10. Big Trouble Maker Cup
„Sie haben die Zelle also endlich öffnen können?“
Ira Maximov stellt die Frage, noch ehe sie sich bedächtig vom Schrein der ewigen Wacht an Bord der Certamen Decem erhebt und sich langsam umdreht. Ihr samtener Umhang fällt wallend über ihre mit Schutzrunen überzogene Rüstung und das Licht ferner Sonnen, welches durch die Spitzbogenfenster der Kapelle fällt und die Weihrauchschwaden durchdringt, lässt den doppelköpfigen Adler auf ihrer Brust sanft erstrahlen. Ehrfürchtig schlägt der Quartiermeister die Augen nieder und senkt respektvoll seinen Kopf, bevor er antwortet.
„Ja, Inquisitorin. Wie er es vorhergesagt hat, schwangen die Türflügel seiner Kammer am zehnten Tag auf und die Wächterservitoren gewährten uns Einlass. Doch was wir vorfanden, war ein einziges Chaos.“
„Vorsicht, Quartiermeister Desyat,“, blitzen die Augen der strengen Frau auf „das ist ein gefährliches Wort, das Sie so leichtfertig benutzen.“
Warnend sieht sie ihn an, während sich ihre Lippen zu einem schmalen Streifen zusammenziehen.
„Verzeihung, Inquisitorin, ich wollte sagen, Ashratons Refugium war ein einziges Durcheinander. Es sah aus, als hätte er vollends den Verstand verloren.“
„Was habt Ihr erwartet, Quartiermeister? Ashraton war ein Astropath, er empfängt Botschaften aus den endlosen Weiten des Imperiums. Selbst ich kann mir kaum vorstellen, was es nach so vielen Jahren seines treuen Dienstes mit seinem Geist angestellt haben mag, immer nur die Bruchstücke einer Geschichte zu hören, die er nie vollständig verstehen wird.“
„Diesmal vielleicht schon“, murmelt Desyat mehr zu sich selbst, also zu der Inquisitorin. Doch der Aufmerksamkeit einer Vertreterin des Ordo Haereticus bleibt kaum etwas verborgen. Der scharfe Blick ihrer grünen Augen legt sich bohrend auf ihn.
„Wie meint Ihr das?“
„Verzeiht, Inquisitorin, als wir Ashraton fanden, lag er inmitten seiner Kammer umgeben von unzähligen Blättern voll von Zeichnungen, Kritzeleien und kruden Notizen. Seine Fingerkuppen waren völlig aufgelöst. Es scheint, als habe er zehn Tage lang ununterbrochen geschrieben. Als ihm die Blätter ausgingen, hat er auf den Wänden, dem Boden und selbst der Decke weitergeschrieben. Es mag purer Frevel sein, doch nicht einmal vor dem Adler des Imperiums hat er Halt gemacht. ‚Das Universum ist im Gleichklang‘ stand dort immer und immer wieder geschrieben.“
„‘Im Gleichklang‘? Was bedeutet das?“
„Ich weiß es nicht, Inquisitorin. Doch es scheint, als habe Ashraton seine Visionen aufgeschrieben und ihnen einen Sinn entlocken können. Zumindest vermuten wir das. Denn er hat sie mit Linien, Runen und Zahlen verbunden, ähnlich einer Sternenkarte.“
Andächtig hallen ihre Schritte durch die reliefverzierte Kapelle, als Ira Maximov bedächtig auf ihn zugeht und erst dicht vor ihm wieder zum Stehen kommt. Obgleich sie ein wenig kleiner als der Quartiermeister ist, wirkt sie mit dem Strahlenkranz des Imperiums um ihr Haupt und dem schlanken Energieschwert an ihrer Hüfte anziehend und bedrohlich zugleich. Ihre gepanzerte Hand berührt sanft das Kinn des Quartiermeisters und hebt seinen Kopf an, bis er gezwungen ist, in ihre wissbegierigen, grünen Augen zu schauen.
