Unterm Herdenstein (eine Tiermenschen Geschichte) - Des Dramas Vierter Teil

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    @Zanko Oh, das freut mich aber! :hihi: Da bin ich ja fast in Versuchung, noch ein extra Kapitelchen reinzustellen...


    (Ich kann sowieso kaum erwarten, Euch zu erzählen, wie es weitergeht.)

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    Kapitel 165 - Jagdinstinkt



    Zu den stärksten und gefürchtetsten Mitgliedern einer Herde zu gehören war keineswegs Grund für einen Häuptling, sich in Sicherheit zu wiegen. Im Gegenteil, man war ständig im Blickfeld unzähliger instinktgetriebener, blut- und machthungriger Artgenossen, welche nur darauf warteten Schwächen oder Risse im Panzer ihrer Anführer zu erspähen. Ihre Augen würden nie ruhen, bis sie ihr Ziel erreicht hätten oder sie selbst tot wären. Für jeden Gor, der das Zeitliche segnete, warteten zwei weitere darauf seinen Platz in der Gruppenhierarchie einzunehmen. Wie geduldige Jäger warteten die unermüdlichen Emporkömmlinge in den Schatten der Herden und Wälder auf den Tag und die Stunde ihrer großen Chance. Dass dem ohne Zweifel so war, musste auch Merrhok feststellen, welcher nach seiner knappen Niederlage im Kampf um die Führerschaft der vereinten Herden zwar Anerkennung geerntet haben mochte, nun aber auch als unmittelbare Hürde für all jene galt, welche die Umwälzungen zum eigenen Vorteil zu nutzen gedachten und seine Position für sich selbst in Anspruch nehmen wollten.


    Noch bevor der Morgen graute, hatte der stumme Häuptling sich auf die Jagd begeben, um seinen Kopf freizukriegen und dem unstillbaren Drang, etwas aufzuspüren und zu töten, nachzugehen. Mit einem Speer und einem langen Dolch bewaffnet war er allein losgezogen. Die feuchtigkeitsschwangere Morgenluft lag in Nebelschwaden über dem nur schwach erleuchteten Waldboden und die Stämme der unzähligen Bäume ragten auf wie schwarze Säulen in den endlosen Hallen der Wildnis. Leichten Fußes glitt Merrhok durch das lichte Unterholz und gab sich dabei Mühe so lautlos wie möglich zu bleiben. Bereits nach kurzer Zeit hatte er sich vom Nachtlager des Herdenzuges so weit entfernt, dass die Luft klarer und unberührt vom Gestank der unzähligen, verderbten Leiber zu sein schien. Die Nüstern des Häuptlings weiteten sich in Erwartung eines Beutetiers und die neu geweckten Sinne wurden schärfer. Sein Schritt verlangsamte sich, als er plötzlich erneut die Ausdünstungen seiner Artgenossen wahrzunehmen begann. Er blieb stehen und blickte sich um. Erst glaubte er auf eine Biegung des Bestienpfades gestoßen zu sein, welche ihn wieder an einen vorgelagerten Teil der Herde herangeführt haben mochte. Aber da war nichts. Vor ihm schien die Waldluft so klar und kühl wie der Strom eines Bergbaches. Was er im sanften Lufthauch des Windes gewittert hatte, kam eindeutig von hinten auf ihn zu.


