Ich poste mal eine Analyse des Armeebuches Tiermenschen, die ich gerade für meinen Blog schreibe
Man mag Games Workshop ja einige Dinge vorwerfen können, aber sie haben zumindest Tradition. Seit den letzten 8 Armeebüchern hat sich sogar eine neue Tradition entwickelt: Rechtschreibung, die selbst einen Grundschüler beschämt.
Dies war mein erster Gedanke beim Lesen des aktuellsten Armeebuches aus dem Hause der Miniaturen- und Regelgurus. Kaum eine Seite, auf der nicht irgendein Buchstabendreher, ein vergessener Buchstabe oder gar ein grammatikalischer Fehltritt auftaucht.
Da es in diesem Artikel allerdings in erster Linie um die regeltechnischen Dinge des bestialischen Buches geht, möchte ich die Rechtschreibung an dieser Stelle nicht weiter kommentieren.
Was mir bereits auf der ersten Seite des Bestiariums auffiel, war die Änderung der Hinterhalt-Regel (nun "Tiermenschenüberfall"). War es früher noch möglich, den Gegner von allen Seiten anzugehen, funktioniert dies nun leider nur noch mit starken Einschränkungen, da für jede versteckte Einheit eine mindestens ebenso große Einheit das Spiel auf normalem Wege beginnen muss. Durch den Wegfall der besonderen Halbplänklerformation (es gibt nur noch eine plänklende Einheit im Armeebuch) geht ein großer Teil des einstigen Spielgefühles verloren.
Stattdessen sind die Tiermenschen nun eine Armee aus starken Einzelmodellen geworden. Dem einen Spieler mag das gefallen, dem anderen nicht. Ich gehöre zur letzteren Gruppe.
Neu hingegen ist die Urwut-Sonderregel, die potentiell Hass in jeder Nahkampfphase erlaubt und die Gors (inklusive Ungors und Bestigors) gegen gleichwertige Einheiten durchaus gefährlich machen kann. Besonders profitieren hiervon allerdings die (Groß-)Häuptlinge, da man sie ohnehin schon zu wahren Nahkampfmonstern machen kann.
Nun aber zu den einzelnen Einheiten:
Häuptlinge und Großhäuptlinge
Für sich allein genommen bietet das Profil ein nettes Nahkampfpotential, ohne dabei jedoch an die wahren Experten in diesem Bereich ranzukommen (auch wenn nicht viel fehlt). Erst die Ausrüstung verschafft ihnen hier einige Vorteile, aber dazu später mehr. Erfreulich ist, dass nun auch Helden auf Streitwagen fahren dürfen.
Die Sonderregel Menschenfluch ist nett, aber meist nicht mehr als ein kleiner Bonus gegen die entsprechenden Völker.
Sturmbullen und Todesbullen
Hier hat GW definitiv "ein wenig" über die Strenge geschlagen. Ein einzelnes Modell, das selbst ohne Ausrüstung mit 6 Attacken (Raserei) sowie Kampfgeschick und Stärke jeweils 6 zuschlägt und dabei noch eine Zusatzattacke pro gewonnenem Nahkampf bekommt, erwirkt ein bestialisches NIMM-MICH-MIT-Brüllen im Verstand jedes Spielers. Für wenig Punkte an Ausrüstung nimmt dieses Modell selbst einen Sternendrachen auseinander und freut sich über einen weiteren gewonnenen Nahkampf (und die daraus resultierende Bonusattacke). Besonders in einer Einheit Minotauren (dazu später mehr) wird solch ein Modell lächerlich stark.
Schamanen und Großschamanen
Zum Profil muss nicht viel gesagt werden: Standardgemäß ist es für den Nahkampf eher ungeeignet (wobei die meisten anderen Zauberer noch schlechter aussehen). Die Lehre der Wildnis ist hier allerdings von großer Bedeutung und ich bin froh, dass sie gelungen ist.
Der Bestiensturm ist ein netter taktischer Zauber, der zwar nicht für Angriffe genutzt werden kann (das wäre auch etwas zuviel des Guten bei einem eintauschbaren Spruch), die Horde aber schnell vorwärts treiben kann.
