Unterm Herdenstein (eine Tiermenschen Geschichte) - Des Dramas Vierter Teil

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    Kapitel 193 - Die Wand



    Die Winde der Magie begannen zu schwächeln und Brak musste all seine Konzentration aufbringen, um den Kontakt zu den von ihm kontrollierten Bestien nicht zu verlieren. Er umfasste den Schaft seines Schamanenstabes fest mit beiden Händen und presste die daran befestigten Fetische leicht gegen seine in Falten gelegte Stirn, dann atmete er tief ein und wieder aus. Noch eine Hand voll Hunde sowie der massige Keiler befanden unter seinem Einfluss. Im Moment waren sie in alle Himmelsrichtungen verstreut und er spürte wie ihr tierischer Wille sich gegen den Seinen aufbäumte. Vertieft darin die Bestien zu bändigen, sah er erst im letzten Moment was sich da vor ihm auftat. Brak hielt den Atem an. All die Augen, durch welche er blickte, zeigten ihm das gleiche Bild. Die vielfarbigen Winde der Magie wehten beiseite, wie Staub in einer Sturm Böe und der junge Seher starrte plötzlich in die Finsternis. Er brauchte einen Moment um zu verstehen was er da sah. Es war nicht die Abwesenheit von Licht, sondern eine Art riesiger schwarzer Wand. Das magische Konstrukt verdunkelte den Horizont und Brak fixierte es mit ungläubigem Blick. Um ein Haar wären ihm seine Bestien entwischt und er musste seinen Blick abwenden, um sein vor Erstaunen offenstehendes Maul zu schließen und die geistige Verbindung zu den wilden Kreaturen wieder gänzlich herzustellen. Als er die Kontrolle zurückerlangt hatte, riskierte er einen erneuten Blick. Wo die Wand war, fand sich nichts anderes. Selbst die sonst in allen Farben schillernden Winde der Magie schienen dort nicht zu existieren. Es war als würden sie weggeblockt oder ausgeschlossen werden.


    Brak konzentrierte sich. Sein drittes Auge starrte lange und intensiv auf die düstere Barriere und schließlich machte er inmitten der Dunkelheit Bewegungen aus. Wie hinter einem dichten Schleier, konnte er die vertrauten Ströme und Verwirbelungen auch jenseits der Barriere ausmachen, musste aber gleichzeitig feststellen, dass sie sich außerhalb seines Einflusses befanden. So sehr er auch nach ihnen zu greifen versuchte, er konnte sie nicht kanalisieren oder für sich nutzbar machen. Unruhe erfasste den Schamanen und wurde noch schlimmer als er feststellte, dass sich die Wand stetig auf ihn zu bewegte.


    Instinktiv spitzte Shargah die Ohren und die Haare im Nacken des alten Schamanen plusterten sich auf. Sein Blick wanderte über das Schlachtengetümmel hinweg in die Ferne, hin in jene Richtung, aus welcher sich dieses beunruhigende Empfinden an ihn herangeschlichen hatte. Erst sah er nichts außer erbitterter Kämpfe, Tod und Verderben. Dann schloss er die Augen, um die Welt des Fleisches auszublenden und die Ströme der Energien zu betrachten. Als er wahrnahm was da wie ein riesiges lebendes Geschwür auf sie zu gekrochen kam, schnürte es ihm beinahe die Kehle zu und er öffnete reflexartig wieder die Augen. Sein Blick wanderte hinüber zu Brak, welcher sich noch immer in tiefer Konzentration befand. Er starrte den jungen Schamanen an, ohne auch nur ein Wort über die Lippen bringen zu können. Dann wusste er was zu tun war. Er schloss die Augen erneut, umfasste seinen Schädelstab mit eisernem Griff und kanalisierte jeden noch so kleinen Hauch von Energie, um ihn unmittelbar seinem Schützling zukommen zu lassen. Auf diese Weise vertieft in ihr Wirken, standen die beiden Schamanen reglos und voll konzentriert inmitten des brodelnden Schlachtgetümmels. Der Schweiß stand ihnen auf der Stirn und um sie herum kämpften die verbliebenen Ungor verzweifelt um ihr Leben und das ihrer Seher.


    Ein Stück weiter im Norden bemerkten Ghorhok, Melek und Whargor nichts von der Wand, welche bereits über sie hinweggewalzt war und sich langsam weiter gen Süden ausbreitete wie Lava, welche zäh aber stetig einen Hang hinabfloss. Während der Großhäuptling und seine Leibwächter unter den störrisch gegenhaltenden Ungors wüteten, sahen sie sich schnell einer neuen Bedrohung ausgesetzt und Ghorhok wünschte sich für einen Augenblick zurück an den Fuß des riesigen Baumes, welcher ihm immerhin den Rücken freigehalten hatte. Zu ihrer Linken drangen mehr Feinde aus Richtung einer der nahegelegenen, brennenden Siedlungen und aus den angrenzenden Wäldern heran. Unter ihnen marschierten in Eisen und Bronze gerüstete Bestigors, mehr der wild brüllenden, kriegsbemalten Gors und zudem Massen von Ungors, deren hautbespannte Schilde wie ein brauner, unaufhaltsam heranrollender Wall wirkten.


    Unter den schwer gerüsteten Bestien trat schließlich der Herrscher dieser Unmengen an Behuften auf den Plan, die es tatsächlich geschafft hatten Ghorhoks riesige Kriegsherde in einer geschickten Kombination von Hinterhalten und Vorstößen auseinanderzureißen, in alle Winde zu verstreuen oder unter beständigem Druck nach und nach zu zermalmen. Ihr Anführer war zufrieden mit der Entwicklung der Schlacht und sein Erfolg war unumstößlicher Beweis dafür, dass es nicht von Bedeutung war wie oft man auf dem Weg zur Spitze zu Boden gehen mochte. Wichtig war nur wie oft ein Krieger sich von Neuem erhob, um den erbarmungslosen Kampf abermals aufzunehmen und sich zurückzuholen wonach ihm verlangte. Mit dem zufriedenen, Ruhe und Macht ausstrahlenden, Blick eines weisen Großhäuptlings, blickte der Zweimalgefallene über die Massen seiner Anhänger hinweg, während sie die Herden seiner Gegner auffraßen. Dann hob Graktar eine seiner beiden Hand-Äxte, deutete in Richtung Süden und befahl seiner Leibgarde den von ihnen so lang ersehnten Angriff.

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    Kapitel 194 - Wandel



    Aus den Schatten des Dickichts trat, groß und bedrohlich, eine weitere Gestalt hervor. Im Schlepptau hatte sie eine ganze Reihe von blökenden Ungors, welche ehrfürchtig und schon beinahe ängstlich Abstand hielten. Jene die dennoch durch Torheit oder aus Versehen zu nahekamen, mussten auf zutiefst unangenehme Art Bekanntschaft mit der alles verzerrenden Macht des Chaos machen. Die massige, unförmig wirkende Gestalt war unter den hier lebenden Ungors bekannt als Herr dieser Wälder und man betrachtete ihn als eines der ersten und ewigen Kinder der Dunklen Mächte. Ein Wesen, in welchem die Kräfte des Wandels und der Götter selbst flossen. Jene, welche sich nicht vor seiner Gegenwart hüteten, liefen Gefahr früher oder später bis zur Unkenntlichkeit verändert, verdreht und verzerrt zu werden, bis von ihrem Körper und Geist nichts mehr übrig wäre, was an ihre einstige Gestalt und Persönlichkeit erinnert hätte.