    Er roch die Ausdünstungen der Herausforderung noch bevor er die Behuften hören konnte. Innerhalb weniger Momente waren drei Gestalten aus den Schatten auf ihn zu geschnellt und stoppten nun im Angesicht ihrer gestellten Beute. Der Mittlere ging langsam und in leicht geduckter Haltung auf Merrhok zu, während die anderen Beiden sich langsam im Halbkreis um ihn herum zu bewegen begannen. Der stumme Häuptling wusste genau was er von diesem wolfsartigen Verhalten zu erwarten hatte und zögerte keinen Moment länger. Er verlagerte seinen Schwerpunkt nach vorn und lief los. Dabei hob er seine rechte Hand und warf den darin befindlichen Speer nur gerade so weit nach oben, dass er seine Hand bequem im Gelenk drehen konnte. Dann fing er die Wurfwaffe unmittelbar wieder auf. Das aufgebaute Moment seiner Bewegung nutzend, schleuderte er den Speer in einer blitzschnellen Bewegung auf den Schatten zu seiner Linken. Ohne auch nur einen Blick darauf zu verschwenden, ob er getroffen hatte, zog er mit seiner Linken den Dolch aus dem Hüft-Gurt und schnellte ungebremst auf den Angreifer vor sich zu.


    Während Merrhok im Lauf den Griff des Dolches mit seiner rechten Pranke umfasste, konnte er im grünlich grauen Licht des durch die Blätter scheinenden Mondes die wutverzerrten Züge und geschwungenen Widderhörner seines Opponenten erkennen. Der breit gebaute Caprigor täuschte einen Haken nach links an, stieß sich kräftig mit seinem Bocksbein ab und sprang in die andere Richtung nach oben. Seine krude, schwerfällige Axt über den gehörnten Kopf schwingend, stieß er eine unverständliche Herausforderung aus und ging auf den in ihn hineinhechtenden Merrhok nieder. Der gutturale Schrei erstarb als ein brennender Schmerz den bulligen Gor in der Kehle durchfuhr. Sein Nervensystem spielte verrückt und die Körperspannung ließ augenblicklich nach. Merrhok hatte kaum Mühe den Axt-Arm seines Gegners in seiner Bewegung aufzuhalten. Dann riss der stumme Häuptling den Dolch nach unten aus dem bärtigen Hals und heißes Blut spritzte aus der klaffenden Wunde hervor. Prustend und spuckend rang der Angreifer nach Atem, während er noch immer vergeblich versuchte den, in Merrhoks eisernen Griff befindlichen, Arm mit der Axt herniederfahren zu lassen. Mit einem ängstlichen, ungläubigen Blick in seinen Bestien-Augen ging er in die Knie und wurde schließlich von einem schnellen und harten Huf-Tritt auf die Brust vollends niedergestreckt. Der von rechts kommende Schatten zögerte kurz, als er sah was mit seinen Artgenossen geschehen war, dann gewann jedoch die Raubtier-Natur in ihm die Oberhand und er stürmte auf sein Opfer zu wie ein hungriger Wolf.




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    Kapitel 166 - Schatten des Todes



    Mit einem grellen Quietschen rang Metall auf Metall, als Merrhok die Klinge seines Dolches im schwungvollen Streich nach oben führte. Der Andere hatte das schwindende Licht des Mondes im Rücken und so erschien er nur als schwarze Gestalt gegen den schwach erleuchteten Waldboden. Der Gor schnaufte als er den Hieb des stummen Häuptlings mit dem Blatt seiner Axt ableitete. Mit einem tiefen Raunen setzte er zum Konter an und Merrhok machte einen Satz zurück, um dem Hieb nur knapp zu entgehen. Für einen Moment standen die beiden Bestien sich regungslos gegenüber und nur ein Rascheln von Laub, Knacken von Zweigen und das Röcheln und Stöhnen zweier Sterbender waren zu vernehmen. Merrhok sah ein nach Blut gierendes, gelbliches Glühen in den Augen seines Gegners. Alles, was der Andere zu sehen bekam, war ein grässlich verzerrtes Lächeln, welches sich auf dem, von grünem Licht erleuchteten, Antlitz von Merrhok abzeichnete.


