Kaliber 8,65 (40K)

  • Abend,
    hab mal was Neues ausprobiert, vielleicht gefällts euch.
    Viel Spaß beim Lesen.


    Angestrengt spähe ich durch den alten Feldstecher, doch in dem endlosen Meer aus grau in grau kann ich nichts ausmachen, weder Freund noch Feind.
    Horvath der alte Narr lässt über Funk Klassik laufen und so lausche ich virtuosen Klavieretüden und trotzigem Geigenspiel.
    Abstrakt hebt sich diese Lautidylle von dem grässlichen Vivace des trommelnden Dauerregens ab,
    welcher sich schon seit Tagen wie schwarze Milch aus den Eutern des Himmels ergießt und uns gebärdenreich mit Donner und Blitz
    in diesem Loch aus Dreck und Letten zu ertränken droht.


    Bleischwere Tropfen zerbersten auf der rostigen Eisenempore, die rund um den alten Wachturm führt, tränkt den zähen Stoff meiner Uniform.
    Eisige, schwerfeuchte Luft stößt hinab in meine Lungenflügel, windet sich in mir bis sie als kurzlebiges Dampfwölkchen meinem Mund entflieht.
    So weit das Auge reicht reihen sich Geröllberge an vollgelaufene Bombenkrater und umgekehrt. Schritte. Jemand stampft die wackelige Eisentreppe rauf.
    Zuerst erscheint der Helm, dann der ganze Mann über der Schwelle.
    „Bin die Ablösung.“
    Es ist der junge Rekrut. Ich will ihm was Aufmunterndes sagen, doch mir fällt sein Name nicht mehr ein und deshalb lasse ich es,
    klopfe ihm stattdessen auf die Schulter, wende mich zum Gehen.
    Erschreckend, wie das Gehirn in so kurzer Zeit welken kann.


    Plötzlich ein zuckendes Flimmern über unseren Köpfen. Eine Hand am Geländer recke ich meinen Kopf.
    Wie ein Komet rast ein Flugzeug gen Boden, durchstößt die zähe Wolkendecke und schlägt mit einem apokalyptischen Krachen wenige hundert Meter entfernt auf.
    Entgeistert starren wir uns an.
    Dann geht alles ganz schnell. Waffe von der Schulter. „Mitkommen!“
    „Jawohl, Sergeant.“
    Zwei Stufen auf einmal nehmend stürme ich die Außentreppe hinab. Ein flaues Gefühl setzt sich in meiner Magengegend fest und legt sich wie ein Bleimantel auf meine Brust.
    Quietschend wird das Stahlschott des maroden Luftschutzkellers zur Seite geschoben.
    „Was war das?“
    „Absturz, trommeln sie ihr Team zusammen, “ keuche ich nur „und sagen sie Horvath er soll den verdammten Scheiß ausmachen.“
    Magnioli, der dunkelhaarige Schürzenjäger verschwindet im Dunkel. Wie oft mich dieser gottlose Hasardeur schon zur Weißglut getrieben hat.
    Meine Stiefel versinken im Schlamm. Wasser quillt zwischen meinen Zehen hindurch. Mit dem Fernglas erkenne ich feine Rauchwolken am Horizont.
    Das unruhige Geklimper nagt an meinen Nerven. Endlich kommen Magnioli und ein halbes Dutzend Grenadiere aus der Luke. „Folgen.“
    Wir laufen so gut es geht die überschwemmte Schotterstraße entlang.
    „Wo?“ „Hinter dem großen, wo das alte Pickup vor sich hin rostet.“
    „Was war‘s?“ „Keine Ahnung.“
    „Ich geh mit Gibbons und Frank zwischen dem toxischen Müll, dann können sie uns von der Flanke decken.“ „Freiwillig den Lockvogel geben?“
    „Sie kennen doch mein Motto.“ „Leider…“
    „Immer Vabanque.“


