begannen lauter und aggressiver zu werden. Sie drangen mehr und mehr auf ihn ein, bis Brak schließlich nachgab und einen Schritt zurückwich. Plötzlich war alles vorbei und um ihn herum herrschte wieder Dunkelheit. Die Stimmen waren verstummt und die Stille hatte etwas Gespenstisches.


    Nur langsam, nach und nach, kehrten die Geräusche der Umgebung zurück, das Knistern und Knacken von Holz in den Lagerfeuern, die Stimmen unzähliger Kinder des Chaos, welche sich versammelt hatten um einen neuen Anführer zu finden und ihren bestialischen Gelüsten nach Raubmord und Krieg zu frönen. Als die Lichter aufhörten vor seinen Augen zu tanzen und Brak sich an die Sichtverhältnisse gewöhnt hatte, erkannte er auch wieder die Feuer und die schwarzen Silhouetten der Behuften, welche sich um die Lagerplätze scharten. Die Schamanen standen stumm und regungslos am Rande des Steinkreises. Braks Blick wanderte von einem Kuttenträger zum nächsten und schließlich hin zu Shargah, welcher ihm mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck unter seiner Kapuze hervor entgegenfunkelte.



  • Da kann man kaum noch etwas zu sagen, denke ich. Ganz großes Kino!


    (Und die Bilder: Wahnsinn! Wie lange zeichnest du schon?)


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    Da kann man kaum noch etwas zu sagen, denke ich. Ganz großes Kino!

    Danke, Marghor!



    (Und die Bilder: Wahnsinn! Wie lange zeichnest du schon?)

    Schon immer.


    bzw. ... naja, seitdem ich einen Stift halten konnte. :hihi: Aber da waren die Ergebnisse noch nicht wirklich vorzeigenswert.


    Im Off-Topic Bereich ist irgendwo ein Thread mit lauter Zeichnungen von mir. (Da ist sogar ein Tutorial drin, wie man Porträts malt. :P )

  • Wird sofort gesucht! :)


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    Kapitel 123 - Schmerzliche Erkenntnisse



    Brak betrachtete den Lumpen, welcher um seine rechte Hand gewickelt war. Der Schmerz hämmerte wild und unaufhörlich bis hoch in seinen Arm. Er wusste nicht wie es sich ohne die von Shargah aufgetragenen Salben anfühlen würde, aber er konnte sich kaum vorstellen, dass die Verbrennung tatsächlich noch schlimmer schmerzen könnte. Die Innenfläche seiner Hand hatte ausgesehen wie ein Stück angebratenen, rohen Fleisches und die Haut hatte sofort begonnen eine riesige Blase zu werfen, bevor Shargah sich der Sache angenommen hatte. Nun flößte Brak sich große Mengen Alkohols ein, von dem er sich erhoffte, dass er ihm in den heißersehnten Schlaf helfen würde. Bis dahin betrachtete er aus angemessener Entfernung wie seine Brüder ausgelassen um die Feuer tanzten, soffen, grölten und sangen. Bereits die Nähe zu einer der Feuerstellen gab ihm das Gefühl der Schmerz in seiner Hand würde ungleich größer, wenn nicht gar unerträglich werden. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein. Shargah hatte behauptet, es sei der Preis für den Blick in die Sphären ihrer aller Väter und er solle stolz sein. Die Salbe würde dafür sorgen, dass er die Hand schon bald wieder gebrauchen könne. An die kommende Nacht und den darauf folgenden Morgen wollte Brak jedoch lieber nicht denken.