    Die Distanz zu suchen, würde ihn gegen einen geübten zweihandaxtschwingenden Gegner früher oder später das Leben kosten, soviel wusste der stumme Häuptling. Er preschte also unversehens nach vorn, so nah an den Schatten heran, wie es nur möglich war. Dieser holte zu einem weiten Hieb aus und schwang die schwere Axt über seine linke Schulter. Merrhok hatte die Entfernung zu ihm blitzschnell überwunden und griff mit seiner freien Hand nach dem Ellenbogen seines Gegenübers. Verwirrt über die Geschwindigkeit seines Opfers und die Arglosigkeit seiner Attacke, fand der Axtkämpfer seinen rechten Arm blockiert und den Schwung seiner Waffe gebrochen. Noch bevor er seinen Ellenbogen aus dem Griff des Stummen befreien konnte, durchfuhr ihn ein beißender Schmerz in seiner linken Flanke. Merrhok hatte seinen Dolch mit schnellen Stößen gegen den Brustkorb des Schattens geführt. Die ersten drei Stiche prallten an den massiven Rippen des Gors ab und erst der Vierte fand seinen Weg zwischen ihnen hindurch. Ein purpurner Sprühnebel schwängerte die Nachtluft und der metallische Geruch von Blut stieg beiden Bestien in die Nüstern. Dann stockte dem Verletzten der Atem, während er sich noch wunderte, was da so nass über sein linkes Bein und die Flanke lief. Der Tod kam oft als eine Überraschung und fühlte sich ganz und gar nicht so heroisch an, wie so viele Krieger es sich oft vorzustellen pflegten. Hilflosigkeit, ein ermattender Körper, der den Gehorsam über die Befehle seines Herrn verweigerte, Panik, Schwäche, Urin- und Kotgestank, Taubheit und schließlich das große, schwarze Nichts. Keine Hörnerchöre, keine Zeugnisse großer Taten oder denkwürdige letzte Worte, bevor man den Weg zu den Ahnen antrat. Diese Erkenntnis holte schließlich auch den Schatten ein und er war bereits so gut wie tot, als er zu Boden sank. Teilen würde er die, auf so schmerzliche Weise erlangte, Weisheit nicht mehr können. Sein Abgang war einsam. Am Ende starb eben doch jeder für sich allein.


    Merrhok trat erst zurück, als die schwere Axt des Schattens mit einem dumpfen Geräusch auf dem blätterbedeckten Waldboden aufschlug und der sterbende Gor schlaff auf die Knie gesunken war. Dann trat er langsam hinter den flach röchelnden Totgeweihten und besah sich dessen verlausten, prächtig gehörnten Hinterkopf im fahlen Mondschein. Als er gänzlich hinter ihn getreten war, kam sein eigener Schatten über den Verdammten, wie die Dunkelheit des Todes selbst. Mit einem schnellen und geübten Schnitt durchtrennte er die Kehle des am Boden Knienden und erlöste ihn endgültig aus seinem Martyrium. Anschließend nahm er von jedem der Angreifer eine Trophäe an sich und verschwand wieder in den Schatten des Unterholzes.

  • Großes Kompliment auch für diesen Teil, der den anderen bisher in nichts nachsteht! Die Zahl der Leser (oder zumindest "Liker") scheint sich auch signifikant erhöht zu haben, wenn ich mich nicht irre. Super Job! :thumbup:
    Wer ist der Gor im letzten Bild? Der schattenhafte Angreifer? Nach Ghorhok sieht er nicht aus...


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    @Marghor Ich danke Dir!


    Der Gor ist keiner der "üblichen Verdächtigen". Die Idee, ihn zu zeichnen, kam mir beim Schreiben eines der Kapitel, welche noch folgen werden. (Ich hoffe, Ihr werdet nur halb so viel Spaß haben wie ich!)