    Der Uralte schwang seinen schweren Schamanenstab und Unmengen dunkler Energie zirkelten – für das gewöhnliche Auge unsichtbar – wie in einem Strudel um ihn herum. Er hatte unbekannte Seher vor sich ausmachen können und tat nun sein Bestes, um ihr Wirken zu stören oder – wenn möglich – gar zu unterbinden. Dies bewerkstelligte er, indem er die Winde der Magie unter seinem Willen band und eine Art magische Barriere formte, innerhalb welcher er allein Zugriff auf die sich stetig wandelnden Energien des Chaos haben sollte.


    Brak spürte wie der Druck in seinem Schädel immer größer wurde und dass irgendeine Macht ihn mit Gewalt aus dem Einflussbereich der Winde zu drücken versuchte. Zwei weitere Hunde waren im Kampf mit ihren ehemaligen Herren gefallen und den Rest des Rudels versuchte er nun auf einen Punkt hinzudirigieren, bevor der Kontakt möglicherweise ganz abbräche und die Bestien wieder unter seinesgleichen zu töten begännen. Jeder Muskel in seinem Körper schien bis zum Reißen gespannt, sein Kopf glühte und endlich trafen Keiler und Hunde kurz vor der schwarzen Wand aufeinander. Brak atmete tief durch und überlegte für einen Moment, ob er die Bestien aufeinander loshetzen sollte, damit sie sich gegenseitig zerfleischen würden. Auf diese Weise könnte er zumindest größere Gefahr für die eigene Herde bannen und diese ermüdende Kraftprobe endlich beenden. Aber dann entschloss er sich kurzerhand anders und jagte sie mitten in die Dunkelheit der Barriere, direkt vor ihnen. Venen pochten heiß an Braks Schläfen und die Finsternis begann ihn zu umhüllen. Dann brach der Kontakt zu den Bestien ab.


    Melek spürte, wie unter seinen Hufen die Erde zu beben begann und hielt einen Augenblick lang den Atem an. Dann sah er, wie etwas Undefinierbares durch die Reihen der feindlichen Ungors neben ihm brach. Wie federleichte Puppen flogen die kleineren Tiermenschen durch die Luft, als ein sehr großes, massiges Ungetüm sich durch sie hindurchpflügte wie eine lebendig gewordene Naturgewalt. Die Augen des Bestigors weiteten sich in Unglauben und er blickte sich blitzschnell nach einer Schneise um, durch welche er der nahenden Gefahr zügig ausweichen könnte. Er sah, dass Whargor ähnliche Gedanken hegen musste und gemeinsam setzten sie sich in Bewegung, um das Feld noch rechtzeitig zu räumen. Ghorhok schien die neue Bedrohung gar nicht bemerkt zu haben und fuhr stattdessen unbeirrt damit fort, die lokale Ungor-Population vom Angesicht des Waldbodens zu tilgen. Erst als es fast zu spät war um noch zu reagieren, sah der Bronzehuf den Keiler kommen. Der behäbige Koloss stieß jeden Behuften mit brutaler Gewalt zur Seite, der nicht schnell genug aus dem Weg sprang. Andere hatten noch weniger Glück, wurden kurzerhand niedergerissen und am Boden zertrampelt.


    Ghorhok schrie seinen Hass hinaus in die Welt und in das hässliche Angesicht des herandonnernden Keilers. Im letzten Moment sprang er geradewegs auf das Ungetüm zu, als wolle er es niederringen, die Hand-Axt erhoben zum Schlag. Der Aufprall war mörderisch und presste dem bulligen Gor alle Luft aus den Lungen. Wären die Stacheln auf dem Rücken des Untiers und das Handbeil in seiner Hand nicht gewesen, wäre Ghorhok wohl einfach vom steinharten Körper des Keilers abgeprallt, zu Boden geworfen und dort zu Mus zerstampft worden. Die Waffe des Bronzehufs hatte sich jedoch in der Haut – oder zumindest im dichten, struppigen Fell des Kolosses – verfangen und er klammerte sich nun an die Waffe, wie an sein Leben selbst. Der Keiler schüttelte sich wütend und versuchte den ungebetenen Gast abzuwerfen aber Ghorhok haftete an Fell und Hornauswüchsen, wie eine Zecke an ihrem Wirt. Dabei versuchte er wieder zu Atem zu kommen und biss in das Fell vor sich, nach Konzentration ringend. Jeder Versuch tief Luft zu holen tat entsetzlich weh und schickte stechende Schmerzen durch seinen Körper. 'Gebrochene Rippen', waren sein erster Gedanke. Aber selbst als der Keiler seinen Lauf zu bremsen begann und Ghorhok sich anschickte abzuspringen und wegzurollen – bevor es zu spät wäre – konnte er sich nicht von ihm lösen. Auch wenn die Anstrengungen ihm die Hölle auf Erden bereiteten, setzte er nun alles daran, sich wegzustoßen und fallen zu lassen. Es half nichts. Er war auf dem Keiler festgenagelt. Mehrere der Dornen, auf dem Rücken der Bestie, hatten sich tief in sein Fleisch gebohrt und fixierten ihn regelrecht an Ort und Stelle.


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    Kapitel 195 - Festgenagelt



    Der Bronzehuf wusste nicht ob er lachen oder wahnsinnig werden sollte. Mit aller Kraft riss er an seinem Beil, bis es sich mit einem schmatzenden Geräusch aus dem verfilzten Pelz löste. Blut spritzte und der Reißkeiler quiekte wütend. Dann schlug Ghorhok erneut zu. Wieder und wieder grub er sein Handbeil mit aller Gewalt in die Flanke der Bestie. Dabei zog er die Bocksbeine an, damit sie nicht im Galopp am Boden zertrampelt würden. Der Keiler schüttelte sich und tobte, aber es half nichts.


    Wieder und wieder schmetterten die Leiber von Gors und Ungors in Rücken und Flanke des Bronzehufs, als das amoklaufende Monstrum durch die Reihen der Tiermenschen preschte und unzählige von ihnen niederwalzte. Pfeile flogen aus allen Richtungen heran, prallten von der dicken, ledernen Haut des Ungetüms ab oder verfingen sich in seinem Fell. Eines der Geschosse biss Ghorhok in die Seite. Es brannte als habe ihm jemand ein glühendes Eisen ins Fleisch gejagt und er konnte den Schaft gerade so mit seiner freien Hand erreichen. Dann biss er fest die Zähne zusammen und brach ihn kurzerhand ab. Angetrieben von neuer Wut, hackte er wieder auf den Keiler ein und jeder seiner Hiebe grub sich tiefer in den Rücken der Bestie. Der Keiler schnaubte und stöhnte. Sein Atem ging schwerer und schwerer. Jede seiner Bewegung geriet behäbiger und unkontrollierter als die vorherige. Schließlich sah Ghorhok den Stamm eines Baumes gefährlich schnell auf sich zurasen.


    Merrhok ließ seine Schwerter auf die umstehenden Feinde niederfahren wie Sicheln durch ein Feld von Weizenhalmen. Dabei achtete er gar nicht darauf jeden Gegner auch zu töten, sondern hielt sie sich eher fern, um so schnell wie möglich dahin zu kommen wo er den Bronzehuf zu wittern glaubte. Als er schließlich vor sich zwei Bestigors ausmachte – welche sich auf einsamem Posten gegen heranstürmende Gors und Ungors behaupteten – wusste der stumme Häuptling, dass er seinem Ziel sehr nah sein musste.


    Melek hielt Whargor den Rücken frei und schwang seine Axt im weiten Bogen. Die kleineren Behuften blieben auf Abstand und schienen darauf zu warten, dass die beiden angeschlagenen Elite Gors langsam unter ihren unzähligen kleinen Wunden ausbluten mochten. Den Blickkontakt zu ihrem Herrn hatten die Bestigors verloren, als dieser von dem tobenden Reißkeiler davongeschleift worden war. Anfänglich hatten sie die geschlagene Schneise der Zerstörung genutzt, um der tobenden Bestie hinterherzulaufen, mussten sich aber schließlich der Erschöpfung beugen. Daraufhin wurden sie von Neuem eingekreist und dutzende Speerköpfe waren nun auf sie gerichtet. Der Ring hatte sich bereits eng um Melek und Whargor zusammengezogen, als Merrhok mit explosionsartiger Gewalt von hinten durch die Reihen brach und so die erdrückende Umklammerung sprengte.


