Ich bin weder klug noch weise, weder groß noch stark, nicht hässlich, wenn auch kaum schön, Reiter, Kämpe, doch Ritter nennt Ihr mich zu unrecht.
Fatal ist meine Lage, mein Leben eine Lüge. Ein verlorener Fatalist. Übel hat sie mir mitgespielt, jene, welche des Schicksals Zügel in ihren zierlichen Fingern hält,
fester als kein Oger es je vermag. Jene Regentin der Tümpel, der Wiesen, Himmel, Sträucher – Pferdeherrin, Mutter aller Ritter und Rösser, Fürstin über Bretonia.
Oh Zürnende, wieso sandtest du mich auf irrigen Pfaden? Jede Windung ein Prüfstein, Verlockung gleich süßen Blüten,
umkränzt von giftigen Dornen. Bin ich denn geboren einzig um zu straucheln? Vermessenheit ward zum Schatten meiner Fersen,
Hochmut zum seidenen Saume der mich hüllte, Gier die Feder meines Treibens. Kaltschaudernd blicke ich zurück.
Allein es war der Fluch des Blutes, welcher mich zu Boden zwang. Lanze und Schild, sie täuschten mannigfach die würdigen Herren,
doch niemals noch erwuchs der edlen Eiche Stamm aus Sand und Stein. So ward auch mein Geist zu schwach, sündig wurde das Fleisch und der Fall,
ein Sturz aus schwindelerregender Höhe, er traf mich jäh.
Nun jedoch möchte ich danken gleichviel ich zürne, jenen, welche als Waisenkind mich in ihren Reihen nährten und lehrten.
Es waren die würdigen Herren von la Maisontal zu gleichen Teilen Amme und Henker, denn was sie mir an Liebe und Bildung angedeihen ließen,
ward zum Grundstein meines Verhängnisses. Nur ihre Unterweisungen im Kampf mit Bogen, Schwert und Lanze,
ja ihr allzeit höfischer Umgang machte mich nach dem verbotenen schmachten.
Ritter wollte ich sein! Ein dreckiger Bauernlümmel? Welch Anmaßung!
Mit lahmem Klepper und stumpfer Klinge zog ich aus die Welt zu retten, das Böse vom Antlitz Bretonias zu bannen,
doch bannte ich es desto mehr in die Kammern meines Herzens. Die widerlichen Kreaturen zu tilgen legte ich die Lanze ein,
doch schuf ich die schlimmste über all dem Schlachten in mir selbst. Ich fühlte mich auserkoren Moral und Zucht zu sähen,
doch war ich bald auf den Hund gekommen und erntete nichts als Leid.
Es hatte einen guten Anfang genommen. Vor Valpurin erschlug ich ein halbes Dutzend Orks im Schlaf, brachte Recht und Ordnung in das korrupte,
von Unzucht geplagte La Mirage, befreite die Frau des Gildenmeisters Franc Guilbert de Fontainelle – dann befiel mich Laster.
Der Freiherr Domenec de Mirabaut – mein Ruf trug Schuld, er eilte schon von Ohr zu Ohr – rief mich auf seine Burg. Beeindruckt von meinem Tun
hielt er mich naturgemäß für einen Spross ritterlicher Ahnen und so ward mir die erste Lüge in den Mund gelegt. Fortan focht ich in seiner Gnaden Gefolge
als Thimonec de Mirabaut, da meine Herkunft ich im Dunkeln ließ.
Tapfer stritt ich für meinen Herrn, den Pflichten eines Ritters Rechnung tragend.
Nun geschah es eines Tages, dass ich an einen abgelegnen Weiler kam – allein – wie es das Schicksal wollte. Da hörte ich schon von weitem ein Wehklagen.
Der alte Bauer und seine junge Frau, sie waren leichenblass. Ein Monster hatte ihren Stier gerissen. Der Fährte folgte ich im nu,
erschlug auch jenen Troll. Voll Überschwang zeigte sich der Bauer da, brachte Wein, holte Wurst und wir zechten bis tief in die Nacht. Da schlummerte er ein.
Der Teufel will's. Was strahlten der Dirnen Augen so hübsch. Was leuchteten ihre Backen errötend im Flammenwiderschein. Was wogte ihr üppiger Busen.
Was glänzten die Lippen so feucht. Saperament, so lüstern war ich nimmer mehr. Ich zerrte das Weib in die Stube, riss ihr die Kleider in Stücke
- sie war willig, wir trieben es. Sie keuchte, sie stöhnte, da stand der Bauer wutschnaubend im Rahmen der Tür. Ich erwürgte ihn mit bloßen Fingern.
Der Mann wurde kalt, aschfahl das Gesicht, die Frau - ich brach ihr die Beine und ließ sie weinend zurück.
Tagelang durchstriff ich endlose Wälder, zernagt von Zweifel und Schuld. Schließlich kam ich zurück an den Hof meines Herrn, schweigsam, kalt,
zur Sühne nicht fähig, denn meine Eitelkeit erlaubte mir weder Fehl noch Tadel. Ich konnte nicht fehlen! Ich war die Moral, die jüngste Instanz.
Es irrt nur der Schwache, doch wähnte ich mich stark und ging noch gestärkt aus diesem Fall hervor. Härter war mein Urteil und so richtete meine Klinge
zahlreiche bäurische Halunken. Die Faulen, welche die Felder nur lausig bestellten. Die Hochmütigen, welche sich nicht bis zum Boden vor mir verneigten.
Die Frohsinnigen, die Narren, die Alten und Kranken. Furcht gereichte mir zum Ruhm. Der Gipfel meiner Macht war zum Greifen nahe,
als ich mich in einer weiteren Schlinge der Vorsehung verfing.