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    Kapitel 167 - Unterwerfung II



    Als Ghorhok zu seiner Kriegsherde zurückkehrte, wurde er von einem unerwarteten Anblick begrüßt. Unmittelbar als er die Vorhut des Trosses passiert hatte, tauchten große Gruppen seiner besten Gor Krieger auf. Das Ungewöhnliche an ihnen war, wie sich das Äußere dieser Truppen verändert hatte. Sie hatten sich, beinahe ausnahmslos, in Kutten und Roben gekleidet. Einige mochten ihre Harnische und rostige Kettenhemden noch immer unter den Stoffumhängen tragen, andere schienen ihre schwere Rüstung ganz und gar abgelegt zu haben. Das beinahe Gespenstische an ihrem Anblick war jedoch, dass man keinem von ihnen ins Gesicht schauen konnte. Weite, tiefhängende Kapuzen und mit Sichtschlitzen versehene Masken verhüllten die bestialischen Züge der breit gebauten Gors fast gänzlich. Dabei machten sie eher den Eindruck eines religiösen Kultes, als den von blutrünstigen Elite Kämpfern. Lediglich die wuchtigen Hellebarden, Lanzen, Keulen und sonstige zweihändig geführte Waffen, welche sie größtenteils lässig über die Schultern gelegt trugen, zeugten von der ungebrochenen Wehrhaftigkeit dieser Krieger.


    Ghorhok blieb wie angewurzelt stehen, als ihm ganze Horden dieser Bestigors, ungebremst und ohne jede Gemütsregung, entgegenrollten. Sein Blick wanderte von einem zum nächsten und der Eindruck, den diese scheinbar gesichts- und seelenlosen Kämpfer beim Betrachter hinterließen, gaben dem Großhäuptling erst einmal einen mächtigen Brocken zum Verdauen. Verblüfft und gedankenverloren las er in der Vielzahl von Runen, welche die schmutzigen Kutten der Gors schmückten. Als die anfängliche Verwunderung schließlich überwunden war, starrte er, fast unerwartet, in das erste unverhüllte Gesicht. Es ragte ebenfalls unter einer Kapuze hervor und Ghorhok benötigte einen Moment, bis ihm klar wurde, wer die Gestalt in der schwarzen Kutte tatsächlich war.


    Shargah trat gemächlichen Schrittes auf Ghorhok zu und begrüßte ihn angemessen. Als er die Verwunderung im Blick des Großhäuptlings sah, erläuterte er in ruhigen Worten, dass der Rat der Schamanen seine Leibgarde neu eingeschworen habe. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen und der Aufgaben, welche nun vor ihnen allen lägen, wäre eine solche Neuausrichtung seiner besten Krieger unumgänglich gewesen. Zum einen galt es die unnötigen und für den Zusammenhalt gefährlichen Binnenkämpfe zu minimieren und auf der anderen Seite war es wichtig, die mehr und mehr überhandnehmende Angst innerhalb der Gruppen umzuwandeln. Was sie brauchten, war Entschlossenheit gegenüber dem Ziel ihres Feldzuges. Andernfalls würden sie den großen Plan nicht umsetzen können.


    Zunächst war Ghorhok wütend über die Eigeninitiative des Alten und er musste sich zusammenreißen, ihm nicht den morschen Schädel von den Schultern zu reißen. Aber es war das rhythmische und unbeeindruckte Trampeln der unzähligen Hufe um ihn herum, das ihn davon überzeugte von solch einer Dummheit abzusehen. Immerhin war er zu einer Herde zurückgekehrt, welche mit Entschlossenheit vorandrang, ohne die üblichen Zeichen von Aufsässigkeit, Widerstand oder gar Schwäche und Angst zu zeigen. Es schien beinahe, als hätte der Alte es geschafft, ihnen ihre bestialische, mentale Instabilität einfach ausgetrieben. Und ganz so als habe er die Gedanken seines neuen Herdenoberhauptes gelesen, fügte Shargah an, dass es die Dunklen Mächte selbst gewesen seien, die dem Rat der Ältesten und ihm selbst die Macht verliehen hätten, die Krieger unter das Joch der unermüdlichen Leidenschaft und der bedingungslosen Unterwerfung zu zwingen. Er schloss mit den Worten, "Solange du die Herden in dem Bestreben anführst, den großen Plan zu verfolgen, werden der Rat und ich geschlossen hinter dir stehen."


