Pax Vobiscum (40k)

  • (lat.: Der Friede sei mit euch)


    Grau in grau ging der trübe Himmel über in eine Wüste aus Beton und Stahl. Schrottdünen versagten dem Unbedarften zügiges Vorankommen.
    Bombentrichter, spanische Reiter und der süßliche Gestank verbrannten Fleisches taten ihr übriges,
    unliebsame Besucher – wenn überhaupt – nur in überschaubaren, vereinzelten Grüppchen auftreten zu lassen.


    Zu beider Seiten säumte die Straße ein mäanderndes Band, himmelschreiender Ungerechtigkeiten.
    Ein Zerrbild des Schreckens in seiner höchsten Potenz lud ein zum flanieren, machte einen nachdenken und schaudern.
    Ausgemergelte Gestalten krümmten sich in unendlicher Pein,
    die Augen vor blankem Entsetzen ellenweit aufgerissen, den Lebensodem in qualvollem Todeskampf ausgehaucht.


    Die Anbeter der dunklen Götter hatten ganze Arbeit geleistet.
    Zwischen den Geröllhalden an den Straßenlaternen baumelten beulenübersäte Fleischsäcke,
    aufgedunsene, eitrige Klumpen organischen Lebens.


    Die wenigen Zivilisten, denen die Urban-Pioniereinheit 62., des Radeburger Infanterieleibregimentes No.2 noch begegnet war,
    hatte man in grenzenloser Mildherzigkeit dem unfehlbaren Urteil der Götter dargebracht.
    Doch seit einiger Zeit waren jene Glückseeligen ausgeblieben und Leutnant Röbel beschlich der signifikante Verdacht,
    man sei dem Bösen wohl an die Wurzel gerückt.


    Man hatte den Rand der einst pittoresken Altstadt erreicht, aus der sich noch immer rußige Rauchsäulen gen Himmel wanden.
    Schutt und Asche prägten die einst prächtigen Boulevards,
    zeichneten mit spitzer Feder die Gravur des Leids, ritzten mit blankem Griffel Verfall in das weiche Fleisch kunstvoller Blockfassaden.


    Zierbäume waren zu ketzerischen Götzen verkeilt, einst wohlgeartete Diener des Imperators zu grotesken Bildnissen gottloser Barbarei gestapelt.


    Schmucke Geschäftsmeilen hatte man geplündert, Wahrzeichen menschlicher Kultur besudelt,
    Bollwerke der Ordnung geschleift. Mit ihren Gürteln hatte man die diensthabenden Arbitratoren
    an die Fensterrahmen gefesselt, um der schier unwiderstehlichen Ansammlung mordender Kraft, wie sie diesen Irren innewohnte, ein Denkmal zu setzen.


    Ein junger Pyrotechniker hielt dem Schauderspiel nicht länger stand.
    Ein Schwall modergrünen Mageninhalts ergoss sich über olivgraue Tellerminen, welche an seiner Flanke baumelten.



    Kalte, grimmige Böen fegten durch die Trümmer, pfiffen ihre Fuge. Todgeweihte waren wir vom Anfang bis zum Schluss.
    Man hatte uns entsandt (wir waren eine Einheit von fünf guten Dutzend), um die Reststärke des Feindes auszukundschaften.
    Die Schlacht war geschlagen, der Hauptgang abgetragen und doch versprach es ein reichhaltiges Dessert an roher Gewalt zu geben.


    Es war die Schlacht nach der Schlacht, die uns den Schlaf raubte, nicht das monotone Trommeln der Geschütze,
    nicht das Kreischen der Triebwerke, nicht das infernale Krachen der Volltreffer und auch nicht die Schmerzensschreie unserer unglücklichen Kameraden.
    Unergründliche Ungewissheit wie in eben solchen Situationen,
    in denen die entstellte Fratze des ehrlosen Hinterhalts gleich einem Damoklesschwert über einem schwebte.


    Schüsse. ‚Deckung‘, brüllte Röbel. Hektisches Gewusel.
    Die Vorhut mussten auf Widerstand gestoßen sein.
    Nach einigen kurzen Feuerstößen breitete Stille ihren dunklen Mantel über uns aus.
    Nur das leise Knistern der lodernden Feuerchen in den Ruinen zu unserer Linken durchbrach die furchtgeschwängerte Luft.