    Merrhok zerbrach sich unterdessen den Kopf, wie er sein unmittelbares Problem angehen sollte. Nichts lief wie es sollte. Er wusste nicht, wie viele Menschen er in seine Gewalt bekommen könnte. Das Gehöft, welches er tagsüber noch beobachtet hatte, schien das einzige in der Umgebung zu sein, welches derzeit noch bewohnt war. Die Bewohner der anliegenden Güter mochten sich in das Innere der befestigten Ortschaft zurückgezogen haben, aus Angst den Plünderern erneut zum Opfer zu fallen. Als es zu dämmern begonnen hatte, war eine kleine Patrouille der Menschen am Hof eingetroffen und hatte sich wohl nach der Lage erkundigt. So konnte Merrhok immerhin in Erfahrung bringen, dass sich mindestens eine Familie im Haupthaus befinden musste. In den umliegenden Verschlägen waren nur Vieh und Geflügel untergebracht. Als die Wachmannschaft abgerückt war, hatte sie zwei Männer zurückgelassen, von denen im Wechsel immer einer draußen Wache stand. Zwar hätte er sich somit nur auf ein einzelnes Ziel gleichzeitig zu konzentrieren, müsste aber damit rechnen, dass der Rest der Wachmannschaft im Falle eines Überfalls schnell zur Stelle wäre. Die anderen Gehöfte waren aller Wahrscheinlichkeit nach komplett geräumt worden und dort wäre nichts zu holen. Der einzige zu überwachende Ort außerhalb der Befestigung wäre also hier. Mit einem schlichten Feuer, wie er es als Ablenkung für den Moment seines Überfalls geplant hatte, wäre es wohl nicht getan. Die Wachmannschaft würde sich wohl kaum auf so einfache Weise von hier weglocken lassen, wenn andernorts kaum ein nennenswerter Verlust drohte. Grübelnd rieb er sich die Stirn und winkte schließlich einen seiner Späher zu sich. Nach einer kurzen Unterweisung mittels Gesten und einigen Stockzeichnungen am Waldboden, jagte der Ungor los in die Nacht, Richtung Norden.


    Damit waren Merrhoks Probleme aber noch nicht erschöpft. Seine Gors hatten noch immer nicht genügend Beute gemacht, um die von ihm gestellte Forderung zu erfüllen. Sein Zeitplan wäre also in keinem Fall aufgegangen. Er hatte einige von ihnen mit den bereits erbeuteten drei Keilern und einem Reh zurück ins Herdenlager geschickt. Der Rest ruhte sich aus, um die Jagd am kommenden Tage fortzusetzen. Merrhok war nicht entgangen, dass die Stimmung der Gors alles andere als gut war und sie wohl nicht recht verwunden hatten, dass ihr Jagderfolg durch ihren Anführer nur unzureichend gewürdigt worden war. Er nahm sich vor, ein wenig mit ihnen auf Tuchfühlung zu gehen, um unnötigen Auseinandersetzungen so gut es eben ging vorzubeugen. Vielleicht käme ihm ja so eine Idee, wie er genügend Aufregung erzeugen konnte, um die Bewohner des Gehöfts sowie die Wachposten aufzuschrecken und aus ihrer Deckung zu treiben.


    Shargah saß währenddessen in meditativer Ruhe und mit geschlossenen Augen abseits des Herdenlagers, am Hang eines Berges. Der Lärm der Feierlichkeiten war hier kaum noch zu vernehmen und so lauschte der alte Schamane in die Stille der Nacht hinaus. Eine Falte bildete sich auf seiner Stirn, als er glaubte etwas wahrgenommen zu haben. Da war es wieder, eine Erschütterung. Die Falten über seiner Nasenwurzel wurden immer tiefer und der Gesichtsausdruck des Alten war angespannt. Plötzlich riss er die Augen auf und starrte hinaus in die Dunkelheit. Etwas Großes bewegte sich auf sie zu.



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    Kapitel 124 - Gestörter Schlaf



    Als der nächste Morgen graute, war Brak einer der Ersten im Lager, der sich von seiner Schlafstätte erhob. Er hatte eine kurze, löchrige Nacht hinter sich und der hämmernde Schmerz war kein böser Traum geblieben, er war real. Gerade rieb er sich mit der leicht steifen Rechten den Schlaf aus den Augen, da spürte er, dass er in etwas Nasses gefasst haben musst. Er gab sich Mühe, zu erkennen was es war und als sein Blick klarer wurde sah er, dass der Verband um seine Hand komplett durchgeweicht war. Langsam wickelte er den Stofffetzen ab und sah, dass die riesige Blase über Nacht aufgegangen war. Sein kompletter Handteller schien eine einzige große, in Hautfetzen gekleidete, stark entzündete Wunde zu sein. Er fasste sich mit seiner gesunden Hand um das Handgelenk und packte fest zu, wie um den einen Schmerz durch einen anderen zu relativieren. Dann erhob er sich von seinem Nachtlager und wankte in Richtung von Shargahs Unterkunft. Der Weg durch das Herdenlager kam ihm vor wie der Gang über ein Schlachtfeld. Überall lagen reglose Körper verteilt, er wandelte durch ein wüstes Durcheinander und die schmerzende Wunde an seiner Hand verstärkte den Eindruck umso mehr. Lediglich das Fehlen von Blut und Verstümmelung rief ihm in Erinnerung, dass seine Stammesgenossen und die vielen Mitglieder der unterschiedlichsten Herden nur im Schlaf lagen. Als Brak endlich am Lager des alten Schamanen ankam, machte sich Ernüchterung breit. Der Schlafplatz war leer und obwohl Brak die gesamte Umgebung absuchte, blieb Shargah verschwunden. Was zu diesem Zeitpunkt niemand im Lager wusste war, dass eine Reihe von Ereignissen den alten Schamanen nachts zuvor dazu gebracht hatte das Lager unangekündigt zu verlassen.


