Nachdem in meiner Sammlung dämonischer Herolde definitiv noch ein Herold des Tzeentch fehlt, dachte ich mir, ich tippe mal ein paar Zeilen. Viel Spass beim Lesen. Hoffe es gefällt.
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Es war einer dieser normalen Tage in Reikdorf. Die Sonne stand hoch am Firmament, die Händler boten ihre Waren am Marktplatz feil und jeder wollte den anderen mit seiner Schreierei übertrumpfen. Jeder hatte natürlich nur die besten Waren seiner Zunft anzubieten. Es gab die besten Fische, das beste Hirschfleisch, die besten Schwerter, die besten Rüstungen, die besten Teppiche. Von den nahen Gasthäusern, die sich um den Marktplatz angesiedelt hatten, drangen mittlweile verführerische Düfte nach gebratenem Fleisch mit allerlei Gemüse als Beilage über den Marktplatz und ließen so manchem Marktschreier das Wasser im Munde zusammenlaufen. Der Markt war, wie jeden Tag sehr gut besucht und die Diener der noblen Herren hatten ihre liebe Mühe sich durch das Gedränge zu arbeiten um noch die besten Stücke für ihre Arbeitgeber zu ergattern.
In Mitten des regen Treibens wandelte eine Frau, gekleidet in eine feuerrote Robe, die Kapuze hatte sie nach hinten geschlagen, sodass jeder in ihr Gesicht sehen konnte, welches von einer Mähne dunkelbraunen Haares eingerahmt wurde. Die Frau war nicht besonders hübsch, aber auch nicht zu verachten. Sie schien kein bestimmtes Ziel zu haben und flanierte eigentlich nur so dahin, das Treiben am Marktplatz und der Menschen beobachtend. „Diese seeligen Unwissenden“, dachte Fabiene. „Sie gehen ihrem täglichen Geschäft mit einer Selbstverständlichkeit nach und wissen nichts über die Schrecken der Welt. Wenn sie nur einen Bruchteil meines Wissens hätten, dann würden die meisten wahnsinnig vor Schmerz und Pein. Wie Schafe, die man in einen Stall gesperrt hat, blöken und meckern sie hier herum, nur um ihre Gelüste zu befriedigen. Ich verabscheue sie.“ Mit einem flüchtigen Winken ihrer Hand veränderte sich die Menge vor ihr. Wo sie vorher noch angerempelt wurde und mit fast schon wütenden Blicken bedacht, so hielt nun jeder vor ihr einen kleinen, aber feinen Respektabstand. Fabiene umwehten die Winde der Magie und sie hatte an der Feuerakademie zu Voristan ihr Handwerk gelernt. Sicher, sie brachte es nie zu der Meisterschaft wie ihre Lehrer mit den Flammen umzugehen wussten, allerdings hinkte sie auch nicht zu weit hinter den Jahrgangsbesten hinterher. Sie war gutes Mittelfeld und ihr war eine Anstellung in Reikdorf angeboten worden. Nichts besonderes, sie sollte einen Händler auf seinen Reisen begleiten, denn die Zeiten wurde wieder finsterer und da wollte sich jeder, der etwas auf sich hielt auch gegen die arkanen Kräfte zur Wehr setzen können. Ihr war es recht, denn sie lernte die Welt kennen und hatte sehr viele Freiheiten. So abwechslungsreich sich ihre Aufgabe auch anhörte, einen Geschäftsmann auf seinen Reisen durch die Welt zu begleiten, so langweilig war diese Tätigkeit schlussendlich. Natürlich hatte sie die Haupthandelsrouten des Imperiums schon mehrmals bereist und war auch in das eine oder andere entlegene Dörfchen gekommen, allerdings waren ihre Bedürfnisse nur sehr selten befriedigt worden. Irgendwie sehnte sie sich nach mehr. Es konnte nicht ihr Lebensinhalt sein einem immer fetter werdenden Mann die Hand zu halten während dieser kaum mehr ohne Hilfe aus seiner Kutsche aussteigen konnte. Dennoch verfolgte sie ihre Aufgabe eifrig und zuverlässig.
Freiherr von Elkdorf, wie sich ihr Arbeitgeber hochtrabend nannte, hatte Befehl zum Aufbrauch für die erste Stunde nach Mittag mit seinem Handelstross gegeben. Fabiene blieb daher nicht mehr viel Zeit unbekümmert durch die Straßen der Stadt zu schlendern. Sie sputete sich, um nicht zu spät zu kommen. Von Elkdorf war nicht für seine Geduld berühmt und seinen Arbeitgeber sollte man nicht warten lassen. Erneut brach sie mit ihrem Gebieter und drei vollbeladenen Planwagen in eine ihr noch nicht bekannte Richtung auf, um von Elkdorf noch reicher zu machen. Der fette Mann schwitzte in seiner Kutsche und hatte auch schon das dritte Schweißtuch verbraucht, als er Fabiene zu sich rufen ließ. Die Magierin ritte gemächlichen Schrittes neben die Kutsche und beugte sich zu ihm hinunter, wobei ihr der penetrante Geruch von billigem Parfüm und noch billigerem Fusel, gemischt mit von Elkdorfs Ausdünstungen ihre Sinne nahezu raubte.