    Beißender Männerschweiß bildete die Manifestation unserer Angst, der sich anschickte uns ein zweiter Schatten zu werden.


    ‚Kuhn, Kadinsky, Bochthold, sichert die linke Flanke. ‘
    Die angesprochenen spurteten hinter einige Säulen in dem ehemaligen Gemüseladen zu unserer Linken und spähten angestrengt in die graue Ferne.

  • ‚Sir, die Späher.‘
    ‚Was ist, ihr beschissenen Weichflöten? ‘
    Drei sichtlich nervöse Schützen schleppten ein zuckendes Bündel hinter sich her.


    ‚Pfui Teufel, schafft ihn weg. ‘
    ‚Bei allem Respekt, aber er könnte uns behilflich sein. ‘
    Alle Augen ruhten nun auf diesem elenden Stück Mensch, diesem irren Abschaum, diesem
    Exkrement der Dunklen Götter.


    ‚Los sag ihm, was du uns vorher erzählt hast. ‘
    Der Kultist verzog verächtlich seine Fratze und spuckte dem Leutnant ans Hosenbein.
    9 Millimeter Blei und ein hasserfüllter Blick waren die schlichte Antwort.


    ‚Abwischen‘ Röbel hatte dies in stoischer Ruhe gesagt. Emotionslos.
    ‚Was…?‘ Verdutzt blickte ihn der Obergefreite (und somit ranghöchste Späher) an.
    ‚Du dummes Stück Scheiße, was glaubst du eigentlich wer du bist? Kommst mir mit so ner‘ verdammten Kakerlake an,
    die mir auch noch auf die Uniform sabbert. ABWISCHEN hab ich gesagt! ‘
    Die Gesichtsfarbe des Leutnants hatte eine äußerst ungesunde Schattierung bekommen und seine
    Halsschlagader schwoll zu einem pulsierenden Geschwür an seinem Hals an.


    Hastig, den Ernst der Lage nun erkennend, stürzte der Angesprochene auf den Boden und begann
    zu schrubben.
    ‚Er sagte uns sie hätten sich in die Kirche zurückgezogen. ‘


    Röbel schwieg sein frostigstes Schweigen.


    ‚Sie sitzen wie die Ratte in der Falle…‘ stammelte der Schütze.
    ‚Bist du so bescheuert, oder tust du nur so? ‘
    Entgeistert starrte der Mittdreißiger in die versteinerte Mine des Offiziers. ‚Aber…so ein Gelegenheit…‘


    ‚Ich sag dir was. Du bekommst deine Gelegenheit. Kisparsky, Feldham, Westermann begleitet die drei Herren zur Kirche. ‘
    Röbel wandte sich um, dann fügte er feixend hinzu, ‚und immer schön den Gottesdienst besuchen. ‘


    Ich griff nach meinem Tornister, dessen Riemen mir von der Schulter gerutscht war, schnallte ihn fester und rannte hinter Kisparsky her,
    ausgerechnet Kisparsky den blindwütigen Psychopathen.
    Manche sagen er sei noch Jungfrau, andere, er befriedige sich mit seiner Waffe.


    Nach einigen Hundert Metern verlangsamten wir unseren Schritt. Kisparsky war wie eine kampfsüchtige Dogge.
    Das schwere MG hielt er im Anschlag, die Munitionskette ließ er locker über den Arm herabfallen.
    Geduckt schnellte er von Deckung zu Deckung, immer bereit, immer aufmerksam. Wir anderen folgten ihm in einigen Schritt Entfernung.


    ‚Tolle Idee‘ Schnauzte einer der Späher seinen Obergefreiten an.
    ‚Halts Maul, ‘ blaffte der zurück.


    Wortlos schlichen wir durch die trostlose Steppe des Grauens. In dem Gebiet rund um die Bataillonskirche hatte die Artillerie besonders gewütet.
    Versprengte Mauerreste ragten wie kariöse Zähne in den wolkenverhangenen Himmel. Wir wanderten im Schlund des Todes. Jede Sekunde
    mussten wir damit rechnen, dass er sich schließen, uns hinab würgen und unwiederbringlich ins Nirwana befördern würde.


