Eine Legende aus den Wäldern von Hochland
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TRAID !!!
Wald der Gottlosen
Prolog
Schwüle Hitze, der bittere Geschmack von Kupfer auf der Zunge, und ein süß fauliger Geruch von verwesendem Fleisch. Dies sind die ersten Eindrücke, die Rasmus Sommestad nach seinem Erwachen wahrnehmen kann. Seine rot blonden Haare von Blut der vergangenen Schlacht verklebt und die Augen zu engen Schlitzen angeschwollen, kauert er gefesselt auf matschiger Erde. Schemenhaft huschen Schatten ab und an vorbei. Das blöken und wiehern, das überall um ihn zu Hören ist, und das er vor dem Kampf noch verspottet hatte, schüren nun seine Furcht vor dem Tod. „Werde ein Teil der Miliz! Schütze deine Familie - diene dem Wohl von Hergig!“ dies waren die Worte des Offiziers. Und nun verspottete sein Verstand ihn mit jenen Worten.
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Es müssen zwei, vielleicht drei Monate her sein, dass eine Truppe der Miliz bei Sommestad Hof vorbei kam. Sie wollten Proviant für den Marsch, um die Lagerbestände bei den nördlichen Außenposten mit Munition aufzufüllen. Rasmus zählte nun schon 17 Sommer und der alte Per Lundin - Hauptmann der Miliz von Hergig - verpflichtete ihn mit ihnen zu kommen. Es sollte eine leichte Aufgabe werden und er konnte sich so ein wenig Sold verdienen. Die Ernte war bereits vor Tagen eingeholt und seine drei Brüder waren alt genug um den Rest noch zu erledigen. Sein Vater voller Stolz - seine Mutter mit Tränen in den Augen - und Brüder, die die Truppe noch einige Minuten mit Jubelschrei begleiteten. Dies sind die letzten Bilder seiner Familie. Ausgerüstet mit dem Schwert seines Vaters, dieser selber auch lange Jahre ein Teil der Miliz, und in den neuen Kleidern der Miliz folgte er im stetigen Marsch der Truppe. Die Kleidung war solide. Sie bestand zum größten Teil aus Leinen, Wolle und Jute in eichenbraun und saftigem Grün gefärbt. In Schritt, Knien und Schulter mit einfachem Kuhleder gepolstert, sorgte es für einen angenehmen Marsch. Er fühlte sich in der Truppe wohl, viele von ihnen waren nur wenige Jahre älter als er, einige sogar noch jünger. Per Lundin zählte allerdings schon über 30 Sommer. Seine Erscheinung sorgte von Natur aus für Respekt - er überragte die Meisten mit einer ganzen Kopflänge und sein breites Kreuz sorge für eine stattliche Figur. Seine Haut von der Sonne gebräunt wie gegerbtes Lammleder, war mit unzähligen Narben übersät. Ein Zeichen, dass er nicht nur einmal gegen die Horden des Chaos und ihre Jünger bestandet hat.
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Es war die fünfte Nacht nach dem Aufbruch vom letzten Außenposten zurück Richtung Heimat. Die Jäger hatten einen Eber erlegt und es wurden sogar einige Metschläuche verteilt. Da die Truppe ihre Aufgabe sauber und in angemessener Zeit erfüllt hatte, war Lundin einverstanden mit einem Fest zu Ehren Taal´s , und viele der Miliz bedankten sich beim Feuerschein für das gute Fleisch und warfen eine Kupfermünze in den Wald. Alle der hier zwanzig Mann versammelten würden davon für einige Tagereisen satt werden. Ein jäher Aufschrei, aus Schmerz und Angst geboren, ließ Allesamt verstummen. Einige griffen zu den Waffen, Andere zitterten angesichts des erdrückenden Gefühls am ganzen Körper. Fackeln wurden verteilt und die Männer in zu je fünf Mann aufgeteilt. „Ari Vänskä ist nicht da, Hauptmann.“ Es dauerte nicht lange und das tiefe Horn erklang in der Nacht. Ari wurde am Bachufer gefunden, mit runter gelassenen Hosen in seinen Exkrementen liegend, sein Bauch war vom Bauchnabel bis zum Brustkorb aufgeschlitzt. Seine Eingeweide noch festhalten lag er da, sein Gesicht zu einer Fratze des Entsetzens verzerrt. „Hauptmann – Spuren - hier drüben!