    Schwer schnaufend ließ der stumme Kopfjäger seine Klingen tanzen. Holz splitterte und Blut spritzte in feinen Tröpfchen durch die Luft. Ein vor ihm befindlicher Ungor konnte angesichts der wirbelnden Schwertstreiche gerade noch seinen Schild heben, um nicht aufgeschlitzt zu werden. Dabei lugte er gebannt über den metallbeschlagenen Rand hinweg. Panik sprach aus den gespaltenen Pupillen seiner Augen und Merrhok antwortete mit einem blitzschnellen Kopfstoß. Dem hatte der kleinere Tiermensch nichts entgegenzusetzen. Knochen knackten, als sein Nasenbein tief in den Schädel hineingetrieben wurde und er kippte auf der Stelle leblos hinten über. Der stumme Häuptling stieg sofort auf den Schild des Fallenden und stieß sich nach oben ab, um seine Klingen tief in zwei weitere Behufte zu treiben. Angst- und Schmerzensschreie gellten durch die Luft. Melek heulte vor Freude und Whargor stieß tief in sein Signalhorn, als die verbleibenden Angreifer – perplex von dieser unerwartet kraftvollen und brutalen Attacke – einige Schritte zurückwichen.

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    Kapitel 196 - Weiter in die Dunkelheit II



    Als Brak wieder gänzlich im Hier und Jetzt angekommen war, fand er sich – umringt von tapfer kämpfenden Ungors – mitten im Getümmel der noch immer anhaltenden Schlacht. Viele ihrer Feinde hatten sich bereits nach Norden zurückfallen lassen, aber die verbleibenden Gors und Ungors schienen entschlossen den Rückzug ihrer Artgenossen zu decken und so war es nicht einfach weiterzukommen, geschweige denn mit Merrhok schrittzuhalten. Die Schamanen trieben die Gruppenführer dennoch zur Eile und in gemeinsamer Anstrengung schob sich die Schlachtlinie Schritt um Schritt vorwärts, hinweg über die Leiber der Gefallenen.


    Shargah kanalisierte unablässig die Energien der Winde der Magie, wirkte verschiedene Zauber auf seine Krieger oder im Wechsel gegen jene der feindlichen Herde vor ihnen und um sie herum. Was ihm dabei Sorgen bereitete war, dass er Merrhok nicht mehr spürte. Er versuchte sich einzureden, dass dies an der großen schwarzen Wolke aus Dunkler Energie liegen müsse, welche sich vor ihnen aufgetan hatte. Der Gedanke an dieses Phänomen war dabei nicht weniger beunruhigend, da er etwas in dieser Art bisher noch nie erlebt hatte. Zumindest war es nicht so, dass er sich hätte an etwas Vergleichbares erinnern können. Jetzt war jedoch nicht die Zeit sich zu fürchten. Er musste dem jungen Schamanen an seiner Seite ein würdiges Vorbild zu sein. Also riss sich der Alte zusammen und wirkte an Magie was er vermochte, um ihr Rudel vorwärtszutreiben, hinein ins Ungewisse und weiter in die Dunkelheit.


    Während Whargor, Melek und Merrhok wie wild unter ihren Feinden wüteten, bewegte sich das Auge des schwarzen Sturms – welcher um sie herum auf der astralen Ebene tobte – immer weiter auf sie zu. Unbeeindruckt von den überwältigenden Massen an Kindern der Dunklen Mächte, die sich ihnen hier auf der Lichtung entgegenwarfen, töteten sie mit kühler Präzision und Effizienz. In Merrhok hatten die beiden Bestigors einen passenden Mitstreiter gefunden. Mit den blitzschnellen Attacken seiner leichten Waffen schwächte der Häuptling die Defensive seiner Gegner, während Melek und Whargor im Wechsel die Ernte einholten und die verwundbaren Gegner, unter den unbarmherzigen Hieben ihrer schweren Äxte, niederhackten.


    Die Zahl derer, welche es wagten sich dem Trio in den Weg zu stellen, war alsbald erschöpft und so löste sich die Umzingelung nach Norden hin, bis sie den Blick auf eine Anhöhe freigaben, wo das Unterholz erneut dichter zu wachsen begann. Dort oben sahen sie eine kleinere Gruppe von Häuptlingen und gut gerüsteten Elitekriegern. Merrhok witterte, dass an jenem Ort wohl das Zentrum der Macht liegen musste, von welchem aus die blutrünstigen Herden auf sie losgehetzt wurden. Ohne sich nach Melek oder Whargor umzusehen, wetzte er los und die Beiden schlossen sich ihm ohne Worte darüber zu verlieren an, in der Hoffnung ihren Herrn wiederzufinden.


    Am Rande der angepeilten Anhöhe lag – unmittelbar am Fuße eines großen Baumes – verdreht und bewusstlos, tatsächlich Ghorhok. Als der Schleier der Dunkelheit sich wieder zu heben begann, glaubte er die Welt drehe sich viel zu schnell um ihn. Sein Schädel schmerzte als wäre er in tausend Stücke zerborsten und auch sonst glaubte der Bronzehuf nicht, dass auch nur ein einziger Knochen in seinem Leibe heilgeblieben sein mochte. Seine Pranke ertastete eine Wurzel am Waldboden und sogleich kehrte auch die Erinnerung an den Keiler zurück. Den Warnsignalen seines Körpers nach zu urteilen, mochte die Bestie wohl gut und gerne auf ihm liegen. Mit Sicherheit hätte er es nicht sagen können, denn nur sehr langsam fanden sich die verschwommenen Schemen wieder zu soliden Formen zusammen. Vor ihm war Bewegung auszumachen. Die Geräusche verdichteten sich und wurden klarer. Er erkannte das trotzige Grunzen des Keilers. Das Ungetüm war direkt vor ihm – hinter dem Schleier der Benommenheit – und es war verdammt wütend.

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    Kapitel 197 - Gnadenstoß



    Ghorhoks Blick wurde klarer und im Gegensatz zu eben war er sich nun sicher, dass es nur ein einzelner Baumstamm war, der neben ihm in die Höhe ragte. Unmittelbar vor sich machte er die wuchtige Gestalt des Keilers aus. Nun sah er auch, dass die Bestie ihr wütendes Quieken nicht ihm hatte zukommen lassen, sondern den drei Bestigors, welche sich anschickten das sterbende Tier ein für alle Mal von seinen Leiden zu erlösen. Dazu hatten sie es in einer kühl kalkulierten Art eingekreist und warfen sich vielsagende Blicke zu. Ghorhok wurde schnell klar, dass er unweigerlich der Nächste wäre, wenn sie mit dem Keiler fertig wären und er gedachte nicht so lange zu warten, bis das Los endlich an ihm sei. Glücklicherweise fand er seine Hand-Axt unmittelbar neben sich liegend. Er musste sich nicht einmal merklich bewegen, um sie zu erreichen. Langsam, ganz langsam griff er nach der Waffe und umfasste den in Leder gebundenen Schaft. Das fühlte sich vertraut und gut an. Gestärkt von dem erhebenden Gefühl, welches seine Waffe ihm verlieh, versuchte er sich im Schatten des Baumstammes aufzurichten. Die größte Kunst war dabei das Gleichgewicht zu halten. Währenddessen gingen die drei Bestigors beinahe synchron auf den Reißkeiler los und hackten ihn unter einem ohrenbetäubenden Quieken in blutige Stücke. Das Untier ging aber nicht ohne Gegenwehr nieder und hatte sich – wider Erwarten – noch als äußerst wehrhaft bewiesen. Auch seine Schlächter sollten einen Blutzoll zahlen. Mit einer Geschwindigkeit, die man dem dahinscheidenden Koloss kaum zugetraut hätte, hatte es einen seiner Peiniger von den Beinen gerissen und ihm mit einem seiner Stoßzähne die Bauchdecke aufgefetzt. Einzelne Kettenglieder flogen, wie Geschosse, durch die Luft und der Bestigor wand sich unter gepresstem Stöhnen hin und her, während ihm seine Eingeweide aus dem Bauchraum quollen und den Waldboden tiefrot färbten.