    Seine Sturmmaske zieht verräterische Falten. Nicht zu fassen. Mir geht der Arsch auf Grundeis und er lacht sich einen ab. Stille im Kopfhörer – dem Imperator sei Dank.
    Hätte es auch kaum länger ausgehalten. Krachend rollt der Donner über uns hinweg, lässt die Luft erzittern.
    Durch alte Panzerwracks schlängelnd nähern wir uns der Absturzstelle. Sie liegt etwas versteckt in einer Senke.
    Durch den Druck des Riemens meines Gefechtshelms spüre ich meinen Puls rasen.
    Schnell schlucke ich mein Unwohlsein hinunter, lockere die Schnalle, doch die Angst bleibt, krallt sich zwischen meinen Rippen fest.
    Fast erleichtert werfe ich mich gegen einen ausgebrannten Höllenhund, welcher die direkte Sichtlinie auf das Zielobjekt versperrt.
    „Entsichern, “ keuche ich etwas außer Atem.
    „Rücken vor, “ knarrt es aus dem Kopfhörer im Helm.
    Eigentlich sollte ich heldenhaft voran stürmen, des Imperators Ehre hochhalten, doch bin ich ein vorsichtiger Mensch.
    Manche würden sagen feige, aber das ist falsch. Feigheit und Vorsicht ist so verschieden wie … ach was weiß denn ich.


    „Wir warten bis Magnioli grünes Licht gibt.“
    Die Männer kauern sich aufmerksam die Gegend beobachtend zwischen den Schutt. Trotz der Kälte schwitze ich. Meine Brille beginnt zu beschlagen.
    „Was zur …“ gerade als ich mit meinem dreckigen Ärmel über das neblige Glas wische terrorisiert der Krach von kreischenden E-Gitarren mein Ohr.
    Horvath dieser vermaledeite Zyniker. „Highway to hell.“
    Wenn ich zurück bin lass ich diesen Witzbold straf exerzieren bis er mit seiner geschleckten Machofrisur Bewusstlos im Dreck liegt. Mal schauen wie lustig er das findet.
    „Tom, schau nach wie weit Magnioli ist.“
    Flink hüpft der schmächtige Scharfschütze mit seinem Kaliber 8,65 Repetierer an mir vorbei, sprintet wenige Meter bis zu einer umgestürzten Litfaßsäule.
    Er schreit etwas, doch ich kann ihn nicht verstehen. Genervt werfe ich den Helm hinter mich.
    Blechern schallt es durch die graue Tristesse „I’m on a Highway to hell…“


    „Was?“ „Es ist ne Rettungskapsel. Steckt bis zur Hälfte im Schlamm. Magnioli ist schon fast bei der Luke.“
    „Vorrücken. Steve, rechte Flanke, der Rest mit mir.“
    Kleine Bäche schlängeln sich über mein Gesicht. Der blanke, dunkle Stahl meines Sturmgewehrs liegt schwer in meinen rauen Händen.
    „Tom, du bleibst hier.“ „Ja, Sir.“
    Wir haben etwas mehr als die Hälfte des abfallenden Trichters zurückgelegt.
    ‚Grrrm, grrm, grrrrrrrrrm. ‘
    ‚Ahhh.‘ ‚Grrrrm, grr, grrr, grrrrm. ‘
    Ich hechte hinter eine Blechtonne. „Deckung!“
    Meine Nerven liegen blank. Mehrere Salven zerfetzen die Monotonie des prasselnden Regens.
    ‚Krumm, krummkrumm, krumm. ‘
    „Magnioli, “ brülle ich. Keine Antwort. „Vorsichtig weiter.“


    Die Schüsse sind verstummt. Plitsch, platsch. Nur das Eintauchen der Stiefel ins Wasser. Kimme und Korn sind auf die Kapsel gerichtet.
    Beißender Brandgestank. Eine der Chemietonnen hat Feuer gefangen. Schwarzer Qualm raubt die Sicht. „Näher ran.“ Heftiges Husten links. Gurgeln.
    Meine Pupillen zucken von links nach rechts. Langsam lichten sich die Schleier. Keine Bewegung, nirgends.
    Die Waffe im Anschlag wate ich um die Kapsel. Fast krampfhaft spannen sich meine Fingersehnen. Am Boden ein zerfetzter Körper.
    Vorsichtig knie ich mich hin. Magnioli. Hat sein letztes Vabanque gewagt. Boltermunition, glänzende Patronen im Dreck.
    Die Ausstiegsluke ächzt. Feinde. ‚Ratatam, ratatatatatam. ‘ Es war nichts.
    Mein Herz pumpt. Die Kupferhülsen plumpsen in die Pfütze. Fußstapfen – so groß wie Bratpfannen? Blut schießt durch meine Venen. Mein Hals schnürt sich zu.
    Schüsse. ‚Schtsn, schtsn. ‘ Querschläger.