„Erzählt mir alles!“
Schweiß perlt auf Desyats Stirn, als dieser zunächst stotternd, dann aber immer schneller und flüssiger zu sprechen beginnt.
„Ashraton hat neun, augenscheinlich zufällige Begebenheiten aufgeschrieben. Doch irgendwie scheinen sie alle miteinander verbunden zu sein. Mehr noch, wir haben inzwischen genügend recherchiert, um festzustellen, dass wir sämtliche seiner Aufzeichnungen verifizieren können.
Er berichtet von Lord Tabana aus der zehnten Mephrit-Dynastie, jener techhäretischen Kreaturen, die wir als Necrons kennen. Dieses Wesen ist in Besitz der Mewu-Steine gekommen, uralten Datenengrammen, die eine bestimmte Sternekonstellation für seinen Aufstieg vorhersagen. Kurze Zeit später dominierte er den Herrschaftsbereich der Mephrit-Dynastie, nur um dann mitsamt seiner Flotte abzureisen. Sein Ziel ist unbekannt.
Der zweite Bericht handelt von Sefulu Bolshoy, einem dreimal verdammten Chaoshexer im Diensten von Lord Ulahan auf Epsylon 5. Zehn seiner engsten Akolythen soll er geopfert haben. Er hat ihnen blasphemische Runen in die Kehlen geritzt, bis diese verbluteten. Noch während sie starben, öffnete er ihnen die Brustkörbe, löste ihre Rippen und faltete sie Schwingen gleich nach außen, bis die Opfer Geiern ähnelten, die sich an blutigem Aas vergangen hatten. Währenddessen sprach er ununterbrochen von einem großen Aufbruch, der da kommen mag. Es heißt, der Himmel des Planeten verfärbte sich Purpur und die Sonne habe grüne Tränen geweint.
Der riesige Waaagh von Warboss Bozrog gegen die Exodytenwelt Vada fand ein jähes Ende, als der große Ork eigenhändig einen Exarchen der Feuerdrachen und neun seiner Krieger mit seiner Keule erschlug. Der Warboss fasste sich an den Schädel, als grüne Funken aus seinen Augen blitzten. Die längst überwältigten Eldar ließ er völlig verblüfft zurück, stieg mit seinen Mobs in seinen Space Hulk und ward nie wieder gesehen.
Eine Splitterflotte der Tyraniden hatte im Duzy-System schon zehn Planeten verschlungen. Doch gerade als sie unserer letzte Verteidigungsbastion angreifen wollten, hielten sie inne und änderte völlig unerklärlich ihren Kurs hin zu diesen Koordinaten.
Auf Deca Grande wird gerade ein Soldat der Imperialen Armee von der Inquisition verhört. Mitten im Gefecht begann er sich unter großem Geschrei die Augen auszukratzen und behauptete immer und immer wieder die Zahl Zehn zu sehen. Zehn Schritte vom Schützengraben bis zur feindlichen Linie. Zehn Bäume, die einen Leman Russ Kampfpanzer vor seinen Gegnern schützen sollte. Zehn Kugeln, die seine Kameraden benötigten, um einen Mutanten zu erschießen. Egal wohin er ging, er konnte der Zahl Zehn nicht entkommen.
Ein Abgesandter der Wasserkaste erschien auf Hattu Sieben und erbat sich zehn Gaben, als Vorbedingung für Friedensverhandlungen. Als Gegenleistung, so gelobte er, seien die Tau bestrebt, an der Seite des Imperiums zu kämpfen in einer Schlacht, die sie die große Herausforderung nannten.
Auf Doh-On führten die Truppen der Votann einen erbitterten Krieg gegen die Legionen des Adeptus Mechanicus, bis auf dem größten Kontinent des Planeten zehn Supervulkane gleichzeitig ausbrachen und die Armeen beider Seiten von einer Feuersbrunst vernichtet wurden. Der Planet galt bis dahin als stabil.