    Der Bronzehuf schaute gebannt zu und seine Nackenhaare stellen sich auf, als ihn ein Schauer der Erregung durchfuhr. Er atmete tief ein und wieder aus. Sein Brustkorb schmerzte dabei so erbärmlich, dass ein geringerer Gor wohl wieder auf die Knie gesunken wäre. Ghorhok verbiss sich den Schmerz und tat schließlich den Schritt hinter dem Baum hervor, um den verbleibenden Bestigors entgegenzutreten. Ihm wurde augenblicklich klar, dass er einen Fehler gemacht hatte.


    Graktar überschaute das Schlachtengetümmel auf der Lichtung vor sich und es war ihm nicht verborgen geblieben, dass sich hier und da einzelne Häuptlinge durch die Linien seiner Kinder hindurchgefressen hatten. Mit einem kehligen Befehl und dem Wink seiner Axt befahl er den Bestigors an seiner Seite die Anhöhe hinabzusteigen und die Störfaktoren zu entfernen. Die schwer gerüsteten Elite Gors stimmten wildes Kriegsgeheul an und stürmten den Hang hinab, in Vorfreude auf ein paar lohnende Kämpfe. Ghorhok sah erst spät, was da auf ihn zukam.


    Mit ihrem dritten Auge sahen Brak und Shargah die schwarze Wand nun direkt vor sich aufragen. Das Bollwerk von Dunkler Energie blies ihnen kalt in die Gesichter wie der Nordwind und angesichts dieser Konzentration von Energie, stellten sich ihnen alle Haare am Leibe auf. Letztendlich sahen sie keinen anderen Weg als durch die Barriere hindurchzugehen, um ihren Ursprung zu ergründen. Wenn sie sie bekämpfen könnten, dann wohl nur an ihrem Ursprung. Diesseits davon waren ihre Versuche, hindurchzusehen oder die Winde auf der anderen Seite zu nutzen, wenig erfolgreich geblieben. So trieben sie ihr Gefolge also zur Eile und wagten sich schließlich voran, ins Ungewisse. Als die Dunkelheit förmlich nach Brak zu greifen begann, fühlte es sich an als würden Blitze nach ihnen lecken. Seinen Fetisch-Stab schützend vor sich haltend, tat der junge Schamane schließlich den entscheidenden Schritt. Für einige Augenblicke konnte er absolut nichts sehen. Um ihn herum herrschten nur Dunkelheit und Kälte. Stimmen flüsterten in tausend Zungen und wurden langsam aber sicher immer zahlreicher, lauter und eindringlicher. Schließlich konnte er in der Finsternis etwas ausmachen. Bläuliche und grünliche Winde umwehten ihn und Brak glaubte die Gesichter bösartiger Wesen darin ausmachen zu können. Ihre Fratzen umschwirrten ihn, erst beiläufig und dann immer bestimmter. Sie sprachen zu ihm und da er nicht reagierte, begannen sie schließlich lauter und lauter zu werden. Ihr Kreischen war schließlich so grauenvoll, dass es Brak durch Mark und Bein ging. Er hatte das Gefühl als würden kalte Hände nach ihm greifen, aber er lief festen Schrittes weiter in jene Richtung, in der er das Ende der Nacht und des Grauens erwartete. Gerade dachte er daran, dass Shargah ihn hätte auf eine solche Erfahrung vorbereiten müssen, da packte ihn eine der eiskalten Hände an der Schulter und Brak erstarrte vor Schreck.


    Die Hand zerrte nicht, sondern schob ihn weiter und weiter vorwärts. Schließlich verpasste sie ihm einen kraftvollen Stoß und er fiel in grelles Licht. Brak holte augenblicklich tief Luft, als sei er aus tiefem, schwarzem Wasser aufgetaucht. Dabei war er froh sich auf seinen Stab stützen zu können. Erst jetzt spürte er die Erschöpfung in seinen Gliedern. Erleichterung machte sich in ihm breit. Dann sah er sich um und fand Shargah direkt in seinem Rücken, ebenfalls auf seinen Stab gestützt. Überall um sie herum traten ihre Gors und Ungors aus der Dunkelheit hervor als wäre es nichts. Brak war einen Moment lang verdutzt und sprachlos. Sie zeigten keinerlei Anzeichen von Erschöpfung oder Verwunderung. Nichts. Er fragte sich ob sie überhaupt etwas von der Barriere mitbekommen hatten. Wenn ihn nicht alles täuschte, waren der alte Schamane und er die Einzigen, die gesehen und gespürt hatten was auch immer dieses schwarze Konstrukt gewesen sein mochte.


    Shargah sah Brak tief in die Augen und nickte ihm wortlos zu. Dann wies er in die Richtung vor ihnen und der junge Schamane sah die Unmengen an magischer Energie in der Luft diesseits der Barriere.

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    Kapitel 198 - Neid



    Am Waldrand – auf der Anhöhe – spürte das uralte Wesen, welches von den Kindern dieser Wälder nur 'Schädelmeister' genannt wurde, die Anwesenheit der beiden Schamanen, innerhalb der von ihm errichteten Barriere. Es mochte so etwas wie Missgunst sein, die es dazu brachte einen gellenden, kehligen Schrei auszustoßen und die sofort herbeieilenden Ungors mit einem Wink seines wuchtigen Schamanenstabes zum Angriff auf die Eindringlinge zu befehligen. Blaues Feuer flammte in den Augen der niederen Tiermenschen auf und sie fletschten hasserfüllt ihre gelben, angespitzten Zähne, während sie den Hang hinunterstürmten. Der alte Schädelmeister sah seinen Marionetten zufrieden nach. Niemand, außer ihm selbst, sollte sich der von ihm angestauten Winde der Magie bedienen. In seinen Augen waren diese uralten Wälder sein Reich und er würde nicht dulden, dass sich Eindringlinge darin tummelten, wenn er es ihnen nicht ausdrücklich erlaubte.


    Inmitten des Wirrwarrs an schillernden Farben sah Brak etwas das heller und stärker leuchtete als alle Ströme der Magie zusammen. Er wusste, dass Punkte, an denen magische Energien sich trafen oder gebunden waren, auf diese Weise glühten, wenn man sie mit dem dritten Auge betrachtete. Etwas Ähnliches sah er in Shargah und im Gegenzug mochte der Alte wohl dasselbe in ihm sehen, wenn die Magie durch ihn hindurchfloss. Was Brak da auf der Anhöhe ausgemacht hatte, schien allerdings eine so unglaubliche Menge an Energie in sich zu vereinen, dass er nicht anders konnte als sprachlos zu starren. Es war ein beeindruckendes Erlebnis für den jungen Gor. Shargah sah was seinen Schützling so beschäftigte und meinte, "Wie es aussieht, haben wir den Ursprung der Barriere gefunden." Brak konnte seinen Blick nicht abwenden und blieb stumm. Erst als Shargah anfügte, "Na komm schon. Es wird Zeit eine Legende zu töten.", riss es ihn aus seiner Apathie und er blickte dem Alten verdutzt nach, als dieser mit dem Rest der Gors und Ungors weiter voranmarschierte.