    Ausgefranzt ruhte das barocke Mauerwerk mit seinen bunten, zerschossenen Glasscheiben wie ein geschlagenes Tier zwischen verbrannten Gärten
    und herausgerissenen Kopfsteinpflasterflächen.
    Düstere Klänge, dumpfe unrhythmische Trommelschläge fraßen sich wie Maden in unsere Ohren.


    Wir hatten die Kirche erreicht und alles deutete darauf hin, dass sich die Aussagen des Gefangenen bewahrheiten würden.
    Ketzerische Symbole entweihten die heilige Fassade Imperialer Ordnung,
    Kehrrichthaufen türmten sich neben den eichenen Flügeltüren und einige,
    die ihren Verwundungen erlegen waren, hatte man lieblos in den Schutthaufen verscharrt.


    Der kalte Stein jagte mir einen Schauer über den Rücken. Vorsichtig warf ich einen Blick in das Innere der Kirche.
    Vor dem Altar saßen sie, eine Handvoll Ausgebluteter kauerte um ein kleines Feuer.
    Ihre Waffen hatten sie vor sich auf dem Schoß liegen. Sie mussten mit uns rechnen.
    Doch auch im zerbombten Kirchendach konnte ich niemand sonst erkennen.


    Nachdem wir uns versichert hatten, dass wir nicht schnurstracks in einen Hinterhalt liefen,
    beschlossen wir, die Stellung im Handstreich auszuräuchern. Von der Seitentür aus hatte man freie Schussbahn.


    Der irre Schimmer in Kisparskys Augen war mir schon seit geraumer Zeit aufgefallen.
    Je näher wir unserem Ziel gekommen waren, umso krankhafter wurde sein Ausdruck. Er schnüffelte in der Luft,
    als gelte es seiner Beute zu wittern. Wir hielten gerade unsere letzte kurze Besprechung vor der Tür ab, als er endgültig kollabierte.


    Schaum quoll aus seinem Mund. Blitzschnell war er aufgesprungen, hatte ein Medaillon der heiligen Inquisition aus seiner Tasche gezogen,
    die Tür aufgetreten und mit einem „Pax Vobiscum, Huren Satans!“ schreiend gestürmt.
    Den blanken Stahl in der Hand und völlig verblüfft waren wir ihm gefolgt. Ein Patronenhagel zerfetzte die entarteten Physiognomien der Gottlosen.
    Das MG sog den Munitionsgurt in sein gefräßiges Maul, um ihn in grenzenloser Abscheu wider die dunklen Ausgeburten zu schicken.
    Ihre verpesteten Leiber zuckten in Agonie, doch dem gerechten Zorn konnte keiner entkommen.


    Klirrend, dumpf und Ewigkeiten entfernt hallte das Echo der letzten Zinkhülse die auf den Marmorboden gefallen war, in unseren Ohren nach.
    Zitternd und schnaubend drehte Kisparsky sich zu uns um. Doch nicht Genugtuung, sondern Schrecken sprach aus seinen Zügen, heillose Furcht.
    Wie im Traum wankte ich zu den Opfern unseres Hasses.


    Man hatte sie an den Boden gebunden. Ich riss dem erstbesten die Maske vom Kopf und blickte
    in die glasigen Augen einer jungen Novizin. Die blutigen Strähnen klebten in ihrem elfengleichen Gesicht und um den schlanken Hals ruhte ein Geschmeide.


    ‚Pax Vobiscum.‘

  • Sehr tolle geschichte !!! und wie gewohnt sehr wortgewand ;)
    allerdings muß der otto normal bürger ( so wie ich ) teil´s ein wörterbuch zur hand nehmen !!

    Ein Elf sie alle zu finden ins dunkel zu treiben und ewig zu binden :)



    9000 Pkt Dunkelelfen
    3000 Pkt Skaven
    2000 Pkt Dark Eldar
    4000 Pkt CSM

  • Vielen Dank für die lobenden Worte. ;)
    Ja ich weiß, mein Faible für Sprache ist ... sagen wir, gewöhnungsbedürftig :D und macht die Geschichten nicht unbedingt
    einfacher zu lesen.
    Gibt demnächst auch mal wieder einen Bardensang Teil, muss nur noch drüberkorrigieren.
    (ist allerdings wieder etwas sperrig, da Perspektivwechsel drin sind, umständliche Sprache etc.)