Gezieferschwall ist leider etwas zu speziell, um allgemein nützlich zu sein. Die hohe Anzahl an Treffern beeindruckt zwar erstmal, aber ein Großteil davon verfliegt, sobald es an die Verwundungswürfe geht. Durchschnittlich ergeben sich gerade mal knapp 3 Verwundungen (gegen Widerstand 3 oder 4), die oftmals noch durch Rüstungswürfe abgefangen werden. Bei einer Komplexität von 7+ eindeutig zu wenig.
Instinkte wecken hingegen kann durchaus brauchbar sein, wenn man mitten in den feindlichen Linien steht (und ein Schamane auf Streitwagen ist häufiger mal genau dort anzutreffen). Dass der zauber allerdings abhängig ist vom Moralwert des Gegners, macht ihn nur begrenzt einsetzbar.
Urschrei könnte mit der kommenden 8. Edition viel Reiz gewinnen (alle berührten Modelle werden getroffen; Atemattacken auch im Nahkampf durchführbar). Dass er nicht an den Zauberer selbst gebunden ist, sorgt unter Umständen für eine böse Überraschung beim Gegner.
Aufbegehren hat das Problem, dass er, ähnlich wie Gezieferflut, nur gegen bestimmte Gegner seinen Nutzen hat. Dass diese Zielgruppe sich allerdings erheblich von der Flut unterscheidet, kann sowohl Vor- als auch Nachteil sein. Ein Schamane mit beiden Sprüchen ist zwar flexibel, hat allerdings einen unnützen Spruch, wenn es gegen spezialisierte Gegner geht.
Der Mantel des Ghorok macht aus dem Schamanen ein wahres Nahkampfmonster, allerdings leistet ein (Groß-)Häuptling mit dem Schwert der Macht in etwa dasselbe, ist sicherer und muss nicht erst einen Zauber mit Komplexität 13+ wirken, um im Nahkampf bestehen zu können. Wenn es sich anbietet, ist dieser Spruch nützlich, aber er ist kein Muss.
Die Herrschaft der Wildnis verschafft dem Tiermenschenspieler ein weiteres großes Monster und kann somit die Stärke der Armee enorm steigern. Das Dilemma hierbei ist nur, dass der Spruch effektiv ein später nicht bann- oder auflösbarer Bleibt-im-Spiel-Zauber ist, wodurch ein Großschamane sein gesamtes Magiepotential opfert, solange die Bestie lebt. Ein normaler Schamane hingegen kriegt diesen Spruch (zumindest in der 7. Edition) kaum durch.
Gor
Viel gibt es zu den Gor nicht zu sagen. Sie bilden eine solide Kerninfanterie, allerdings ist (wie bereits zuvor angemerkt) der Wegfall ihrer besonderen Formation sehr schade, macht es diese Einheit doch irgendwie uninteressant.
Bestigor
Es wird in letzter Zeit oft kritisiert, dass die Bestigor zu schwach und zu teuer sind. Dem kann ich mich nicht unbedingt anschließen. Immerhin reden wir hier über eine Einheit mit Stärke 4 und Zweihandwaffen, die potentiell in jeder Runde ihre Trefferwürfe wiederholen dürfen und sich durch eroberte Standarten "aufpushen".
Besonders mit der 8. Edition wird diese Einheit einen enormen Aufschwung erleben.
Ungor und Ungor-Plünderer
Eigentlich eine durchschnittliche Einheit, wäre da nicht der recht geringe Moralwert. In meinen Augen sind sie leider einen Punkt zu teuer (beide Varianten) und dienen wohl nur als günstige Kerneinheitenfüller (zumindest noch in der 7. Edition). Gerade die Ungor-Herde hat enorm an Attraktivität verloren, da sie nun einfach nur eine Einheit mittelmäßiger Kämpfer mit leicht unterdurchschnittlichem Moralwert sind.
Chaoshunde
Chaoshunde sollen eigentlich einen Störfaktor für den Gegner bilden und Kriegsmaschinen zu jagen, allerdings haben die Tiermenschen einige Einheiten, die sowas deutlich effizienter erledigen. Ihr einziger Nutzen liegt darin, rasende Truppen abzuschirmen, aber auch dort verlieren sie mit der 8. Edition an Bedeutung. Über die Optionen sollte man gar nicht erst nachdenken.