    Shargah starrte hochkonzentriert in die nächtliche Dunkelheit vor sich. Irgendwo dort hoffte er die Quelle der wahrgenommenen Erschütterungen zu erspähen, als es plötzlich im Dickicht vor ihm raschelte. Schnell wie der Wind kam ein völlig aus der Puste geratener Ungor auf den Schamanen zugestürmt und hätte ihn um ein Haar über den Haufen gerannt. Shargah packte den kleineren Behuften bei den Schultern und fragte ihn eindringlich was hier vor sich ginge. Der Ungor brauchte erst einige Atemzüge, bevor er in Wort fassen konnte was geschehen war. Auf dem Weg zum Lager war er buchstäblich über einen Riesen gestolpert, welcher schlafend in einer der Spalten des Steinareals südlich des Lagers gelegen hatte. Zu spät habe er bemerkt, dass es sich bei der Formation zu seinen Hufen nicht um Gestein gehandelt hätte und der von ihm wahrgenommene Geruch zu dem schlummernden Giganten gehört habe, dem er versehentlich über den Kopf und auf eines der Ohren getrampelt war. Er beteuerte, dass er sich nie so unvorsichtig und tölpelhaft benommen hätte, wenn er nicht in einer solchen Eile gewesen wäre. Sein Herr habe ihm immerhin die äußerste Dringlichkeit seiner Aufgabe eingeimpft und er müsse umgehend Bericht darüber erstatten, dass die entsandte Plünderer-Gruppe die dringende Hilfe eines Schamanen benötigen würde, um ihre Mission noch erfüllen zu können. Shargah zog eine Augenbraue hoch und fragte den kleineren Behuften in ruhigem aber bestimmtem, beinahe schon väterlichem Ton, "Und wem glaubst du das zu erzählen? … einem Baum?" Erst in diesem Moment schien der verwirrte Ungor zu realisieren, mit wem er da überhaupt sprach. Sein perplexer Blick und das offen stehende Maul zeigten, dass es ihm zu dämmern begann.


    Auf Nachfragen Shargahs schilderte der Ungor sogleich zügig die Situation, in der sich Merrhoks Spähtrupp befand. Der alte Schamane sinnierte daraufhin kurz was er tun könnte, wurde aber von einer erneuten und lauteren Erschütterung aus seinen Gedanken gerissen. "Ist er dir gefolgt?", fragte Shargah den Boten, welcher nur in beschämter Weise und mit auf den Boden gerichtetem Blick nickte. Dann blickte er den Schamanen aus ängstlichen Augen an und sprach, "Ich muss ihn wohl doch recht unsanft geweckt haben und nachdem ich so schnell gerannt bin wie ich nur konnte, dachte ich auch ich hätte ihn abgehängt. Aber er muss den Lärm aus den Bergen gehört haben und jetzt ist er auf dem Weg hier her."


    Shargah sah hinauf, in Richtung des Herdenlagers, dann wieder in die Dunkelheit, in der er nun kontinuierlich und deutlich die Schritte des Riesen vernehmen konnte. "Folge mir und hab keine Furcht.", sagte der Alte. Der Ungor glaubte seinen Ohren nicht zu trauen und schaute nur ungläubig hinauf in die Schatten der Kapuze des betagten Gors, welcher seinen Blick nicht vom Dunkel des Waldes löste. Als er sich schließlich ganz sicher war, sagen zu können von wo die Erschütterungen kamen, ging Shargah ihnen zielstrebig entgegen. Der verunsicherte Späher folgte ihm widerwillig und fragte sich, wessen Zorn er wohl mehr zu fürchten hätte.



