Unter dieser unheilschwangeren Überschrift erreichte mich soeben eine private Nachricht, die mich zum Überlegen brachte. Kern dieser PN war die Frage, ob all die alten Hasen mittlerweile untergegangen sind in der Flut neuer, teils sehr junger User und ob dadurch das Niveau der Beiträge beständig sinkt. Da ich noch keine Erlaubnis habe, die Nachricht öffentlich zu machen, werde ich sie noch nicht reinstellen. Wird aber notfalls editiert
Meine Antwort lautete wie folgt:
ZitatAlles anzeigenOriginal aus meiner Privatnachricht
Es ist mir auch aufgefallen.
Allerdings ist das immer so: Man gewöhnt sich an die Leute, die beim Anmelden dabei sind (und deren Namen man zu dem Zeitpunkt häufig sieht). Die neuen User hingegen sieht man eher als Anfänger, Spammer und dergleichen. Diesen Eindruck behält man dann auch, selbst wenn er falsch ist (es tauchen hier immer wieder neue User auf, deren Beiträge ich gut finde).
Die alten Hasen hingegen verschwinden langsam, da sie in ihrem Privatleben viele Dinge zu erledigen haben und nicht mehr soviel Zeit für das Hobby finden.
Speziell in diesem Forum kommt allerdings hinzu, dass GW mttlerweile eine junge Zielgruppe anspricht, die durch ihr Alter sowie WoW und Co. einen ganz anderen Blick für das Hobby haben und daher eher an harten Listen und Regeldebatten interessiert sind.
Ich überlege gerade, ob ich mal einen Thread aufmachen soll, der diese Thematik beinhaltet. Wenn du nichts dagegen hast, setze ich deine PM als Einleitung rein
Nun, dies war ein erster kurzer Erklärungsversuch. Wenn ich näher darauf eingehe, stelle ich folgende Dinge fest:
Der durchschnittliche neue User in diesem Forum ist in dem Tabletophobby noch nicht allzu erfahren und kennt die Wechsel der verschiedenen Warhammer-Editionen nicht. Er hat Nagash nie auf dem Schlachtfeld erlebt (Armeebuch Untote - 4. Edition), kennt nicht die teils skurrilen Profile früherer Tage (3. Edition), hat nicht den Wechsel von charaktermodelllastigen Armeen zu Regimenterkämpfen mitbekommen (5. Edition zur 6. Edition) und kann sich mit Sicherheit auch keine kämpfende Slannarmee vorstellen (war das die 2. Edition?). Er kennt genauso wenig die Qualität früherer White Dwarfs (die tatsächlich mehr waren als überteuerte Werbeflyer) und konnte niemals die klassischen Spielberichtserien zwischen Andy Chambers und Jervis Johnson genießen.
Außerdem ist er verhältnismäßig jung, da Games Workshop mittlerweile eine Zielgruppe anspricht, die eigentlich Besseres zu tun hat, als an sonnigen Sommernachmittagen in der Bude zu sitzen und Miniaturen zu bemalen. Diese Altersgruppe hat oftmals nicht das Verständnis und die Geduld für dieses Hobby. Das ist keineswegs böse gemeint (immerhin sind wir alle mal so gewesen). Es ist vielmehr normal, dass man mit 14 Jahren dieses Hobby als eine Art "World of Warcraft" mit verdammt realistischer Grafik auffasst und es dementsprechend erfolgsorientiert ausübt.