Minotauren
Eindeutig die Matchwinner des neuen Buches, allerdings geht ihre Effektivität zum Teil schon ins Lächerliche. Durch die Sonderregel Blutgier steigt ihr Potential in solche Höhen, dass irgendwann niemand mehr gegen sie bestehen kann, besonders mit einem Sturm- oder gar Todesbullen in ihren Reihen. Hier hat GW in meinen Augen eindeutig übertrieben. Dass sie in der 8. Edition noch besser werden, tut dem keinen Abbruch.
Tuskor-Streitwagen
Ein Streitwagen als Kerneinheit, ohne dass es dafür irgendwelche Beschränkungen gibt? Klasse - Natürlich nur aus Sicht des Tiermenschenspielers. Es gab in einem sehr frühen White Dwarf mal einen Artikel über die Wirksamkeit von Streitwagen im Verhältnis zu ihren Kosten. Dabei wurden verschiedene Tests durchgeführt (normaler Angriff auf eine Einheit; Bewegung und Angriff unter Beschuss und dergleichen). Der Tuskor-Streitwagen hat diesen Wettbewerb seinerzeit gewonnen (allerdings war dies noch in der 5. Edition). Auch heute zählt er zu den besten Streitwagen im Spiel und wäre bei anderen Völkern mit Sicherheit in der Elitesektion.
Nett in dem Zusammenhang ist übrigens, dass man reine Streitwagenarmeen aufstellen kann. Ob dies in der 8. Edition noch viel Sinn macht, ist nicht ganz sicher, aber Stil hat es allemal.
Gnargor und Gnargor-Streitwagen
Noch eine Tradition von Games Workshop: Fehlt einem Volk etwas Starkes, wird es einfach erfunden, ganz gleich, wie seltsam es wirkt (siehe Höllengrubenbrut der Skaven). Der Gnargor setzt dies fort. Er mag regeltechnisch effektiv sein, aber der Hintergrund wirkt an den Haaren herbei gezogen und das Modell sieht aus wie ein Dschungelbuch-Pumba, der gerade beim Sex gestört wurde.
Centigor
Bisher eine meiner Lieblingseinheiten - Und glücklicherweise hat sich daran nichts geändert. Nicht zu stark, nicht zu schwach und leicht chaotisch - So sollte es sein!
Harpyien
Der erste Punkt, der mir hier aufgefallen ist: Im Armeebuch sind endlich mal wieder nackte Brüste zu sehen! Vielleicht hat Games Workshop erkannt, dass es wenig glaubwürdig ist, den Moralapostel zu imitieren, wenn man 14 (?) Spiele entwickelt hat, die sich ausnahmslos um Krieg und Blutvergießen drehen (und bevor irgendwelche Kommentare kommen: Ja, ich weiß, dass das tittenfreie Gehabe mit dem amerikanischen Markt zusammen hängt). Regeltechnisch gibt es an den Haryien nichts auszusetzen. Sie stören, sie jagen Kriegsmaschinen - Und beides recht zuverlässig. Einzig die Option auf Kundschafter erscheint ein wenig fragwürdig, da die Harpyien sowieso fliegen und schnell dort sind, wo sie sein wollen.
Chaosbruten
Für meinen Geschmack waren Chaosbruten immer etwas zu unberechenbar, um ernsthaft in Betracht zu kommen. Dass die Tiermenschenvariante keine Male erhalten kann, verstärkt dies nur noch ein wenig. Allerdings könnte die zufällige Bewegung mit der 8. Edition nicht mehr ganz so tragisch sein, da der Angriff von da an grundsätzlich (viel zu) zufällig ist.
Zygor, Ghorgor, Grinderlake, Riese
Ich fasse diese vier Einträge mal zusammen, da sie alle das gleiche grundlegende Aufgabengebiet haben: Den Nahkampf. Die Unterschiede bestehen nur in der Art der Nahkampfgegner und den "Zusatzeffekten". Der Zygor ist ideal gegen magielastige Armeen, der Grinderlake kann auf dem Weg dorthin noch ein paar Verluste verursachen (speziell gegen moralschwache Gegner) und der Ghorgor soll einfach nur unsubtilen Schaden anrichten. Der Riese ist im Gegenzug eine spaßige Bereicherung, wenn auch ziemlich unzuverlässig (wenn man also eine spezielle Aufgabe hat, sollte man auf einen der anderen drei großen Jungs umsatteln)