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    Kapitel 125 - Zweite Hilfe



    Später am Morgen hatte sich das Herdenlager wieder in einen Ort geschäftiger Umtriebigkeit verwandelt. Die meisten Behuften waren nach einer langen Nacht, in der mehr gefeiert als geschlafen worden war, wieder auf den Beinen und die Hüter des Herdensteins hatten aufs Neue alle Hände voll zu tun. Zwischen friedlichem Miteinander und einem urplötzlichen Gewaltausbruch lagen mitunter nur zwei Schritte in die falsche Richtung. Dabei ging es nicht unbedingt um die Territorien einzelner Gruppen innerhalb des Lagers, sondern die intensiven Gerüche der Mitbehuften. Sie riefen tiefliegende Urinstinkte in den Tiermenschen wach und sorgten dafür, dass die Wächter-Bullen immer wieder Streitigkeiten und kleinere körperliche Auseinandersetzungen unterbinden oder schlichten mussten. Zwischen den Häuptlingen Gurlak und Ghorhok hatten sie sogar eine Art permanente Abschirmung arrangiert. Ganz gleich wo die beiden Gors sich gerade befanden, es stand immer ein stoischer Bulle, in gebührendem aber dennoch merklichem Abstand, zwischen ihnen. Auf diese Weise traten sich die Beiden nicht aus Versehen auf die Hufe und mussten nur ab und zu schauen, wo einer der stierköpfigen Hünen gerade stand, um zu wissen wo sie besser nicht entlang gehen sollten. Zur Erleichterung der Bullen legte es auch keiner der Häuptlinge darauf an dem Anderen in die Quere zu kommen. So wie es im Moment aussah, warteten Beide auf den Gorkampf, um die Sache endgültig und sauber zu klären.


    Brak hatte sich unterdessen an Gurlaks Schamanen gewandt, um dessen medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Wunde hatte sich geöffnet und allem Anschein nach auch infiziert. In jedem Fall hatte Brak mit einer starken Entzündung zu kämpfen und der permanent pochende Schmerz nagte mehr an seinen Nerven als seinem Körper. Seit seinem Erwachen brach ihm immer wieder kalter Schweiß aus. Nachdem Bratak sowohl seine eigenen als auch Shargahs Sammelsurien an Salben, Wundermitteln und teils nicht zu identifizierendem Plunder durchstöbert hatte, gab er dem versehrten Brak eine Halskette, welche er auf der Ladefläche von Shargahs Karren gefunden hatte. Daran war ein tiefschwarzer Brocken Warpsteins befestigt. Er war von der Art, wie sie ihn weiter südöstlich, unterhalb des großen Schlachtfeldes, gefunden hatten. Was diesen speziellen Warpstein von einem Gewöhnlichen unterschied war, dass er weniger mutierende Kräfte zu besitzen schien, während seine regenerativen Kräfte unglaublich stark waren. Bis vor kurzem hatte Bratak nicht einmal gewusst, dass es solche Unterschiede beim Warpstein gab. Morrsstein war die einzige Variation dieser Manifestationen roher Magie, von der er gehört hatte. Er selbst besaß jedoch leider keinen dieser Steine und hatte somit auch keine Gelegenheit gehabt deren exakte Wirkungsweise zu studieren.


    Nachdem er die Wunde begutachtet hatte, schnitt Bratak einige der Hautfetzen an Braks Handfläche mit einem äußerst scharfen Messer und ein paar geschickten Handgriffen ab. Der junge Gor biss die Zähne zusammen, während der Schamane irgendeine Art hochprozentigen Kornbrandes über die Wunde goss und danach unermüdlich weiterschnitt. Braks Blutkreislauf war mit solchen Unmengen an Adrenalin geflutet, dass ihm der Schmerz durch die Schnitte und den beißenden Alkohol gar nicht allzu groß erschien. Er war einfach nur froh, dass sich jemand der Sache annahm und starrte wie gebannt auf seine ruinierte Handfläche. Brataks geschäftiges Intervenieren war Balsam für seine Seele. Jeder der Schnitte machte aus der ewig nagenden, oberflächlichen Folter endlich einen klar einzuordnenden Schmerz, welcher durch den Alkohol auch wieder nachzulassen begann. Schließlich verband Bratak ihm die Hand aufs Neue, dazu den gesamten Unterarm. Anschließend befestigte er das Halsband mitsamt dem Stein so am Verband, als hielte Brak es in der nun unbeweglichen, offenen Handfläche. Dann gab er dem tapferen jungen Gor noch einen tiefen Schluck aus dem Trinkschlauch, verordnete ihm Ruhe und schickte ihn wieder auf den Weg. Bratak selbst würde nun wieder nach seinem größten Sorgenkind – Häuptling Gurlak – sehen, um sicherzustellen, dass es keine weiteren, unnötigen Zusammenstöße mit Rivalen wie Ghorhok gäbe. Er sah zwar, dass die stillen Wächter die Situation derzeit gut im Griff zu haben schienen, aber Bratak war kein Freund davon sich auf den Zufall oder die Gewissenhaftigkeit Anderer zu verlassen.