    Alles was die beiden Schamanen nun noch von Merrhok und den beiden Bestigors trennte, war eine brodelnde See aus Hörnern, Haut, Fell und Zähnen, die sich über die Lichtung hinweg erstreckte und den Vorstoß der Behuften unter Braks und Shargahs Kommando einstweilen aufhielt. Merrhok kämpfte bereits gegen die Steigung der Anhöhe an und war vom einen auf den anderen Moment umzingelt von Graktars Leibgarde.


    Er entblößte seine gelben Fangzähne und griff unverzüglich den ersten Bestigor an, welcher sich ihm entgegenwarf. Der in eine bronzene Plattenrüstung gehüllte Krieger schwang eine zweihändig geführte Keule, an deren Kopfende eine schwere, bronzefarbene Kugel angebracht war. Mit dieser Waffe gedachte er den Schädel des Neuankömmlings zu einem blutigen Mus zu verarbeiten und wuchtete sie hoch über seinen gehörnten Widderkopf. Merrhok sah die Attacke rechtzeitig kommen und tauchte seitlich unter ihr hinweg, wobei er eine seiner Klingen über die Bauchdecke des Bestigors fahren ließ. Mit der Anderen zielte er auf den Unterschenkel des rechten Beines. Während die Bronzeplatten den Unterleib des Gors schützten, biss das zweite Schwert tief in das Fleisch des behaarten Hammelbeins und durchtrennte die Sehnen, welche seinen Besitzer aufrecht stehen ließen. Er sackte unter einem wütenden Heulen seitlich weg und noch bevor er sich umwenden konnte, um sich an seinem Peiniger zu rächen, war Melek zur Stelle und trennte den Schädel des Bronzenen beinahe gänzlich von dessen Schultern. Ein abgeschnittenes Ächzen entfuhr dem Getroffenen, bevor er leblos zu Boden sackte. Merrhok, Melek und Whargor nahmen sich nicht die Zeit um ihn fallen zu sehen.


    Sofort griffen weitere Krieger an. Ein in lange, dunkelbraune Lederroben gekleideter Caprigor – bewaffnet mit einer Streitaxt – schoss nach vorn, um Merrhok zu enthaupten. Er war nicht der Einzige, der in dem voranpreschenden Häuptling die größte Gefahr zu erkennen glaubte. Ihm zur Seite kämpfte ein weiterer Bestigor, gepanzert in einer Mischung aus Kettenhemd und eisenbeschlagenem Lederüberwurf. In seinen Pranken führte er zwei Hand-Äxte und er war nicht ganz so schnell zur Stelle, da er dazu tendierte erst Maß von seinen Gegnern zu nehmen, bevor er sich ihnen entgegenwarf. Auch wenn er sich sicher war, dass niemand sein Zögern bemerkt hatte, so war Graktar dieses offensichtliche Zeichen von Schwäche doch nicht verborgen geblieben. Der alte Großhäuptling schnaufte missbilligend und seine Fäuste schlossen sich fester um die in Leder gebundenen Schäfte seiner beiden runengeschmückten Handbeile. Er war in Versuchung selbst den Hang hinabzusteigen und den Bestigors zu zeigen wie man eine solche Situation anging. Ruhm versprach er sich davon aber noch keinen und so schluckte er das Verlangen für den Moment herunter, wendete sich ab und ließ ein paar bellende Kommandos an seine verbliebenen Hauptmänner los. Diese begannen unverzüglich seine Befehle auszuführen und ihre Krieger in Bewegung zu setzen. Dann widmete Graktar sich wieder dem Schauspiel am Hang vor sich und sah zu, wie seine Leibwächter über diesen Emporkömmling und seine beiden Begleiter herfielen.

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    Kapitel 199 - Legende



    Ghorhok sah den beiden Bestigors vor sich in die Augen, während vom Hang her weitere ihrer Artgenossen auf die drei Kontrahenten zuhielten. Er spannte all seine Muskeln an und presste ein tiefes, bedrohliches Brummen hervor. Dann – wie auf Kommando – gingen die beiden Axtschwinger und er zeitgleich aufeinander los. Der Bronzehuf warf sich regelrecht in seinen ersten Gegner hinein, noch bevor dieser die Klinge seiner Streitaxt zum Einsatz bringen konnte. Dabei schleuderte er seine Hand-Axt dem zweiten Angreifer entgegen, der sich gerade bereitmachen wollte, um den vermeintlich beschäftigten Ghorhok von der Seite niederzustrecken. Die Axt des Bronzehufs schnitt durch die Luft und traf den überrumpelten Bestigor mitten in den Brustkorb, woraufhin dieser in seiner Bewegung erstarrte. Ghorhok sah nicht mehr wie der Totgeweihte ungläubig auf die Waffe glotzte, die da aus seinem Torso ragte und wie er anschließend vergeblich versuchte sie herauszuziehen. Er war viel zu beschäftigt damit den von ihm zu Boden gerissenen Bestigor mit schweren Huftritten einzudecken. Dabei entriss er ihm die klobige Streitaxt und hackte ihn schließlich damit in Stücke. Überströmt mit Spritzern von frischem Blut, welches durch die Risse in der dunkelroten Kruste auf seiner Haut rann, grinste er den soeben heranstürmenden Neuankömmlingen entgegen. Aus seinen gelben Bocksaugen sprach der Wahnsinn des Gemetzels.


    Brak und Shargah machten sich trotz der immensen Menge an magischer Energie, welche die Luft schwängerte, keine Illusionen darüber das uralte Wesen auf der Anhöhe mit offensiven Zaubern bekämpfen zu können. Vielmehr waren sie damit beschäftigt dem Wirken der Kreatur Einhalt zu gebieten und ihre Krieger so vor zusätzlichem Schaden zu bewahren.


    Inmitten des Tumultes, in dem sich die beiden Schamanen auch Nahkampfattacken vonseiten übermütiger Gors und Ungors erwehren mussten, verriet Shargah seinem Schützling, dass er in dem übermächtigen Wesen auf der Anhöhe den Schädelsammler zu erkennen glaubte. Brak hielt einen Moment inne, unsicher darüber ob er und die Anderen unter diesen Umständen überhaupt weiterkämpfen sollten. Nicht nur hatten sie es hier mit einem der größten Seher ihrer eigenen Rasse zu tun, sondern mit einem direkten Spross ihrer aller Väter. Der Schädelsammler galt als halbgöttliches Wesen unter den Kindern dieser Wälder. Jeder wusste das.


    Shargah verstand gut was in dem jungen Gor vorging und zerstreute dessen Bedenken umgehend, indem er ihn mit Nachdruck auf die Mission hinwies, auf welche sie geschickt worden waren. Wenn sich ihnen auf diesem Pfad – im Auftrag der Dunklen Mächte – eine Legende entgegenstellte, so wäre das kaum ein Zufall. Davon dürften sie sich allerdings nicht abbringen lassen. Die Pläne der Unaussprechlichen wären undurchdringlich für sterbliche Wesen wie sie. Alles habe seinen Zweck und es stünde ihnen nicht zu an dem zu Zweifeln, was ihnen direkt aus dem Warp geweissagt worden war. Brak zögerte noch einen Moment, dann blickte er den Alten an, kam aber nicht mehr dazu etwas zu sagen. Ein erneuter Angriff eines verfeindeten Gors zwang ihn regelrecht, seinen Gedanken einstweilen fahren zu lassen und sich dem unmittelbar dringlichsten Problem zu stellen; der Erhaltung seines Lebens.