    Da bin ich hergekommen. Rüber zum blauen Wellblech. Gutes Blickfeld. Gibbons? Verdammt. Kopf runter. „Grrrrrm, grrrrm,grrm.“
    Auf der anderen Seite der Kapsel. Ich sprinte los. Dreck spritzt mir ins Gesicht. Weiter. „Grrrm.“ „Krumm, krumm.“ „Schtsn, krumm.“
    Ruhe. In Deckung hinter einem Panzerkreuz. Ich spähe – keine Bewegung.
    Kaltes Gusseisen. „Frank?“ Keine Antwort. Kurz verschnaufen. Durchatmen.
    „Pfltsch, pfltsch.“ Jemand kommt auf mich zu. „Frank?“ Meine Stimme ist brüchig. „Pfltsch.“
    Keine Zehn Meter. Jetzt oder nie. Drehung, Waffe im Anschlag. Schock, Starre.
    Die glimmenden giftgrünen Augen eines Stahlmonsters, die Boltermündung direkt auf mich gerichtet.
    Ich schlucke, jegliche Kraft weicht aus meinem Körper.
    Spitze Stacheln brechen aus seiner Rüstung hervor, gewundene Hörner krönen seinen Helm.
    Dunkle, grobgliedrige Ketten prangen über seiner schwarzen Brust. Kurz scheint er ebenso überrascht wie ich,
    dann schwemmt kehliges, blechernes Lachen aus seiner Maske. Sadistisches Glucksen. „Schtsn.“


    Stille. Der linke Sehschlitz ist zerschossen. Mit einem dumpfen Glucksen fällt sein Leichnam vornüber und versinkt im Schlamm.
    Tom und ich trotten zurück. Spähposten 43/16. Vielleicht begraben wir sie Morgen.
    Vielleicht regnet es auch noch Wochen so weiter, dann können wir uns die Arbeit sparen.
    „Schade um Magnioli.“ „Schade um Magnioli, “ seufze auch ich.
    ‚Pfltsch, pfltsch…, ‘ machen die Stiefel im Matsch.

  • Interresante Story, ich hätte nur gerne gewusst wer die Angreifer mit der Rettungskapsel waren, die Verteidiger waren sicher das Imperium, Angreifer vermute ich das Chaos. Richtig??
    Aber die Geschichte ist richtig klasse.

    3000 Punkte Echsenmenschen
    In Reserve: Khemri und Chaos Space Marines

    Suche Gegner im Raum Worms, für Warhammer Fantasy.

  • Unglaublich die Imps wurden mal nicht inden Boden gestampft ^^
    sehr interresante geschichte ! Der Chaosspacemarin starb vermutlich durch die geschoße des Scharfschützen deshalb der name der geschichte oder ?
    Allerdings glaube ich langsam, in meinem Haushalt wird ein Fremdwörter Lexikon gebraucht z.B. habe ich keine ahnung was : "Vabanque" heist...
    vermutlich irgendwas mit risiko oder so ne art tanz am abgrund...
    Auf jedenfall wieder ein kleines meisterwerk aus deiner Tastatur ;)

    Ein Elf sie alle zu finden ins dunkel zu treiben und ewig zu binden :)



    9000 Pkt Dunkelelfen
    3000 Pkt Skaven
    2000 Pkt Dark Eldar
    4000 Pkt CSM

  • Schleicher: richtig. Um genau zu sein ist es nur ein verirrter Chaosmarine, was aber in der Geschichte nur etwas Vage angedeutet wird.


    Mnementh: Danke erstmal :) Jup, der Scharfschütze macht den Kill. Keine Sorge, Vabanque kannte ich zwar als Begriff,
    musste die genaue Bedeutung aber auch nochmal nachschauen.
    (v. franz. va banque = „es gilt die Bank“, sinngemäß ein riskantes Unterfangen, bei dem man alles aufs Spiel setzt, in dem Sinn auch Vabanquespiel)


    Gruß