    Ghorhok starrte einen Moment lang gedankenverloren ins Nichts, bevor sein nachdenklicher Blick auf die marschierenden Krieger fiel und der konzentrierte Gesichtsausdruck des Großhäuptlings schließlich der Andeutung eines Lächelns wich.

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    Kapitel 168 - Blutdurst



    In den folgenden Tagen trieb Ghorhok die Herden mit eiserner Hand weiter gen Norden. Er hatte keine Zeit zu verlieren und würde alles daransetzen, so schnell wie nur möglich intakte Siedlungen der Menschen zu erreichen. Und dies wäre auch bitter nötig, da seine Jagd-Trupps große Schwierigkeiten damit hatten, die Versorgung des Trosses mit Wasser und Futter zu gewährleisten. In Folge dessen, kam es vermehrt zu Übergriffen und Kannibalismus gegenüber kleineren und schwächeren Herdenmitgliedern. Auch die Kinder des Waldes konnten nicht von Luft allein leben und so fraßen sie was sich ihnen darbot.


    Nach drei nervenaufreibenden Tagen und Nächten kamen Ghorhok schließlich erlösende Nachrichten von Spähern zu Ohren, welche von Kämpfen um eine größere Ortschaft, nordöstlich ihrer derzeitigen Position, zu berichten hatten. Wenn dort noch Menschen am Leben wären und kämpften, gab es auch Hoffnung darauf, dass die Herde sich ihren Teil der Beute holen könnte. Die Äxte seiner Krieger sollten schon bald frisches Blut kosten dürfen, soviel war sicher. Wer immer diese Menschen angriff, würde entweder Platz für die Herden machen müssen oder zusammen mit den todgeweihten Menschen von tausend hungrigen Mäulern verschlungen werden. Mit diesem Entschluss heizte der Bronzehuf die Stimmung seiner Untergebenen an und in blinder Euphorie drangen sie weiter, durch das mittlerweile nur teilweise bewaldete Hochland, dem vielversprechenden und langerwarteten Blutbad entgegen.


    Shargah teilte diesen Enthusiasmus nur bedingt. Er hätte sich wohler gefühlt, wenn Brak bereits zurückgekehrt und wieder hier, an seiner Seite, wäre. Das Unangenehmste an Prophezeiungen war, dass sie irgendwie nie so einzutreffen schienen, wie es ursprünglich geweissagt worden war. Immer blieb alles undeutlich, vage, missverständlich und am Ende doch ganz und gar anders. Und gerade deshalb wurde er das nagende Gefühl nicht los, dass die Herde dem Ort und der Zeit ihrer göttlichen Bestimmung bereits näher war als sie alle dachten.


    Als Merrhok versuchte wieder zur Herde zu stoßen, musste er feststellen, dass seine Artgenossen nicht dort waren wo er sie vermutet hatte. Nicht, dass sie einen anderen Weg gewählt hätten, nein, sie schienen nur wider Erwarten bereits über alle Berge zu sein. Als er die unverkennbaren Spuren ihrer Durchreise untersuchte, waren die Anzeichen ihrer großen Eile nicht zu leugnen. Der Boden sah auf weiten Flächen ungewöhnlich aufgewühlt aus und die Hufspuren legten eindeutig nahe, dass die Herde sehr schnell unterwegs gewesen sein musste. Ohne weiter darüber nachzudenken, schwang er den erlegten Rehbock und seinen Jagdspeer über die Schulter, zurrte die Kopf-Trophäen an seinem Gürtel fester und jagte dem Tross hinterher, so schnell er nur konnte.