    Braks jahrelanges Training als Krieger zahlte sich schließlich aus und er entschied den Kampf für sich. Als die unmittelbare Bedrohung vorüber war, ließen sich die beiden Seher wieder in den Reihen ihrer Krieger zurückfallen. Von hier aus würden sie mehr und mehr ihrer Brüder herbeizurufen versuchen, welche im Angesicht der hinterhältigen Angriffe quer über das gesamte Waldgebiet versprengt worden waren. Außerdem würden sie ihr Bestes tun, um dem Schädelmeister die Stirn zu bieten, vorausgesetzt die Dunklen Mächte wollten es. Es konnte keinesfalls schaden, wenn eine höhere Macht ihre Hände führen und ihnen den Rücken stärken würde.

  • Ist der "Schädelsammler" ein Versehen, oder ist auch dieser Beiname bekannt?
    Wenn nicht alle Handlung demnächst explodiert, habe ich das Gefühl, dass es noch viele, viele Teile geben müsste. Wie schon gesagt wurde, du entspannst hier immer mehr Stränge uns es wird immer spannender, weiter so!


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    Ich dacht' mir "Schädelmeister" wäre zu eindeutig gewesen... aber ja, er ist es. :)



    ... und ja, ab jetzt geht die Post ab! Ich hab heut nochmal das Ende gelesen und ich freu' mich sehr es endlich mit Euch zu teilen.


    Wollt Ihr mehr/schneller lesen oder sollen wir bei zwei bis drei Kapiteln pro Woche bleiben?

  • Ich denke, es könnte auch schneller gehen, aber das jetzige Tempo ist eigentlich ganz gut. Außerdem graut es mir schon vor dem Ende, also - gemach...


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    Kapitel 200 - Der Tod klopft an II



    Whargor sah sich, ebenso wie Melek, mittlerweile einem eigenen Herausforderer gegenüber. Ein bärenköpfiger Gor in rotem Schuppenpanzer trat ihm entgegen und ließ sein furchterregendes Brüllen hören. Noch ehe der Petz seine Drohgebärde beendet hatte, stürmte Whargor bereits auf ihn los. Er war überzeugt davon, dass der Dunkle Prinz das einzige Wesen sei, welches er fürchten müsse und so schien es ihm ein inniges Bedürfnis zu sein, seinem Gegner mit der größtmöglichen Respektlosigkeit zu begegnen. Beinahe überrumpelt, trat der Bärenschädel einen Schritt zurück, um der blitzartigen Attacke begegnen zu können. Die geschwärzten Klingen ihrer Äxte flogen unter grellem Schallen auseinander, nachdem sie – mit voller Kraft geführt – miteinander kollidiert waren. Whargors Pranken dröhnten und fühlten sich Taub an, als die Schwingungen des Zusammenpralls nachhallten. Er biss die Zähne zusammen und setzte zu einer ganzen Serie von Hieben an, um das soeben erhaltene Geschenk des neuerlichen Schmerzes gebührend zu feiern.


    Melek erwehrte sich gerade eines Angreifers mit einem ausladenden Geweih und beeindruckenden Tätowierungen. Der breitschultrige Gor schwang eine Art Hammer in seiner Rechten. Am Schaft der Waffe war eine Kette befestigt, die er mit der Linken umklammerte und an deren Ende eine schwere Metallkugel baumelte. Der Hirschkopf ließ sie locker kreisend umherschwingen. Gerade als Melek zum Hieb mit der Axt ansetzte, kam die Kugel verblüffend schnell nach vorn geschossen und er hatte alle Mühe auszuweichen. Die missliche Lage seines Gegners ausnutzend, schwang der Hirschkopf seinen Hammer und Melek riss den Schaft seiner Waffe nach oben. Das Holz gab ein erbärmliches Knacken von sich und barst unter den Lederbändern. Melek war bewusst, dass andernfalls sein Schädel nun eine blutige Ruine wäre und so fühlte er kein Bedauern für seine Waffe. Stattdessen führte er die künstlich verkürzte Axt nun einhändig zum Gegenschlag.


    In dem Moment, als er die Klinge seines Beils zwischen Geweih und Schulter seines Widersachers hindurchschwang, kam erneut die schwere Kugel in weitem Schwung an ihrer Kette herabgesaust. Melek sah sie für den Bruchteil eines Momentes und wollte gerade noch seinen Kopf beiseiteschieben, aber es war zu spät. Wären die massiven Hornansätze an seinem Schädel nicht gewesen, wäre die Kugel wohl durch seine Knochenplatte gebrochen und hätte sein Hirn augenblicklich zermalmt. Horn splitterte und unter einem derben Knacken seines Schädels sank Melek auf die Knie. Blut strömte ihm über Gesicht und Schultern, während sein Gegenüber kopflos zusammensackte. Die Axt hatte das Haupt mit dem Hirschgeweih sauber vom Rumpf getrennt.


    Als Whargor im Augenwinkel wahrnahm was geschehen war, johlte er auf und zerschmetterte das Beil des Bärenkopfes in einem Anfall von Raserei. Seiner Waffe beraubt, versuchte der bullige Petz schließlich die Axt seines Gegners mit bloßen Pranken aufzuhalten, aber Whargors Hiebe waren selbst für einen Hünen seiner Statur zu heftig. Wenngleich er den hölzernen Schaft zu greifen bekam, sank das Blatt der Axt doch tief in seinen Schädel hinein und spaltete diesen in zwei Hälften. Whargor tobte und stimmte eine Tirade an, als wäre er unbesiegbar. Dann trat er an Melek heran, um seinem Bruder Luft zu verschaffen, als er zu seiner Rechten jenen Gor erblickte, dem sie zu folgen geschworen hatten.


    Whargors Augen weiteten sich, als er sah wie Ghorhok mit mehreren Feinden gleichzeitig rang. Ein kurzer Blick zurück zu Melek verriet, dass sein Kamerad noch am Leben und bei Bewusstsein war. Sie schauten sich in die Augen und der getrübte Blick des am Boden knienden Bestigors schien zu sagen, dass sich ihre Wege hier wohl trennen mochten. Whargor zögerte keinen Moment länger und jagte los, um seinem Herrn zu Hilfe zu eilen.


    Melek kniete indes fast regungslos am Boden. Nur seine schweren Atemzüge hoben und senkten Brust und Schädel des hilflosen Gors. Die Teile seiner gebrochenen Axt lagen noch immer in seinen erschlafften Händen. Vor sich machte er diffuse Bewegung aus. Es war ihm egal. Er sah nicht auf, versuchte nicht mehr sich zu wehren, als der Axthieb eines nahenden Gegners herabfuhr um ihn zu erlösen.

  • Ich weiß nicht, ob es euch auch so geht, aber diese kleine Gruppe von Bestigors ist mir ziemlich ans Herz gewachsen, obwohl klar war, dass wohl kaum einer überleben würde. Ich habe mit jedem einzelnen mitgefiebert, und das ist ein Zeichen für große Schreibkunst!


    Das also sind diese Tage, an denen man zuhause sitzt, Bier direkt aus der kaputten Kaffeemaschine trinkt und wartet, dass es regnet, damit man endlich raus kann. - Horst Evers

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    Danke, @Marghor!




    Kapitel 201 - Geschmack des Blutes



    Graktar genoss das berauschende Gefühl endlich wieder eine seiner Äxte mit Blut gefüttert zu haben und verspürte augenblicklich das Verlangen nach mehr. Sterbende zu erlösen schien seiner unwürdig. Er lechzte geradezu nach einer echten Herausforderung. Sein Blick schweifte von einem verfeindeten Bestigor, welcher vor ihm davonzueilen schien, hin zu jenem schwerterschwingenden Häuptling. Der stumme Gor war gerade damit beschäftigt sich der Angriffe zweier Widersacher zu erwehren. Schnell stand Graktars Entschluss fest; Er würde ihn töten.