  • In die internen Konflikte kommen jetzt auch noch Bedrohungen (oder Chancen?) von außen... Du machst es aber auch spannend! Hast du eigentlich mal versucht Ungors zu zeichnen? Deine Gors haben ja schon eine große stilistische Bandbreite; die Ungors bieten da dich noch viel mehr Möglichkeiten, meinst du nicht? (Allein schon die Vielzahl verschlagener Gesichtsausdrücke.)


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    Hast du eigentlich mal versucht Ungors zu zeichnen? Deine Gors haben ja schon eine große stilistische Bandbreite; die Ungors bieten da dich noch viel mehr Möglichkeiten, meinst du nicht? (Allein schon die Vielzahl verschlagener Gesichtsausdrücke.)

    Ich hab die Tage 'ne ganze Reihe Gors gezeichnet, um hier stetig nachlegen zu können aber Ungors waren tatsächlich noch nicht dabei. :) (Meine Affinität für Gors ist glaub' ich einfach größer... aber vielleicht kann ich ja kommende Woche ein, zwei Ungors für Dich zeichnen.)

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    Kapitel 126 - Zugzwang II



    Die im Unterholz lauernden Ungors machten ihre Holzprügel bereit. Merrhok hatte sie angewiesen keine tödliche Waffengewalt anzuwenden und ausschließlich lebende Gefangene zu machen. Außerdem sollte jeder von ihnen selbständig dazu in der Lage sein, den Weg zum Herdenlager zurückzulegen. Er hatte keine Lust Verstümmelte oder Verletzte transportieren zu müssen und Menschen waren bereits von Grund auf schon viel zu zerbrechlich. Er warnte sie also so eindringlich vor, wie es ihm ohne Worte nur möglich war. Für jeden toten oder schwer verletzten Feind würde er die Schuldigen innerhalb der Gruppe zur Rechenschaft ziehen. Merrhok hoffte inständig, dass das Allen klar wäre. Dann schickte er sie wieder auf ihre Posten. Während die von der Jagd abgezogenen Gors und Ungors in Stellung gingen, schien der ursprüngliche Plan des Häuptlings aufs Neue in Gefahr zu geraten. Er hatte vorgehabt im Dunkel der Nacht zuschlagen, um das Risiko entdeckt zu werden, unnötige Verluste zu erleiden und eventuell gar komplett zu scheitern so gut es nur ging zu minimieren. Aber was da gerade am Hof vor sich ging, drohte auch dieses Vorhaben über den Haufen zu werfen.


    Ein Reiter und mehrere leicht gerüstete, mit Hellebarden und teils anderen Gerätschaften bewaffnete Menschen waren soeben zum Gehöft gestoßen. Wie es schien hatten sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Bewohner dazu zu bewegen mit ihnen zu kommen und das Gelände zu verlassen. Laute Stimmen und ein harscher Tonfall ließen jedoch darauf schließen, dass die Bewohner andere Pläne hatten. Ein wildes Kommen und Gehen begann und einige der Menschen betraten das Haupthaus, um kurze Zeit später wieder nach draußen zu kommen, schimpfende, in Bauernkleidung gehüllte Menschen im Schlepptau. Ein stattlicher Mann mit Topfschnitt und Backenbart, sowie zwei Frauen. Die eine jünger, die Andere etwa im Alter des Dicken. Während der Mann mit aufgebrachter Stimme zu den Soldaten sprach, gingen die Frauen unversehens wieder hinein. Kurz darauf traten auch die zwei Wachposten, welche die Nacht am Hof zugebracht hatten, durch die Tür ins Freie. Auf einer Art improvisierten Holzpritsche trugen sie zwischen sich einen jungen Mann, welcher an einem Bein sowie am Kopf blutige Verbände trug. Er machte nicht den Anschein, als ob er bei Bewusstsein wäre und Merrhok glaubte nun den Grund zu kennen, warum diese Menschen noch immer hier, außerhalb der schützenden Befestigung der nahegelegenen Ortschaft, waren. "Sie wollten ihr verletztes Herdenmitglied nicht zurücklassen", ging es ihm durch den Kopf. "Der Verletzte kann nicht gehen, die Weibchen sind zu schwach ihn zu tragen und die Krieger kamen erst kurz vor Einbruch der Nacht… viel zu spät um noch gefahrlos in Richtung der Siedlung aufbrechen zu können. Aber jetzt... ist es soweit."


