Tabletop-Hobby-Fotografie mit Focus-Stacking

  • Alle zwei Jahre wieder gilt es, mit meiner Fachschulklasse bei den fotografischen Multi-Shot-Techniken, neben Panoramen, HDR und 360° Produktaufnahmen, die Möglichkeiten und Grenzen des Focus-Stacking zu vermitteln und auszuprobieren. Da sich dafür als Versuchsobjekte insbesondere kleine detaillierte Objekte mit interessanter Tiefenstruktur und Oberfläche eignen, liegt es nahe, dass ich hier das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden kann und mir Zeit nehmen kann, ein paar Warhammer-Modelle zu fotografieren.


    Also hab ich mir eine 5D Mark II mit nach Hause genommen, meine Höllenglocke und mein Todesrad ausgepackt und am Fenster ein provisorisches Studio eingerichtet: Zwei große Pappen als Hintergrund und ein weißes Papier als Aufheller. Die Mark II auf's Stativ und zur Farbkontrolle die guten alten Kodak-Color-Patches rausgekramt, da ich leider vergessen hatte, auch einen ColorCheckerPassport zur Kamera zu packen.


    :O Ich hatte eigentlich ein Foto vom Aufbau mit meiner Samsung EX-1 gemacht, aber irgendwie ist die Datei nicht lesbar - nunja, passiert.


    Die Mark II steuerte ich verbunden über USB mit meinem Notebook mit Hilfe des "Canon EOS Utilities" ein ausgesprochen nützliches Programm, was man gratis zur EOS-Kamera dazu bekommt.
    Dieses bietet den Vorteil, dass man die Fokussierschritte kontrolliert über Tasten steuert und nicht an den viel zu empfindlichen manuellen Fokussierungen herumalbern muß.


    Ach ja: Vielleicht weiß der ein oder andere nicht, was Focus-Stacking überhaupt ist? Und vor allem, was der ganze Hassel soll?


    Also das ist so: Wie Ihr sicher schon bemerkt habt, sind unsere schönen Warhammer Modelle auf den meisten unserer Fotos nicht komplett scharf von vorn bis hinten, sondern nur in einem engen Bereich, den man Tiefenschärfe (meinetwegen auch 'Schärfentiefe') nennt. Die Tiefenschärfe ist leider besonders bei Nahaufnahmen, also, wenn man Kleines Groß aufnehmen will, besonders klein.
    Das geht technisch leider nicht anders und muss erstmal so hingenommen werden.


    Focus-Stacking ist nun eine Methode, trotzdem ein komplett scharfes Modell zu bekommen.
    Und das geht so:


    1.) Man fokussiert zunächst auf entweder den vordersten Punkt des Modells oder auf den hintersten; ich nehm immer den vorderen, weil das bequemer ist. Dann macht man sein erstes Foto.


    2.) Dann verlegt man die Schärfe ein kleines Stck nach hinten. Entweder dadurch, dass man ein kleines bisschen mehr nach hinten fokussiert oder in dem man die Kamera (auf einem Einstellschlitten!) um einige Millimeter vorwärts bewegt. Dass sie Kamera dabei natürlich auf einem Stativ stehen muss, versteht sich von selbst. Dann macht man sein zweites Foto.


    3. Schritt 2 wird so lange wiederholt, bis man am hintersten Punkt des Modells angekommen ist.
    Man hat dann einige Fotos, je nach konkreter Situation zwischen so 5 und 20.


    4. Die Bilder werden in einem RAW-Konverter wie Lightroom beschnitten, will meinen überflüssiger Hintergrund weg. Anschliessend als *.tif-Datei exportiert.



    Hier die Bildersammlung in Lightroom.



    5. Dann kommt Helicon Fokus oder Photoshop ins Spiel. Helicon Focus finde ich persönlich viel besser steuerbar und schneller, aber Photoshop geht zur Not auch, wenn man es ohnehin schon hat.
    In einem der Programme werden die Fotos dann automatisch miteinander verrechnet und so 'überblendet' dass nur die scharfen Bildanteile übrig bleiben.



    Hier Helicon-Focus bei der Arbeit.



    6. Voila: Das Modell ist nun - wenn alles gut gegangen ist - von vorn bis hinten scharf.
    Dann vielleicht nochmal die Tonwerte etwas korrigieren, entsprechend Geschmack nachschärfen und fertig.



    Die fertige Glocke...