Um jedoch den neuen/jungen Usern mal einen Eindruck zu vermitteln, was Warhammer zu meinen Anfangszeiten bedeutete, starte ich mal eine gedankliche Reise in die Vergangenheit:
Wir befinden uns im Dezember 1994. Ein sehr guter Freund (im Übrigen auch heute noch), mit dem ich unzählige Stunden vor dem Super Nintendo und manchmal sogar vor dem C64 verbracht habe, kommt mich besuchen und erzählt mir etwas von einer Zeitschrift. Wir ziehen also los, nachdem ich mein Taschengeld zusammengekratzt habe. Nach ca. 20 Minuten Fußweg kommen wir in den Zeitschriftenhandel und er führt mich zielstrebig zu einem bestimmten Ort in den prall gefüllten Regalen. Beinahe erfürchtig ergreift er eine Zeitschrift, die sich "White Dwarf" nennt (Nr. 7, falls es interessiert) und neben der Zeichnung eines seltsamen, glockenähnlichen Konstruktes und vieler aufrecht gehender Ratten eine kleine graue Masse (eine skavische Klanratte) auf dem Cover beherbergt. Ich kratze die happigen 5 DM zusammen und gelange damit an meine erste GW-Miniatur überhaupt (technisch gesehen allerdings nicht ganz korrekt, da ich bereits Hero Quest und Star Quest gespielt habe - zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, dass die Miniaturen vom selben Hersteller sind). Vorsichtig packe ich meine neue Errungenschaft in einen Beutel und gehe nach Hause. Dort angekommen erwartet mich bereits mein Vater (meine Eltern sind geschieden und er kam immer kurz vor Weihnachten zu Besuch). Mit leuchtenden Augen betrachte ich den White Dwarf und zeige ihm bei jeder Gelegenheit all die tollen, bunten Miniaturen. In seinem Kopf schwirren sicherlich Gedanken wie "typisch für das Alter", aber er mimt Interesse und zeigt dabei eine Geduld, die ich selbst erst Jahre später erlange.
Kaum ist er weg, renne ich in mein Zimmer, entferne vorsichtig die Plastikhülle inklusive Miniatur und stürze mich auf die Zeitschrift. Sofort bin ich gefesselt von der Geschichte über die Entstehung Skavenblights. Als ich dann sehe, wie einfach es scheinbar ist, die Miniaturen mit Farbe zu versehen, mache ich mich sofort auf, um einige Revellfarben zu kaufen (dafür gebe ich den gesamten Rest meines Taschengeldes aus).
Das gesamte Wochenende verbringe ich damit, liebevoll mein ersten Modell zu bemalen. Währenddessen kommt der früher erwähnte Freund zu Besuch und ist so begeistert von meinen Malkünsten, dass er die Miniatur unbedingt haben möchte, wenn sie fertig ist und mir dafür sogar Geld anbietet. Dies wird also mein erster (und nebenbei bemerkt auch mein bisher einziger) Malauftrag. Ich nehme mir eine leere Zigarettenschachtel meiner Mutter, um den Skaven am Montag unbeschädigt mit in die Schule bringen zu können.
Die Blicke der Lehrer bei der Übergabe der Zigarettenschachtel vor versammelter Klasse und ohne jegliche Heimlichkeit zaubern mir im Übrigen auch heute noch ein Lächeln ins Gesicht
In den nächsten Tagen beratschlage ich mit dem besagten Freund dann, wie unsere erste Bestellung aussehen soll. Wir beschließen dabei, zusammen eine Skavenarmee aufzubauen.
Mehr als Beschlüsse kommen dabei allerdings nie raus.
Kurz darauf folgt dann der White Dwarf Nr. 8.
Auf dem Cover befinden sich seltsame, bunte Viecher (Tyraniden). Auch dieser wird mit Leidenschaft von mir verschlungen (hier traf ich übrigens das erste Mal auf einen langhaarigen, psychopatisch wirkenden Mann - Andy Chambers).
Für Fantasy erscheint das Chaos. Sofort werfe ich alle bisherigen Pläne über Bord und entschließe mich beim Anblick von Aekold Helbras (besonderes Charaktermodell) dazu, dem Chaos zu huldigen. Glücklicherweise ist mein Entscheidungswille nicht ausgeprägt genug, so dass ich bis zum White Dwarf Nr. 10 immer noch keine Bestellung getätigt habe.
Dann sehe ich die Dunkelelfen. Hier stimmt einfach alles: Miniaturen, Hintergrund, Feeling. Ich fasse den unverrückbaren Entschluss, mir sofort Dunkelelfen zu bestellen. Angetan haben es mir die Krieger und der Zauberer (ja, er war männlich - heutzutage unvorstellbar). Diese werden diesmal sofort telefonisch angefordert, bevor ich zögerlich werden kann.