    Merrhok war klar, dass seine einzige Chance Gefangene zu machen sich gerade vor seiner Nase zu verflüchtigen drohte. Er gab seinen Gors und Ungors Zeichen sich bereitzumachen und warf dann Argusblicke auf die Bewaffnung der Soldaten. Der Reiter trug ein Schwert und zwei Pistolen bei sich. Der Häuptling wusste, dass sie sich vor diesen Dingern in Acht nehmen mussten. Die anderen Männer waren mit Hellebarden und Schwertern bewaffnet, drei weitere hatten Armbrüste geschultert. Erneut suchte er Blickkontakt zu seinen Kriegern und gab ihnen Zeichen sich entlang der Baumlinie langsam in die von den Menschen angepeilte Marschrichtung zu verteilen. Sie würden versuchen müssen, sie in einem halbwegs günstigen Moment abzupassen, auch wenn er Situationen wie Diese hasste. Menschen lebendig gefangen nehmen zu müssen, ohne dabei selbst das Zeitliche zu segnen, war bei Tage einfach schierer Wahnsinn. Selbst wenn es möglich wäre die Menschen auf dem falschen Fuße zu erwischen, wären ihre Verluste unter Garantie noch immer viel zu hoch. Dessen war nicht nur er sich sicher. Die Zeit lief ihm davon und er wurde langsam aber sicher richtig wütend. Er wusste, dass es einer Verzweiflungstat glich aber dennoch winkte er seine Krieger so nahe wie es ihnen nur möglich war, ohne entdeckt zu werden, an die Baumgrenze und damit auch an den Feind heran. Denn für das was er gleich vorhatte, mussten seine mit Knüppeln bewaffneten Gors und Ungors so schnell wie möglich direkt unter den Menschen sein und den rechten Moment nutzen. Gerade als er einigen seiner Späher den Befehl geben wollte das Pferd des Reiters mit Pfeilen zu erlegen, begann er ein dumpfes Rumoren wahrzunehmen.


    Die Ungors waren die Nächsten, die das Geräusch hörten und blickten sogleich fragend zu ihrem Häuptling. Dann spürten es die Gors. Ein leichtes, aber beständiges Beben und es wurde stärker. Merrhok spähte in die Richtung, aus der das Rumoren zu kommen schien, konnte aber nichts erkennen. Das unterschwellige Geräusch wuchs an und wurde schließlich laut genug, dass selbst die geradezu tauben Ohren der Menschen etwas wahrnahmen. Der recht langsame Zug, welcher von dem Reiter angeführt wurde, kam zum Stehen und die Blicke der Menschen wandten sich in Richtung des nun unüberhörbaren Polterns. Merrhok versuchte seinen Kopf außerhalb der Sicht der Menschen zu halten, um nicht aus Versehen entdeckt zu werden und spähte weiter in den Wald. Mit einem Mal kam Bewegung in das Blattwerk und Äste schlugen in alle Richtungen, als würden die Bäume unter ihnen gefällt werden. Die Augen der Anwesenden weiteten sich und das Herz der Menschen, sowie einiger Behufter rutschte ihnen sprichwörtlich in die Hose.