    Ghorhok wütete unterdessen mit neuem Elan. Angesichts seines körperlichen Zustandes, schien unerklärlich wo er die Kraft hernahm. Es war das erhabene Gefühl beim Schwingen einer wuchtigen Streitaxt, welches ihm Flügel verlieh. Diese verheerende Zerstörungskraft und die Reichweite seiner Attacken, er wusste ja gar nicht was er bisher verpasst hatte. Seine Dankbarkeit für das neugewonnene Mordwerkzeug bezeugte der tobende Großhäuptling, indem er mit dem Blut seiner Feinde zahlte. Die dunkelrote Kruste auf Haut und Fell bröckelte stetig unter seinen schnellen, heftigen Bewegungen. Mehr und mehr des heißen, frischen Lebenssaftes durchtränkte sein zotteliges Haar und es schien, als wolle er mit aller Gewalt altes mit neuem Blut hinwegwaschen. Drei weitere Bestigors waren unter seinem Beil gefallen und zierten jetzt den ansteigenden Weg, welchen der Bronzehuf gekommen war. 'Noch Zwei', schoss es ihm durch den Kopf, als sein Blick plötzlich an etwas Uraltem haften blieb und ihn für einen Augenblick erstarren ließ.


    Der Schädelmeister schälte sich geradezu aus dem Unterholz wie eine riesige, entsetzliche Neugeburt der dunklen und verwunschenen Wälder. Ihn umgab eine Aura, die es aussehen ließ als würde er mit dem Geäst und Wurzelwerk um sich herum verschmelzen. Alles in seiner unmittelbaren Umgebung schien sich im stetigen Wandel – vom Leben zum Tode und wieder hin zu neuem, verzerrtem Leben – zu befinden. Während er langsam von, sich unter seinen Hufen krümmenden und biegenden, Wurzeln nach vorn getragen wurde, ruhte sein hypnotischer Blick auf dem blutroten Ghorhok, in seiner bronzenen Rüstung. Die Augen des Schädelmeisters waren von einem unheimlichen Glühen erfüllt und im Gegensatz zu den meisten anderen Behuften auf der Anhöhe, zeigte er keinerlei Anzeichen von Angst im Angesicht des nahenden Klingensturmes.


    Zwischen Ghorhok und dem Schädelmeister standen nun nur noch zwei Bestigors. Bheneth – ein widderköpfiger Caprigor – war mit Mustern und Runen in blauer Kriegsbemalung auf der nackten Brust und im Gesicht geschmückt. Er trug eiserne Schulterstücke und seine in Kettenglieder gehüllten Arme mündeten in massive Panzerhandschuhe, welche zwei krude, leicht gekrümmte Kurzschwert-Klingen umschlossen. Sein Fell schimmerte bläulich und sein Blick zeugte von einer kühlen Unbarmherzigkeit. Er war dem Bronzehuf am nächsten und machte sich bereit ihm entgegenzutreten. Der Zweite war Khargos, ein junger Häuptling mit langen, steil aufragenden Hörnern und einer tiefschwarzen Schnauze. Er war in ein Kettenhemd gekleidet. Bauch und Beine lagen geschützt unter dicken Panzerplatten. Zwischen seinen Bocksläufen baumelte der Schädelknochen eines Wolfes. In seiner Linken trug er eine schwere Axt und die Rechte umklammerte ein Totem, welches er in den Boden rammte, als er Whargor von der Seite auf sich zukommen sah.


    Whargor brüllte einen kehligen, wortlosen Kampfschrei und preschte ungebremst in seinen Gegner hinein. Khargos konnte gerade noch seine Axt hochreißen und Whargors Hieb blocken. Die Arme des schwarzhäutigen Häuptlings zitterten unter dem Aufprall und er schwang den Schaft seiner Waffe im Halbkreis herum, um einen Konterschlag auszuführen. Whargor parierte und ließ eine Serie von Hieben auf Khargos einregnen. Links, rechts, von oben. Khargos schnaufte und brüllte verärgert. Er hatte die Angriffe mit Mühe abgewehrt, sein Stand wankte jedoch unter der Gewalt der Attacken. Entnervt warf sich der offensichtlich überforderte Häuptling seinem Widersacher entgegen, um ihn zu Boden zu werfen. Dabei packte er den Schaft seiner Axt mit beiden Händen und schob mit aller Kraft. Whargor hielt dagegen und kassierte einen blitzschnellen Kopfstoß auf die Nase. Tränen schossen ihm in die Augen und der Geschmack von süßem Wein drang an seinen Gaumen. Während er die Augen zusammenkniff, drehte er blitzschnell die Hüfte ein und warf den Angreifer über seinen Oberschenkel hinweg zu Boden. Dann brüllte er seinen Zorn hinaus und wischte sich über das Gesicht. Angestrengt blinzelnd, versuchte er seinen Blick wieder zu fokussieren. Khargos war indessen ein Stück den Hang hinuntergerollt, hatte sich aber bereits wieder aufgerappelt. Sein schweres Beil vom grasigen Boden aufklaubend, ging er sofort in die Offensive und zielte dabei auf den ungeschützten Oberschenkel des noch immer leicht benommenen Bestigors.

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    Kapitel 202 - Schmerz



    Merrhok tanzte um seinen Gegner herum und wich den schwerfälligen Hieben mit der Streitaxt geschickt aus. Zugleich achtete er immer darauf, dass sein zweiter Gegner – mit den beiden Handbeilen – nicht an ihn herankam. Sobald der in schweres Leder und Kettenhemd gekleidete Bestigor versuchte an seinem Kameraden vorbei zu gelangen, zirkelte Merrhok wieder um den in der Mitte befindlichen Axtschwinger herum. Dabei wehrte er einen Angriff nach dem anderen ab und fügte seinem Gegner jedes Mal leichte, oberflächliche Schnitte mit der Spitze einer seiner Klingen zu. Der Axtschwinger wurde regelrecht rasend davon und hackte immer wilder nach seinem Peiniger. Die anfangs sauber und präzise geführten Angriffe gerieten schnell zu tölpelhaft anmutenden und überhasteten Verzweiflungsangriffen.


    Whargor schrie auf, als der dunkle Stahl seines Feindes in den Muskel des Oberschenkels biss. Die Klinge drang bis zum Knochen hinein, glitt jedoch nicht tiefer hindurch. Hätte Khargos einen sichereren Stand gehabt und seinen Hieb mit mehr Sorgfalt und Kraft führen können, wäre das Bein nicht mehr zu retten gewesen. Gelähmt vom Schmerz, sah Whargor sich nicht in der Lage seinen Gegner anzugreifen. Stattdessen ließ er seine Waffe fallen, packte den Kopf der Axt in seinem Schenkel und riss ihn – unter übermenschlicher Anstrengung und einem gellenden Blöken – aus der Wunde. Die Welle der Schmerzen war schlimmer als zuvor und Whargor wurde für einen Moment schwarz vor Augen. Die Axt seines Gegners ließ er jedoch nicht los und klammerte sich nun mit beiden Pranken daran, wissend, dass sein Leben davon abhing.


    Als sein Blick wieder aufklarte, sah Whargor in das grimmige, schwarze Gesicht von Khargos. Die gefletschten, gelben Fangzähne des Häuptlings wirkten grotesk deplatziert in dem durch und durch dunklen Rahmen, welchen das Antlitz des Gors bildete. Mit aller ihnen zur Verfügung stehenden Kraft rangen die Beiden nun um die Waffe, während Whargor schwer blutend am Boden kniete.