    ... und das Rad.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

    2 Mal editiert, zuletzt von antraker ()

  • Wow, das ist wirklich saugut. Ich finde es schon sehr beeindruckend was man noch so aus den Minis rausholen kann wenn man sich mit Fotografie und Bildbearbeitung auskennt.
    Das ist wirklich ganz großes Tennis antraker, ich ziehe vor dir alle imaginären Hüte die mir zur Verfügung stehen.


    By the way, die Minis sind klasse bemalt, Doppeldaumen nach oben!

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  • Wow, unglaublich wie gut die Teile aussehen. Kompliment. Das du dich mit Fotografie auskennst hat man ja in nem anderen Post schon bemerkt :D Aber das ist echt genial. Wieviele Bilder machst du für eine 3D-Aufnahme?

    Universal Battle: Aemkei81


    9k Druchii
    8k Khemri

  • By the way, die Minis sind klasse bemalt, Doppeldaumen nach oben!

    Merci!


    Eine Sache muss ich in deisem Zusammenhang zugeben: Diese (ja doch recht großen) Modelle bekommt man auch so halbwegs durchgehend scharf ohne das Stacking-Verfahren hin.
    Allerdings muss man dann mit eher kurzen Brennweiten arbeiten, was mMn der 'Geometrie' der Modelle nicht so gut bekommt.

    Wieviele Bilder machst du für eine 3D-Aufnahme?

    Bei den Beispielen sind es so 12 Aufnahmen.
    Ich hab hier mit Blende 4.0 oder 5,6 gearbeitet, was einfach der Tatsache geschuldet war, dass ich mit Tageslicht fotografiert hab und die ISO-Zahl nicht hochdrehen wollte (ihr wisst schon: Rauschen). Mit Blende 11wären wesentlich weniger Aufnahmen notwendig gewesen, aber ich wollte mich ja wieder mal in das Verfahren einarbeiten.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

  • Sehr intresssante Sache. Danke das du das einmal reingestellt hast.
    Leider fehlen mir die Programme in Sachen digitale Bildbearbeitung.


    Höhere Werte für Blende sollten eigentlich kein Problem sein, dies kannst du ja durch eine längere Belichtungszeit ausgleichen, zumahl ein Stativ hier ja keine Probleme mit sich bringt, da Tabeltop Modelle normalerweise nicht davonlaufen. Mit einer Vollformat DSLR sollte eine 1600 ISO eigtlich nichtmal auf einem DinA3 Ausdruck zu bemerken sein.
    Was mich jetzt noch intressieren würde: was für ein Objektiv benutzt und mit welcher Brennweite wurden die Photos dann aufgenommen?


    Die Fernsteuerung ist geil ich spiele gerade damit rum.


    Ist es notwendig die bilder in RAW Format aufzunehmen?


    Ok mein Eyperiment ist gestartet die bilder sind gemacht, wenn auch mit recht improvisierten Zubehör.

    Wir sind die Söhne Grungrines: Ein einzelner von uns ist ein unnachgieber Fels in der Brandung, eine Armee von uns ist ein unerschütterlicher allem trotzender Berg und unser Volk ist ein Gebirge, das ganze Zeitalter überdauert.
    5000p Zwerge: Die Felsen in der Brandung


    Wir sind die Legionen der Sühne, wir sind vom Imperator ausersehen um die Menschheit vor den Xenos zu beschützen und den Befelen des Löwen zu folgen.
    3000p Dark Angels: 1. und 3. Kompanie der Legion der Sühne

    2 Mal editiert, zuletzt von Borek Hammerschlag ()

  • Nur im RAW-Format sind alle nötigen Bildinformationen vorhanden. JPG hat für diese Art der Bildverarbeitung schon wieder zu viele Fehler und fehlende Informationen; ganz zu schweigen von den Fragmenten.

    Alles für den Schwarm! Und mehr für mich! :P


    Tyraniden 1000P/100 % bemalt
    Gruftkönige 1000P/100 % bemalt/Erweiterung um 500P geplant

  • Hab grad den Titel gelesen und nicht vermutet, dass das ein so schnikes Ergebnis birgt.


    In der Theorie stell ich mir das FS durch die extrem kleine Schärfeebene bei Makros sehr schwierig vor.
    Hast du noch die Möglichkeit einzelne Modelle abzulichten ?


    Mit welchem Objektiv hast du gearbeitet und mit nem Stativ is die ISO doch wohl klar oder darf ich noch theoretischen wissen beisteuern ?



    mfg
    Snottie

  • Leider fehlen mir die Programme in Sachen digitale Bildbearbeitung.