    Seine Lunge brannte bereits und er hatte das Gefühl Blut zu schmecken, als er vor sich Schreie und Tumult auszumachen begann. Das Gewicht des toten Bockes drückte schwer auf seine Schulter und jedes Mal, wenn das bösartig spitze Geweih des Tieres ihm mit Schwung von hinten in die Läufe stach, fletschte er die Reißzähne wie ein wütender Wolf. Als er die erste Bewegung vor sich im Dickicht ausmachte, warf er den Ballast ab und drehte den Speer mit einer geschickten Bewegung seiner Hand, Spitze nach vorn, jederzeit zum Wurf bereit. Befreit von seiner Last und beflügelt vom Versprechen auf Blutvergießen, sprang er mit Anlauf durch das dichte Meer als Farnen und Sträuchern. Zwischen den Bäumen vor sich machte er Reiter aus, welche – den Schreien nach zu urteilen – gegen eine Gruppe von Ungors kämpften. Sofort beschleunigte er seinen Lauf noch einmal und schleuderte dann den Speer in einer weit ausholenden Bewegung und mit voller Wucht auf einen der vermeintlichen Gegner, dessen Pferd sich gerade im Angriff über sein Opfer aufzubäumen begann. Der Wurfspeer glitt durch die Luft und schmetterte mit derartiger Wucht in sein Ziel, dass es den Reiter samt Reittier von den Beinen riss. Ungebremst rannte Merrhok weiter, die Klinge seines Jagddolches nach unten – parallel zum Unterarm – geführt. Augenblicklich befand er sich mitten unter den verzweifelt kämpfenden Ungors. Die Luft stank nach Blut, Moschus und Angst. Erst jetzt bemerkte Merrhok, dass es keine Reiter waren, die den Angriff gegen die kleineren Tiermenschen führten. Es waren reitende, pferdeartige Bestien, Centigors.


    Die Ungors versuchten sich der mächtigen Vierbeiner mittels Speeren und Kurzbögen zu erwehren und kämpften mit dem schwindenden Mut der Verzweiflung. Ein mächtiges Brüllen des soeben eingetroffenen Häuptlings hätte ihnen möglicherweise neue Zuversicht einflößen können, aber jedwedes Machtgebaren blieb wider Erwarten aus. Stattdessen hechtete Merrhok stumm durch ihre Mitte, geradewegs auf den nächsten Gegner zu.

  • @Merrhok schon mal dran gedacht die Geschichte auf Papier zu bringen, bzw auszudrucken? Zwischendrinnen illustriert würde das sicher was her machen!

    5.500 P Hochelfen
    1.500 P Bretonen
    (1.200 P Skaven)


    Wissen ist der Tod des Glaubens, Aufklärung der Tod der Religion.

  • Ist das nur mein Eindruck oder werden deine Gors immer drahtiger?
    Tolles Kapitel übrigens. Centigors, cooler Auftritt, Kampf... Und die Aussicht auf noch weit mehr Kampf! :D


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    @Alvias Ja, hab ich. Aber zum einen muss ich erst fertig werden, was bereits absehbar ist, da nicht mehr viel fehlt... und zum anderen brauche ich vorher noch die Hilfe meines geheimen Lektors, damit ich nicht ein von Fehlern übersätes Buch drucken lasse. :D Alles in Allem kann das noch ein Weilchen dauern. Aber die bisher erstellten PDFs (siehe Link in der Signatur unten) geben schon mal eine Idee davon, wie es in etwa aussehen könnte. Bei denen konnte ich allerdings nicht so viele Bilder einbinden, da die Dateien sonst zu groß geworden wären, um sie hier im Forum anzuhängen. (Alles Gute hat seine Grenzen.) :)


    @Marghor Drahtig ist der gute Merrhok im Moment auf jeden Fall. Wenn man bedenkt, durch welche Strapazen er kürzlich gegangen ist, sollte das aber auch kaum verwundern. Nicht nur ist Futter rar, während die versammelte Herde so ungemein große Ausmaße hat, er war auch noch mehrere Tage bewusstlos, um sich von seinen Verletzungen zu erholen. Wenn man das alles berücksichtigt, erklärt sich recht schnell, warum er gerade nicht in der Verfassung seines Lebens ist. (Aber da Hunger böse macht, darfst Du Dich auf einen echt stinkigen Merrhok freuen. In den kommenden Kapiteln geht es Schlag auf Schlag um die Wurst.) :winki:


    Im Moment macht mir das Schreiben und Korrektur Lesen echt Spaß, ... mehr noch als bei den vorherigen Teilen. Es wird aber auch Verluste geben, also stellt Euch drauf ein!