„Nun meine Liebe,“ grunzte von Elkdorf, „wie steht es um die Winde der Magie? Werden wir eine sichere Reise haben?“
„Gewiss mein Herr. Unsere Reise steht unter einem besonders guten Stern.“
„Dann ist es gut. Darf ich euch einen Platz in meiner Kutsche anbieten. Hier drinnen ist es wesentlich gemütlicher als auf eurem harten Sattel.“ Gluckste der Händler und fuhr sich mit der Zunge über die feisten Lippen, sodass an seinen Absichten kein Zweifel mehr bestandt.
Fabiene hoffte, dass sie sich den Ekel nicht anmerken ließ und entgegnete: „Das ist zu gütig mein Herr. Aber ich würde meiner Pflicht nicht nachkommen können, sollte ich in eurem Gefährt Platz nehmen. Und ich soll doch für eure Sicherheit garantieren.“ Mit diesen Worten trieb Fabiene ihr Pferd wieder an und setzte sich an die Spitze des Zuges.
Mit Einbruch der Dämmerung erreichten sie einen Gasthof an der imperialen Straße und suchten sich ein Quartier für die Nacht. Nachdem von Elkdorf seinen fetten Körper über die Stiegen nach oben gewuchtet hatte, hörte man ihn wenig später durch die ganze Gaststube schnarchen. Den Wirt störte das offenbar nicht, und sonst waren, bis auf Fabiene und die Angestellten keiner in der Schankstube. Fabiene hatte der Ritt mehr mitgenommen als sie sich eingestehen wollte und sie ging auch bald zu Bett. Sie fühlte sich nicht so richtig wohl, als ob sie kurz davor stünde krank zu werden. Doch hatte sie schon seit Jahren kein Fieber oder eine Erkältung gehabt. Vorsichtshalber nahm sie sich etwas heißes Wasser mit auf ihr Zimmer und tat wohltuende Kräuter hinein. Nachdem sie ihren Tee getrunken hatte, überkam sie ein Gefühl der Mattigkeit und sie entschied sich schlafen zu gehen. Die Kräuter würden sie wieder fit für den nächsten Reisetag machen.
Die Nacht verlief ruhig und Fabiene träumte von ihrer Kindheit, wie sie von ihren Eltern in die Magierakademie geschickt wurde und von ihrer Ausbildung dort. Das waren sie, ihre bisherige Vergangenheit und doch auch ihre Zukunft. Es waren stets angenehme Träume, meist von ihren Verwandten und ihrer Zeit in der Akademie. Doch diesmal war etwas anders.
Die Türme der Zauberschule waren nicht wie gewohnt aus Stein gemacht. Sie waren fast durchscheinend, schillerten dabei allerdings in nahezu allen Farben des Spektrums. Fabiene wollte hingehen und die seltsame Mauer berühren um herauszufinden aus welchem Material genau sie gemacht waren. Doch mit jedem Schritt den sie näher an die Mauer der Türme ging, desto weiter entfernten sich die Mauern. Immer weiter entfernte sich die Akademie von ihr, in einer Geschwindigkeit, dass ihr schon vom hinschauen schwindlig wurde. Sie wollte sich umdrehen und sehen was hinter ihr ist, bemerkte allerdings, dass sie zu keiner Bewegung fähig war. Ihre Füße waren mit der Erde verwachsen. „Nicht so schnell“, ertönte eine Stimme in ihrem Kopf. „Wer bist du und was willst du von mir?“, keuchte Fabiene im Traum. „Wer ich bin ist nicht so wichtig, noch nicht. Viel wichtiger ist, dass ich derjenige bin, der dir deinen sehnlichsten Wunsch erfüllen kann.“ „Meinen sehnlichsten Wunsch? Wie meinst du das? Wer bist du und was willst du von mir?“ „Ich sehe, du bist immer noch auf der Suche nach Antworten, rastlos und verwirrt irrt du durch die Lande, dabei könntest du großes erreichen.“ „Wie meinst du das? Warum sagst du mir nicht endlich wer du bist?“ „Och, du enttäuschst mein Kind. Wer ich bin, weißt du genau. Du selbst warst es, der mich vor Äonen angefleht hat dir zu helfen. Ich tat wonach du verlangtest und nun fordere ich meine Bezahlung.“ „Aber ich habe dich nicht gerufen. Ich habe niemals irgendwen gerufen.“ „Noch bist du zu verwirrt um das alles zu verstehen. Dein Verstand ist noch immer umnachtet von den Lehren der Menschheit. Aber ich bin zuversichtlich, dass du dich von diesen Ketten befreien kannst. Wenn nicht, täte es mir sehr leid.“ Fabiene bemerkte in der Ferne wie etwas auf sie zukam. Es war seltsam, aber es sah so aus, als ob lediglich ein Skelettkopf auf sie zukam. Panisch schlug sie die Hände über ihrem Kopf zusammen und machte sich so klein es eben ging. Kurz darauf raste der Skelettkopf über sie hinweg. Zurück blieb nur hämisches Lachen.