“ Lundin folgte den Rufen und bückte sich um die Spuren genauer anzusehen. „Zurück ins Lager! Packt soviel wie möglich vom Eber ein, wir schlafen abwechselnd! Sechs Mann zur Nachtwache - keiner geht alleine“. In den folgenden drei Nächten verloren sie noch weitere fünf Männer. Am Tage huschten die ängstlichen Blicke durch die Wälder, nachts weinten sich die Jüngeren in einen unruhigen Schlaf. Der Vollmond schob sich langsam über die Waldlichtung, die an diesem Abend als Lagerstätte diente. Die Männer hatten ihre Zelte dicht aneinander aufgestellt und bildeten einen Kreis. Einige vom Schlaf übermannt, Andere in stille Gebete vertieft. Lundin gesellte sich zu Rasmus und Hannes, die für diese Nacht die Wache übernahmen. „Hauptmann, wisst ihr wer oder was da draußen lauert?“ der Hauptmann starrte in die Dunkelheit des Waldes, seine Augen zeigten Aufmerksamkeit aber keine Spur von Furcht. „Wer weiß schon welche kranken Wesen dieser Wald beherbergt? Aber ich befürchte es wird bald zum Kampf kommen. Es ist nicht nur ein Wesen, das sich mit unserem Blut und Fleisch den Magen voll schlagen will.“ Rasmus erstarrte ob der direkten und gleichermaßen barbarischen Antwort. „Finden wir deshalb von Niilo und Markus Holopainen keine Spur, weil..weil..“ Lundin vergrub sein Gesicht in einer Hand. „Ja Rasmus.. weil sie vermutlich verspeist wurden. Die Spuren lassen mich das schlimmste fürchten. Tiermenschen - niedere Kreaturen des Chaos. Sie versuchten nicht mal sie zu verbergen. Sie testen uns und unsere Stärke und schwächen uns mit diesen niederträchtigen Morden.“ In dieser Nacht schlief Rasmus nicht - zu schrecklich waren die Vorstellungen - verspeist von einem Gottlosen Tier.
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Die Sonne tunkte den Morgen in warmes rot, der Wald lichtete sich bereits und das saftige Grün der Wiesen war zu sehen. Alarmsignal - einer der Späher musste etwas entdeckt haben. „Aus dem Wald aufs Feld - leichte Formation!“. Mit einer festen Stimme, wie eine Glocke der Hergig Kirche, donnerten die Befehle durch den Wald.
Die Männer, dicht an dicht mit gezückten Waffen, beobachteten die Gegend und warteten auf die Rückkehr der Späher. Miska Nissilä, ein junger Jägersohn, rannte wie vom Teufel gejagt aus dem Wald. „Sie kommen! Bitte helft!“. „Wie vom Teufel“ - diese Worte waren vielleicht zutreffender, als den Männern lieb war.
Sie waren groß, zotteliges Fell fiel von ihren Häuptern, Rücken und Läufen. Die Brust die eines Menschen, doch der Rest.. verzerrte Wesen, halb Mensch halb Ziege oder Schaf. Es waren sieben oder vielleicht neun - die Schatten der Wälder verbargen womöglich noch mehr. Ihre Augen vor Bosheit und Blutgier entflammt, starrten sie auf die kleine Truppe. „Es sind zu wenige..“, murmelte Lundin. „Haltet Stellung - Fünf-Mann-Reihen!“ Die folgenden Sekunden waren unwirtlich und fühlten sich wie vereist an, beide Parteien warteten auf den ersten Schritt der anderen. Hufgetrampel erklang aus westlicher Richtung. „Das müssen die Reiter von Hergig sein - wir sind gerettet!“, schrie einer der Männer. Vom Eifer des Einen angestochen, brüllte die Mannschaft nun den Wesen am Waldrand die übelsten Beschimpfungen entgegen. Lundin erhob seine Waffe: „Vorrücken - wir greifen an!“. Die Langbüchsen schossen eine Salve. Erst Einer, dann zwei - wie Mehlsäcke fielen diese Wesen um. Durch ihre Wut schienen sie zu ignorieren, wie viele von ihnen fielen. Nun kamen sie aus ihrem Versteck - mehr als ein Dutzend dieser Bruten rannte mit erhobenen Schwertern, Keulen und Äxten auf die Miliz zu. Der blanke Hass auf ihre widerlichen Gesichter gezeichnet. Ein Handgemenge, von Schmerzensschreien erfüllt, entstand.