    @DD-der-Kleine Es kommen noch mehr Centigors. :winki:

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    Willst du die Geschichte mal an einen Verlag oder so schicken?

    Nee, brauch ich nicht. Wenn ich es wirklich will, kann ich alles selbst finanzieren und ich will ja auch kein Geld damit verdienen (was wiederum mit den Interessen eines Verlages kollidiert, denen es nur darum geht). Das Einzige, was die für mich tun könnten, wäre das Marketing, die Werbung und die Bücher überall in den Handel zu bekommen. Aber da sollen sie gar nicht hin. Ich schreib das für Euch und mich. Auf diese Weise muss ich mir auch keine Gedanken machen, inwiefern ich mit dem geistigen Eigentum Anderer kollidiere. (Selbst wenn ich Namen wie "Drakenwald" und "Middenheim" abändere oder rauskürze, bleibt immer noch klar worum es geht.)


    Ein Buch käme also nur im privaten Rahmen in Frage und wenn das denn wirklich irgendwann mal spruchreif werden sollte, dann würde ich auch Exemplare für jene drucken, die gern eins hätten. Quasi als Geste, unter Hobbyisten. :) Aber ich verspreche schon seit Jahren nichts mehr, was ich nicht insgeheim schon gehalten und in der Hinterhand habe. Deshalb sag ich erstmal: Es bleibt noch einiges zu tun, bis wir an dem Punkt angelangen, es in Druck zu geben.

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    Kapitel 169 - Noch mehr Blut



    Als könne er jeden seiner Feinde einfach niederwalzen, wie ein Steinyak, preschte der stumme Häuptling auf den nächsten Centigor in seinem Sichtfeld los und sprang ihn an. Die Klinge des kruden Dolches biss, wie der Fang eines Säbelzahns, tief in den Hals der vierbeinigen Bestie. Mit einem gurgelnden Schrei kippte die massige Kreatur seitlich über und Merrhok landete mit seinem vollen Gewicht auf ihm. Eine Serie schneller, gut gezielter Stiche ließ schnell jede weitere Gegenwehr ersterben. Die nahestehenden Ungors starrten wie gebannt auf das sich bietende Schauspiel und als der tobende Häuptling von seinem Opfer abließ, wandte er sich ihnen mit geistesabwesendem Blick zu, als würde er keinen von ihnen auch nur wahrnehmen. Sein Oberkörper und die Schnauze waren von oben bis unten mit Blut bespritzt, er atmete tief und heftig und in seinen Augen brannte ein mörderisches Feuer. Kaum drang das Brüllen eines weiteren Centigors an sein Ohr, drehte er sich unvermittelt in Richtung der Pferdebestie um, hob einen der am Boden liegenden Speere auf und fuhr damit fort, seinen Tanz des Todes aufzuführen.


    Andernorts fand sich Shargah sprichwörtlich mit dem Rücken zur Wand. Genau genommen war es nur ein Baum, aber das war im Moment wirklich nicht von Interesse. An seiner Seite kämpfte, bewaffnet mit Speeren, tapfer eine Hand voll Ungors um ihr Leben und das ihres Sehers. Der Alte verspürte keine wirkliche Angst um seine Sicherheit. Vielmehr war er in Sorge darum, ob diese aus dem Ruder laufende Auseinandersetzung der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe möglicherweise abträglich sein könnte. Ein weißblaues Glühen entflammte in den Augen des Schamanen und seiner Verteidiger, als er seinen Schädelstab schwang und die Winde der Magie für seine Zwecke zu kanalisieren versuchte. Die Ungors fletschten ihre spitzen Eckzähne wie wilde Hunde, die ihren Herren beschützten. Unter bestialischem Gebrüll und bar jeder Angst gingen sie auf jeden Feind los, der ihnen und dem Alten zu nahekam. In ihren Arterien rauschte das Blut, heiß und rasend schnell. Sie kämpften mit einer Verbissenheit, Flinkheit und Kraft, wie man sie sonst von keinem Ungor kannte. Ganz gleich ob sie an anderen Tagen als der Bodensatz der Herde galten, hier und heute sollte es sich als tödlicher Fehler ihrer Widersacher herausstellen, ihren Status als Krieger infrage zu stellen.