Die Tage darauf vergehen quälend langsam, bis endlich ein unscheinbarer Zettel im Briefkasten ist, der besagt, dass auf dem Postamt ein Paket mit einer Summe von ca. 35 DM für mich angekommen ist. Meine Mutter bezahlt die Lieferung widerwillig (sie musste mitkommen, da ich noch keinen Ausweis hatte) und schon auf dem Weg nach Hause schaue ich mir die Miniaturen an. Meine Mutter kann währenddessen gar nicht fassen, dass sie soviel Geld für gerade mal 11 Miniaturen (damals bestanden die Plastikboxen noch aus 10 Kriegern) ausgegeben hat.
Die nächsten Jahre vergehen. Neben einem Editionswechsel (4. zur 5. Edition), einer kleinen Bretonenarmee (aus der damaligen Grundbox) und vielen Spielen gegen meinen kleinen Onkel (die Bezeichnung kommt, weil er tatsächlich 32 Tage jünger ist als ich) und seine Waldelfen sowie gegen meinen (ebenfalls jüngeren) Bruder mit seinen Untoten (eine seltsame Armee, bestehend aus 10 Skeletten und fast ebenso vielen besonderen Charaktermodellen) passiert eigentlich nichts weiter. Mein Warhammerwissen verfestigt sich, meine Malkünste sind schon fast vorzeigbar; ich sammele Erfahrung.
Die Trennung der Untoten in Vampire und Khemri zieht an mir nicht spurlos vorbei. Da ich im Urlaub einen White Dwarf dabei habe (ich glaube, es war die Nr. 42), entgeht mir nicht, dass die Vampire erschienen sind. Beim Lesen des White Dwarfs überkommt mich ein Gefühl, wie ich es seit den Dunkelelfen nicht mehr hatte. Noch während des Urlaubs bestelle ich mir das Armeebuch und die ersten Vampirmodelle (20 Skelette, einen Nekromanten, einen Lahmiavampir und eine bretonische Zauberin, die ich ebenfalls als Vampirin einsetzen will). Statt meinen Urlaub mit solchen Trivialitäten wie "Wetter genießen" und "Stadt anschauen" zu vergeuden, schreibe ich die ersten Zeilen meiner Hintergrundgeschichte für die neuen Vampire. Dies ist der Start meiner ersten Themenarmee mit ausgeprägtem Hintergrund.
Kurz darauf kommt jedoch die 6. Edition, so dass ich die Vampire erstmal beiseite lege und mich einer neuen Dunkelelfenarmee widme, ebenfalls ausgestattet mit reichhaltigem Hitergrund und einem starken Thema. Knapp 10 Jahre nach meinem Einstieg in das Hobby finde ich dann auch den Weg in dieses Forum. Am 22.06.2004 um 20.31 Uhr schreibe ich meinen ersten Eintrag und stelle gleichzeitig meinen General in der Dunkelelfengalerie vor.
Ca. 2 Stunden später eröffne ich mein erstes eigenes Thema (Spielersuche), welches lustigerweise bis heute ohne Antwort geblieben ist
Zu diesem Zeitpunkt war ich "der Neue", so wie heute viele andere auch. Ich habe viele Fragen gestellt (obwohl ich eigentlich schon sehr erfahren war), wurde belehrt, ermahnt, gelobt und am Ende für würdig befunden.
Dies macht mir klar, dass jeder neue User in diesem Forum ein Spiegelbild meiner Selbst ist. Es zeigt auch, dass der Wegfall der alten Hasen zu verkraften ist, da all die neuen Benutzer ihren Platz irgendwann einnehmen werden und bis dahin einen Weg gehen, der sie oftmals durch Kritik führen wird.
Und um nach diesem wirklich langen Text schlussendlich die ursprüngliche Frage nach dem "Werden wir alt?" zu beantworten:
Nein, wir werden nicht alt. Wir werden lediglich erfahren. Unser Aufgabengebiet in diesem Forum wandelt sich. Statt die alteingesessenen User mit teils unsinnigen oder überflüssigen Fragen zu bombardieren, sind wir es nun, denen die Aufgabe zufällt, sich mit Geduld und Ruhe den Neulingen zu stellen, damit sie irgendwann einmal an unserer Seite Unterstützung liefern