    Ghorhok und Bheneth waren unterdessen absolut in ihren eigenen Zweikampf vertieft. Der blau bemalte Bestigor war ohne zu zögern auf den Bronzehuf losgegangen und blockte jeden der schweren Axthiebe mit einer geradezu virtuosen Eleganz und Sicherheit, wie man sie kaum bei einem Behuften vermuten mochte. Trotz zunehmender Erschöpfung, teilte Ghorhok noch immer kraftvolle und schnelle Angriffe aus, was beinahe an ein Wunder grenzte, wenn man die vielen Verletzungen in Betracht zog, die er sich bereits zugezogen hatte. Bheneths Arme schmerzten im Zuge der neuerlichen Parade. Er fletschte die Zähne und stemmte sich gegen das unangenehme Gefühl, sowie den Gedanken daran hier unterliegen und letztlich sterben zu können. Er wusste, dass er sein Heil nur in der Offensive finden konnte, aber die ungestümen Angriffe des Bronzehufs machten es schwer die Initiative zu ergreifen. Mit jedem Hieb des Großhäuptlings wurde Bheneth mürber und schließlich ächzte er schwer atmend – wie sein Gegenüber – während der Schweiß ihm über den Körper und sogar in die tiefliegenden Augen lief. Letzten Endes war auch er so demoralisiert, dass er Fehler zu machen begann. Er wollte die Oberhand in diesem Kampf so sehr, dass er Risiken einging, zu denen er unter anderen Umständen nie bereit gewesen wäre. Beim nächsten Hieb von oben, blockte er mithilfe seiner beiden Klingen und sprang so schnell er es vermochte vorwärts in den Bronzehuf hinein. Dabei tauchte er nach links unten weg und rammte ihm das Kurzschwert in seiner Linken mit aller ihm noch zur Verfügung stehenden Kraft in den Unterleib. Sofort spürte er schmerzhaft wie sein Stoß gestoppt wurde. Es folgte das metallische quietschen von Eisen auf Bronze und gerade als Bheneth glaubte er habe versagt, ließ der Widerstand ruckartig nach. Seine Klinge biss plötzlich tiefer, in etwas Weiches.


    Ghorhok war wie paralysiert und stöhnte auf, als die kalte Eisenklinge sich an seiner Bauchplatte vorbei in den Unterleib hineinbohrte.

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    Kapitel 203 - Schmerz II



    Whargor heulte auf als er mitbekam, was seinem Herrn gerade wiederfahren war. Plötzlich schien seine eigene Verwundung zweitrangig und er hätte alles gegeben, um in diesem Moment an der Seite seines Meisters zu sein. Angespornt von einem Gefühl der Schuld, trieb er seinen bereits so geschundenen Körper noch einmal an, den verhassten Feind doch endlich zu überwinden. Er riss wie wild an der Axt und Speichelfäden spritzten ihm ins Gesicht, als Khargos ihn voller Trotz anbrüllte. Whargor antwortete mit einem bösartig schnellen Stoß von Stirn und Hörnern; einmal, ein zweites und auch ein drittes Mal. Selbst als der Widerstand auf der anderen Seite erstarb, hörte Whargor nicht auf und zog die so ergatterte Streitaxt schließlich an seine Brust, wie ein wiedergewonnenes Kleinod. Blut lief ihm von der Stirn, über das Gesicht und in die Augen. Er konnte nichts sehen. Er musste weiter! Verzweiflung machte sich in dem schwer verletzten Bestigor breit und für einen Moment fühlte er sich so einsam und verlassen wie nie zuvor in seinem Leben.


    Stechende, lähmende Schmerzen, heiße und kalte Schauer im raschen Wechsel; alles strömte auf einmal auf den Bronzehuf ein und er blickte schließlich ungläubig auf die Klinge, welche aus seinem Unterleib herausragte. Hellrotes Blut quoll zwischen seiner tätowierten Haut und der bronzenen Bauchplatte nach oben. Dann schaute er nach rechts, in die Augen des ebenso verdutzten Gors, welcher ihm gerade sein Kurzschwert in den Leib gerammt hatte. Als sich ihre Blicke trafen, kam Beiden schlagartig wieder in den Sinn, dass der Kampf damit noch nicht ausgestanden wäre. Ghorhok stieß mit dem Schaft seiner Axt auf Bheneths Schädel ein, während dieser sich wegzudrehen versuchte und gleichzeitig mit seiner zweiten Klinge nach dem Rücken des Bronzehufs stach. Ghorhok erlangte die Gewalt über seinen Körper keine Sekunde zu früh zurück und versuchte sich verzweifelt wegdrehen. Bheneth hingegen, kam nicht umhin zu erkennen, dass er das Schwert im Wanst des Bronzehufs loslassen müsste, wenn er nicht mit voller Wucht vom stumpfen Ende des Zweihänders getroffen werden wollte. Zu spät realisierte er jedoch, dass ihm genau das nicht möglich war. Er selbst hatte die Klingen mit Lederriemen an seine Handgelenke gebunden, damit er sie in der Schlacht nicht aus Versehen verlieren könnte. So riss Ghorhok den Unglücklichen in einer äußerst schmerzhaften Hüftdrehung mit sich herum und der Schaft des Beils ging gnadenlos und mit einem erbärmlichen Knirschen auf Bheneths Nasenbein nieder.


    Der Bronzehuf heulte auf und Bheneths Welt wurde schwarz. Dem Bestigor sackten augenblicklich die Knie weg und er hing nun regungslos baumelnd an der Klinge in Ghorhoks Bauch. Der Großhäuptling ging währenddessen durch ein Martyrium, wie er es noch nie in seinem Dasein erlebt hatte. Von außen betrachtet hatte die Szene etwas absolut Groteskes und wer nicht gerade selbst um sein Leben kämpfte, starrte ungläubig auf die dramatischen Szenen auf der Anhöhe.


    Ghorhok tat alles, um erneute Bewegung und die damit verbundene Marter zu vermeiden. Er atmete in kurzen, abgehackten Stößen und blickte erneut auf den verstörenden Fremdkörper in seinem Unterleib. Dann ließ er das schwere Beil fallen und packte den Panzerhandschuh des bewusstlosen Gors, der noch immer wie eine leblose aber schwere Marionette an ihm herabhing. Was nun käme, würde hart werden und er versuchte noch einmal tief einzuatmen, bevor der Schmerz über ihn käme. Schließlich zog er mit aller Gewalt an der Klinge. Dabei brüllte er so laut, dass es wohl über die gesamte Lichtung hinweg hörbar gewesen sein musste. Langsam, ganz langsam glitt das dunkle Metall aus ihm heraus. Dickes, hellrotes Blut strömte aus der Wunde und schien dem Bronzehuf helfen zu wollen, den verhassten Fremdkörper endlich abzustoßen. Der markerschütternde Schrei endete abrupt, als sich die Klinge mit einem Ruck und unter einer regelrechten Blutfontäne aus der Wunde löste. Das Schwert fiel mitsamt Bheneths Arm schwer zu Boden und Ghorhok ging unter einem tiefen Stöhnen in die Knie. Dabei stützte er sich auf dem unter ihm liegenden Bestigor ab, sodass dieser ein Murren von sich gab. Der Bronzehuf atmete schwer und blickte Bheneth mit zittrigen Gliedern für einen langen Moment an. Plötzlich war es viel kälter geworden.


    Graktar hielt inne. Er betrachtete die Szene mit Neugier und einer gewissen Verzückung. Es war kaum zu fassen, wo dieser in Blut und Bronze gehüllte Gor seine Kraft hernahm. Regelrecht perplex musste er mit ansehen, wie der Großhäuptling – trotz all der Torturen, die ihm zuteilgeworden waren – noch einmal seine Axt aufhob, sich daran abstütze, nach oben hievte und schließlich wieder auf eigenen Beinen stand. Und als wäre dem noch nicht genug gewesen, schwang er das schwere Beil – wie selbstverständlich – in weit ausholender Bewegung, um den zu seinen Hufen liegenden Bheneth in die Nachwelt zu schicken.