    Wenn Deine Kamera RAWs machen kann, kannst Du Lightroom durch die Freeware RawTherapee ersetzen.


    Ist es notwendig die bilder in RAW Format aufzunehmen?

    Nicht unbedingt.
    ISt aber die logische Konsequenz, wenn die Kamera RAWs kann, dann sollte man sie bei Aufnahmen, wo man ohnehin viel Zeit investiert auch benutzen.


    Höhere Werte für Blende sollten eigentlich kein Problem sein, dies kannst du ja durch eine längere Belichtungszeit ausgleichen,

    Aus irgend einem (mir erstmal unerklärlichen Grund) wollte die Fernsteuerung keine Belichtungszeiten länger als 1/30 zulassen.


    Mit einer Vollformat DSLR sollte eine 1600 ISO eigtlich nichtmal auf einem DinA3 Ausdruck zu bemerken sein.

    Das bliebe auszuprobieren, ob das durchaus vorhandene Rauschen die Verrechnung der Ebenen nicht stört. Bei hohen ISO-Werten springt ja die interne (oft ziemlich brutale) Rauschunterdrückung des Kameraprozessors an.


    Mit welchem Objektiv hast du gearbeitet

    Canon EF 24-105 L IS USM. Brennweite 45mm also ziemlich exakt Normalbrennweite.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

  • Ah, noch jemand der sich für Fotografie interessiert! Nice.... Sag mal, was mich interessieren würde: ich hab mir die EXIF-Daten n deinem Post angeschaut, aber mit was für einer Brennweite bzw. Mit was für einer Blende würdest du denn bei normalen Infanterie-Modellen arbeiten?
    P.s. Irgendwas stimmt auch mit der nachgereichten Datei nich...?! ?(

    Ein guter Waaghboss braucht 2 Gehirnzellen: eine für die Kampfeslust und eine für die Kampfeslist! :xD:

  • In der Theorie stell ich mir das FS durch die extrem kleine Schärfeebene bei Makros sehr schwierig vor.
    Hast du noch die Möglichkeit einzelne Modelle abzulichten ?

    Ja. Gern.
    Habe ich heute morgen mal gemacht und unten kommen die Ergebnisse.
    Eigentlich wollte ich mich ja davor drücken, denn wenn man von 30mm Figuren Fotos macht und diese dann in 5-facher Größe am Bildschirm anschaut, wird jeder Malfehler und jeder 'vergessene' :O Gussgrat doppelt schlimm.
    Nunja, also hier ein 40er und zwei 20er Infanterie-Modelle:



    Ein fertig gemalter Rattenoger leider noch ohne Basegestaltung.

    • Canon EOS 5D Mark II
    • 24-105mm 4.0 L IS USM
    • Brennweite: 105mm
    • Belichtungszeit: 1/40
    • Blende: 8.0
    • ISO: 400
    • gestackt aus 13 Einzeleaufnahmen mit Helicon Focus Methode B (Tiefenkarte)

    Zum Vergleich eines der mittleren Einzelbilder, also das, was man ohne die Stacking-Technologie an Tiefenschärfe bekommen würde:





    Mein heißgeliebter Tchokkitt Tchorch


    • Canon EOS 5D Mark II
    • 24-105mm 4.0 L IS USM
    • Brennweite: 105mm
    • Belichtungszeit: 1/40
    • Blende: 8.0
    • ISO: 400
    • gestackt aus 11 Einzeleaufnahmen mit Helicon Focus Methode B (Tiefenkarte)

    Zum Vergleich eines der mittleren Einzelbilder, also das, was man ohne die Stacking-Technologie an Tiefenschärfe bekommen würde:





    Und mein nicht ganz fertig gemalter Armeestandartenträger Trizk Trippelkralle.


    • Canon EOS 5D Mark II
    • 24-105mm 4.0 L IS USM
    • Brennweite: 70mm
    • Belichtungszeit: 1/30
    • Blende: 8.0
    • ISO: 400
    • gestackt aus 12 Einzeleaufnahmen mit Helicon Focus Methode B (Tiefenkarte)

    Zum Vergleich eines der mittleren Einzelbilder, also das, was man ohne die Stacking-Technologie an Tiefenschärfe bekommen würde:


    Mit was für einer Blende würdest du denn bei normalen Infanterie-Modellen arbeiten?

    Ich hab jetzt mal Blende 8.0 genommen um bessere Abbildungsqualität zu erreichen (die alte "2 Blenden abblenden!"-Regel).