    Immer mehr und mehr Feinde drangen auf den Schamanen und seine Leibgarde ein. Gerade hatten die Ungors einen mächtigen, mit Pelzen behangenen, Centigor zu Boden gerungen, da drang bereits eine weitere dieser Pferdebestien, begleitet von einem Gor in schwerer Plattenrüstung, auf sie zu. Beide schwangen schwere Zweihandäxte und führten ihre Waffen mit der Kraft von Naturgewalten. Als der Centigor einen Speerstoß in Richtung seines Brustkorbes nicht rechtzeitig parieren konnte, bäumte er sich unter höllischem Geschrei auf, um sogleich zwei seiner Widersacher unter seinen schweren Hufen zu Boden zu reißen. Die behäbigen Glieder des mächtigen Wesens ließen Knochen knacken wie trockene Zweige und Ungor Schädel platzten wie Walnüsse unter dem Schlag eines Schmiedehammers. Was noch von Shargahs Verteidigern übrig war, hielt tapfer die Stellung und wich keinen Hufbreit zurück, denn das Feuer brannte stark in ihren Augen und Herzen, während der Alte unablässig vor sich hinmurmelte, ohne den Blick in Anbetracht der nahenden Gefahr zu heben.


    Der schwer gepanzerte Gor preschte nach vorn und setzte sein überlegenes Körpergewicht ein, um den Stand eines der Ungor vor sich zu brechen. Dann schwang er seine riesige Axt und war gerade dabei, ihm den tödlichen Hieb zu verpassen. Ein anderer Verteidiger war jedoch schneller und ließ den Schaft seines Speeres kraftvoll und gut gezielt nach vorn schnellen. Die rostige Spitze der Waffe zielte auf eine Lücke zwischen den Panzerplatten, genau unter dem Arm des größeren Tiermenschen. Der Gor heulte auf, als der Speer sein Kettenhemd durchdrang und sich in die darunterliegende ledrige Haut und das Fleisch grub. Heißes Blut spritzte aus der Wunde und höllisches Gebrüll erscholl von beiden Seiten. Der erboste Gor fand den Schwung seines Angriffs gebrochen, war jedoch wutentbrannt und wildentschlossen, den kleineren Tiermenschen und seine Artgenossen für ihre Dreistigkeit mit ihren jämmerlichen Leben bezahlen zu lassen. Mit einer ruckartigen Bewegung und unter wildem Heulen, drehte er sich von seinem Angreifer weg und riss die Speerspitze aus der Wunde. Unmittelbar darauf führte er, von unten kommend, einen Hieb mit seiner Axt aus. Die Ungors wichen instinktiv zurück, aber in dem Gedränge war einer nicht schnell genug. Das Axtblatt streifte ihn und der kleinere Tiermensch kreischte unter Schmerzen, als sich seine Bauchdecke öffnete. Heiß fielen seine Eingeweide aus der Wunde, noch bevor sie wirklich zu bluten begonnen hatte. Das weißblaue Licht in den Augen des Ungors erstarb und mit einem ungläubigen Blick versuchte er sein Gedärm wieder in sich hineinzustopfen, da fetzte ihm das krude Blatt der Zweihandaxt auch schon den Schädel von den Schultern.