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    Kapitel 127 - Riesen Überraschung



    Holz knackte, Äste brachen, dann folgte das Geräusch eines fallenden Baumstammes. Noch immer blickten alle wie gebannt in Richtung der Baumkronen. Erst als das Pferd unter seinem Sattel zu scheuen begann, kam der Reiter zu sich und brüllte seinen Männern Befehle zu. Nach kurzem Zögern kam Bewegung in die Gruppe und die beiden Wachmänner mit der Bahre beschleunigten ihr Tempo, während sie in Richtung der Bäume liefen, um der Ursache des Lärmes – was immer es auch sein mochte – auszuweichen. Mit dem Verletzten gingen sie dabei nicht allzu zimperlich um und so drohte der Bewusstlose das eine ums andere Mal um ein Haar von der Trage zu purzeln. Die Frauen liefen schimpfend und zugleich verängstigt hinterdrein, während auch der bärtige Bauer ihre Richtung einschlug. Die übrigen Soldaten waren merklich verunsichert und wussten nicht recht ob dies ein Moment war, in dem sie besser rennen oder stehen sollten. Die herrische Stimme des Reiters brachte sie jedoch wieder auf Linie und sie rückten auf Kommando zusammen, während ihr Anführer eine seiner Pistolen zog und die Armbrustschützen ebenfalls ihre Schusswaffen bereit machten.


    Die Ungors schwärmten auf Merrhoks lautlosen Befehl hin in der Deckung der Bäume aus, um die auf dem Wald zulaufenden Menschen abzufangen, sobald sie das Unterholz betreten würden. Die kleineren Tiermenschen waren froh darüber, von der augenscheinlichen Bedrohung wegbeordert zu werden und huschten los, so schnell und geräuschlos sie es nur vermochten. Was die plötzliche Wendung der Ereignisse anging, wusste Merrhok nicht genau ob er dankbar sein sollte. Er war sich im Klaren darüber, dass alles seinen Preis hatte und was da auch immer auf sie Zukam, konnte sich im Handumdrehen als Vorbote ihres Verderbens herausstellen. Wenn irgend möglich, wollte er einfach nur die Gunst der Stunde nutzen und dann so schnell wie möglich wieder raus hier, bevor Schlimmeres geschehen würde. Sein sonst recht zuverlässiges Bauchgefühl sagte ihm jedoch, dass es so einfach sicher nicht laufen würde.


    Merrhok glaubte seine Befürchtungen beinahe bestätigt als er zusehen musste, wie sich aus den wild umherschlagenden Zweigen und Baumkronen die Umrisse eines Ungetüms schälten. Er starrte direkt in die dümmlich und leicht abwesend wirkenden Knopfaugen eines gewaltigen Riesen. Der glatzköpfige Gigant hatte ein zerknautschtes, vernarbtes Gesicht, abgerundet von einem ungepflegten Bart und er hielt genau auf die im Hinterhalt liegende Gruppe zu. Augenblicklich wandte sich Merrhok mit weit aufgerissenen Augen um und sah, wie seine Untergebenen im gleichen Moment den Augenkontakt mit ihm suchten. Ihre Blicke flehten geradezu nach dem Befehl zur Flucht und er zögerte keine Sekunde. Mit einer Hand wies er ins Innere des Waldes und schwang den anderen Arm in die gleiche Richtung, um zu signalisieren, dass alle sich schleunigst in Bewegung setzen sollten. Keiner der größeren oder kleineren Behuften zögerte auch nur einen Augenblick lang. Beinahe fluchtartig bewegten sich die Tiermenschen aus der Bahn, welche der Riese nehmen würde, um geradewegs auf die versammelte Gruppe von Soldaten zuzuhalten, welche beim Anblick des Unholdes beinahe noch weniger Nerven bewiesen als die Kinder des Chaos es getan hatten.


    Die Männer begannen wild durcheinander zu brüllen und hatten Schwierigkeiten die Funktion ihrer Beckenbodenmuskulatur zu kontrollieren. Die beiden Bahren-Träger, die Frauen und der Bauer rannten in Anbetracht der Reaktion ihrer vermeintlichen Beschützer nur noch schneller in das Rettung versprechende Unterholz, während sie panische Blicke über ihre Schultern warfen. Der Riese kam indessen zügig näher. Seine Bewegungen waren behäbig, seine Schrittlänge dafür aber umso gewaltiger. Der Reiter musste sich stark in seinem Sattel nach vorn lehnen, als sein Pferd begann sich aufzubäumen. Das Tier war in Panik und sein Herr hatte alle Mühe es daran zu hindern auszubrechen. Er brüllte erneute Befehle und die Armbrustschützen legten in Richtung des Ungeheuers an.