    P.s. Irgendwas stimmt auch mit der nachgereichten Datei nich...?! ?(

    Naja, mit der Datei schon, aber die Dropbox war wohl zu langsam mit dem Upload und ich musste dann ja pünktlich los.
    Nun sollte es aber geladen sein.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

    Einmal editiert, zuletzt von antraker ()

  • Antrakter, wieso hast du ne ISO von 400, wenn du doch mit Stativ arbeitest ?


    Weil, wie oben bereits erwähnt, die Kamera über Fernsteuerung nicht länger als 1/30 belichten will und ich Blende 8 benutzen wollte und morgens um halb sieben die Sonne eben noch nicht so eine hohe Beleuchtungsstärke liefert.
    Außerdem wollte ich überprüfen, ob man, wie oben behauptet, höhere ISO-Zahlen bei Profi-Vollformat-Kameras wirklich nicht sieht.


    --


    Nebenbei kann man aus Helicon-Focus noch als Abfallprodukt mehr oder weniger ( :D ) gelunge Versuche einer pseudo-3D-Animation herausholen, die Ich Euch auch nicht vorwnthalten will:


    Todesrad


    Trizk


    Rattenoger


    Tchokkitt

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    2 Mal editiert, zuletzt von antraker ()

  • Weil, wie oben bereits erwähnt, die Kamera über Fernsteuerung nicht länger als 1/30 belichten will und ich Blende 8 benutzen wollte und morgens um halb sieben die Sonne eben noch nicht so eine hohe Beleuchtungsstärke liefert.
    Außerdem wollte ich überprüfen, ob man, wie oben behauptet, höhere ISO-Zahlen bei Profi-Vollformat-Kameras wirklich nicht sieht.

    Das hab ich wohl überlesen :)
    ISO 400 sind für die 5D peanuts. Interessant wirds ab ISO 3200, evt. auch schon 1600 was ich aber nicht glaube.

  • Das "längstens 1/30 Sekunde"-Problem konnte ich gestern mit Nadja Wehling Trainerin bei der Canon Academy Deutschland diskutieren und ausprobieren.
    Die Ursache liegt wohl in dem Live-Bild-Modus: Die Kamera macht im Live-Bild-Modus 30 fps. Logisch, dass eine Einzelaufnahme dann eben nicht länger sein kann.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

  • Klingt nach nem Softwarefehler ?


    Nein, definitiv nicht.
    Wenn der Live-Bild-Modus im Utility deaktiviert ist, kann man alle Verschlusszeiten einstellen bis 30 Sekunden.


    Schaltet man eine DSLR auf Live-Bild, agiert diese nicht mehr wie eine Fotokamera sondern eher wie eine Videokamera. Das heißt, der Aufnahmesensor liefert einen kontinuierlichen Datenstrom, bei fast allen Kameras/Chips mit 30 Bildern pro Sekunde. Längere Verschlusszeiten sind dann eben nicht möglich, das erscheint mit klar zu sein. Darüber, wie kürzere Verschlusszeiten möglich werden, werde ich mit einem ehemaligen Foto-Medien-Fach-Schüler, der nun ebenfalls bei Canon Deutschland arbeitet in den nächsten Tagen mal fachsimpeln oder andere Wissensquellen anzapfen.


    Als mit 'richtigen Filmkameras' ausgebildeter Tonmeister hab ich die Video-Funktionen der DSLR bisher immer etwas belächelt und nicht wirklich erforscht. Aber nun, denke ich, fange ich damit mal an.

    "Machen" ist eigentlich wie "Wollen" - nur krasser!

    • Offizieller Beitrag

    Also das ist ziemlich beeindruckend. 8o


    Nicht nur was die Methode angeht, sondern auch die Ausgangsqualität Deiner Minis.
    Ich hab mich bisher immer damit begnügt, mit abgeblendetem Objektiv die Tiefenschärfe zu erhöhen, was zu einem relativ befriedigendem Ergebnis geführt hat. Kamera aufs Stativ, Selbstauslöser aktiviert, wenn ich mal keine Lust auf den Kabelkram hatte und los gehts.


    Meine Canon EOS 450D ist weit einfacher als die EOS 5D, arbeitet aber auch sehr gut mit den Utilities.


    Ich werde wohl mal etwas Zeit investieren und sehen, ob ich das umsetzen kann.


    Herzlichen Dank für diesen Top-Beitrag! :)


    Gruß


    Gaston