Schweißgebadet erwachte Fabiene. Draußen war es bereits hell geworden und sie musste ihre Gedanken erst ordnen. So einen seltsamen Traum hatte sie zuvor noch nie erlebt. Schnell nahm sie Papier und Feder und setzte einen Brief an ihre Freundin Alexa in der Zauberakademie zu Voristan auf. In dem Brief berichtete sie über den Traum und bat um Hilfe bei der Deutung. Alexa war zwar auch in der Kunst der Feuermagie unterwiesen worden, hatte aber noch zusätzliche Fächer in Traumdeutung und Runenlesen belegt. Wenn ihr wer helfen konnte, dann Alexa.
Da Freiherr von Elkdorf bereits auf sie wartete und die Karawane schon zum Abmarsch bereit stand, trug Fabiene dem Wirten auf, er möge den Brief in die nächste Stadt bringen.
Auch der zweite Tag der Reise verlief ohne Zwischenfälle. Allerdings hatte Fabiene Mühe die Augen offen zu halten. Der Traum von letzter Nacht hatte sie noch nicht vollständig losgelassen. Von Elkdorfs Angebot, bei ihm in der Kutsche Platz zu nehmen, hatte sie erneut ausgeschlagen, denn der fette Mann stank immer noch nach dem billigen Parfum der Huren bei denen er den gestrigen Morgen verbracht hatte. So gut es eben ging machte sie es sich in ihrem Sattel gemütlich, während die Landschaft gemächlich an ihr vorbeizog.
„Ah, ich sehe du hast Sehnsucht nach mir. Was kann ich für dich tun, mein Kind?“ „Wo bist du? Lass dich sehen, ich würde gerne von Angesicht zu Angesicht mit dir sprechen.“ „Och, auf diesen einfältigen Versuch werde ich nicht hereinfallen Gruin. Von dir erwarte ich etwas mehr Taktgefühl.“ „Wie hast du mich eben genannt? Gruin? Ich heiße Fabiene.“ „Das mag der Name sein, den du für dich gewählt hast, allerdings kenne ich deinen wahren Namen, Gruin.“
Erschrocken fuhr Fabiene auf. Sie saß noch immer in ihrem Sattel. Offenbar hatte sie gerade einen Tagtraum. In ihrem Kopf hallte noch immer die Stimme nach. „Bis bald Gruin.“
Fabiene begann an ihrem Verstand zu zweifeln. Vorerst wollte sie ihre Gedanken für sich behalten, bis sich die richtige Gelegenheit ergab in dieser Sache etwas zu unternehmen. Abends in ihrem Quartier kramte sie in ihren Satteltaschen herum. Irgendwo sollte sie noch das Buch über Traumdeutung aus der Zauberakademie vergraben haben. Fabiene hatte noch nie viel Besitz und das wenige was sie hatte, trug sie immer in Griffweite. Sie wollte auf jegliche Unannehmlichkeiten vorbereitet sein. Nach einiger Zeit des Suchens hatte sie den zerfledderten Einband ihres Buches entdeckt und zog es heraus. Besonders viel Sinn für Ordnung hatte sie noch nie gehabt. Sie schlug das Buch auf, bemerkte aber sofort, dass etwas nicht stimmte. Das war nicht ihr Buch. In diesem Exemplar hatte einer der Vorbesitzer in einer krakeligen Schrift Notizen und Anmerkungen gemacht. Die Buchstaben waren schon stark ausgeblichen, weshalb man das Geschriebene nur schwer oder gar nicht lesen konnte. Vorerst war Fabiene aber damit zufrieden überhaupt das Buch gefunden zu haben und kümmerte sich nicht weiter darum. Sie begann in dem alten Buch zu lesen und hoffte eine Antwort auf ihre Fragen zu finden. Doch die Bedingungen waren nicht die besten. Mehrmals musste sie den Kienspan wechseln. Die Wirtsleute hatten offenbar nicht genug Geld sich anständige Kerzen leisten zu können und Fabiene hatte selbst auch keine mehr. Also musste sie sich damit zufrieden geben. Irgendwann, mitten in der Nacht brach sie über dem Buch zusammen und schlief ein.