Die Prognosticare der Grey Knights auf Titan haben sich zu einem zehnmonatigen Konklave zurückgezogen. In dieser Zeit haben sie gefastet und meditiert. Danach wurde ein beträchtlicher Teil des militärischen Arms des Ordo Maleus mobilisiert, und auf eine unbekannte Mission geschickt.
Auf Dasham wurden in zehn Städten des Imperiums Kulte der Genestealer aufgespürt und ausgeräuchert. Als der letzte der Xenos dem Feuer übergeben wurde, ertönte auf dem ganzen Planeten eine Stimme, die die Bewohner der Städte zum Aufbruch und zu Heldentaten aufrief. Zehn Tage später brach die planetare Gouverneurin Isabelle Kumi mit dem zehnten Teil der Planetaren Verteidigungskräfte auf, um sich auf eine, nach ihren Worten, gewaltige Mission voller Ruhm und Glorie zu begeben.“
Desyat stoppt seine Erzählung und sieht die Inquisitorin mit unschlüssigem Blick an. Seine Hände sind fahrig und er ist sichtlich unruhig, als er ihre Reaktion abwartet. Doch Ira Maximov schüttelt nur den Kopf und blickt danach erneut den Quartiermeister an.
„Es ist seltsam. In all diesen Geschichten dominiert eindeutig die Zahl Zehn, ansonsten vermag ich darin keinen erkennbaren Zusammenhang zu entdecken. Und dennoch sind es lediglich neun Berichte, die uns Ashraton hinterlassen hat. Das erscheint mir so … unvollständig.“
Der Quartiermeister muss schwer schlucken, bevor er ihr antworten kann. Mit zittrigen Fingern zieht er einen blutbeschmierten Zettel hervor, auf dem etwas mit einer nahezu unlesbaren Schrift notiert ist. Das Blatt raschelt wie Espenlaub, als er es der Inquisitorin reicht.
„Es gibt noch eine zehnte Notiz und alle Linien jener Berichte, waren mit dieser einen Botschaft verbunden. Es erweckt den Anschein als glaubte Ashraton, dass all jene Ereignisse hiermit verknüpft sind, als ob es das Ziel jener Phänomene ist, als ob alles darauf ausgerichtet ist. So als wäre das Universum im Gleichklang“
Mit prüfenden Blick schaut die Inquisitorin Desyat an, während sie das Blatt entgegennimmt.
„Worauf genau ausgerichtet? Was meint ihr?“
„Lest selbst“, bedeutet ihr der Quartiermeister und nickt ihr auffordernd zu.
Bedächtig studiert die Inquisitorin den blutverschmierten Zettel. Erst nach einer ganzen Weile hebt sie wieder ihren Kopf und zieht ihre feingeschwungenen Augenbrauen zusammen.
„10. Big Trouble Maker Cup? Was soll das sein?“ Ihre Augen scheinen ihn nun förmlich zu durchbohren, so als wolle sie seine Gedanken lesen.
Doch Desyat schüttelt ehrlich den Kopf.
„Ich weiß es nicht, Inquisitorin.“
Da verändert sich der Blick von Ira Maximov. Ihr Gesicht nimmt nun jene Züge an, die dem Quartiermeister die meiste Angst einjagen und ihm den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Die Inquisitorin ist neugierig geworden. Der schmale Streifen ihrer Lippen formt sich zu einem nachsichtigen Lächeln.
„Quartiermeister, sicherlich habt ihr, genauso wie ich, die Koordinaten dieser Botschaft bemerkt. Worauf wartet ihr also noch? Lasst einen Kurs setzen!“
Was: 10. Big Trouble Maker Cup – Koblenz
Wo: Haus der offenen Tür in Koblenz-Metternich
Wann: SA 11.10.2025
Gruß
ProfessorZ