Der erste Grollreiter

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    Ungewohnt fleißig für eine Arbeitswoche.....


    Kapitel 13: Die gefürchtete Quintane
    Nachdem er bislang mit Käse, Früchten, Brot und Grütze verpflegt worden war, stellte das gemeinschaftliche Abendessen den Zwerg nun deutlich zufriedener. Die Ritter genossen das seltene Privileg, regelmäßig Fleisch auf den Tisch zu bekommen.
    Kaum standen die Schüsseln vor ihm, wurde Ivar bewusst, wie hungrig er war. Bei den anderen Mahlzeiten hatte er sich eher zurückgehalten. Früchte, Grütze und Brot waren daheim beinahe unbekannt. In der Zwergenküche spielten Pilze und Flechten eine größere Rolle, als Obst und Getreide. Brot kam nur zu Feierlichkeiten auf den Tisch und unterschied sich auch beträchtlich von den hiesigen Sorten.
    An das Wildpret, dass nun aufgetischt wurde, traute er sich da schon eher. Beim ersten Bissen kamen im allerdings fast die Tränen. Die Soße war ungenießbar! Etwas erschüttert blickte er sich um. Sicher würde es nun Ärger für den Koch geben. Doch zu seiner Verwunderung aßen die Ordensbrüder und Knappen fröhlich weiter. Niemand machte eine Bemerkung. Heimlich versuchte er das Geflügel und stellte dasselbe fest. Die Speisen explodierten regelrecht auf der Zunge, so würzig waren sie. Zwerge kannten nur wenig Gewürze und setzten sie auch nur sparsam ein.
    Etwas missmutig knabberte er sich durch sein Bratenstück. Schon nach kurzer Zeit stellte er aber fest das ein guter Zug Bier die Flammen leidlich löschte und er kam ein wenig auf den Geschmack. Wenn man wusste, was auf einen zukommt, hatte das Zeug doch sein Gutes.
    Hatte er erst befürchtet wieder nicht satt zu werden, so verdrückte er schlussendlich doch Mengen, die kaum jemand für möglich gehalten hätte. An den Gesprächen beteiligte er sich kaum, sondern saß mit vollen Backen dabei und lauschte um so aufmerksamer. Es wurde viel über das bevorstehende Turnier gesprochen und wie schade es sei, dass man sich so beeilen müsse. Die Kampagne gegen die Orks wurde allerdings trotzdem allgemein begrüßt.
    Nach der Mahlzeit war Ivar redlich müde und mehr als dankbar, dass eine andere Gruppe Knappen und Pagen die Pflicht hatte abzuräumen. Trotz aller Müdigkeit stattete er natürlich pflichtbewusst seinen Verwandten einen Besuch in der Krypta ab, während die Ritter sich zum Gebet versammelten.
    Immerhin schlief er in dieser Nacht etwas besser und brachte auch das Frühstück hinter sich, ohne hungern zu müssen. Brot hatte sich als passables Lebensmittel herausgestellt. Besonders die Sorte mit Nüssen und Kartoffel hatte es ihm angetan. Daheim gab es Fladen aus einem Pilzteig, die man mit Schmalz oder Schinken aß. Mit Brot, Butter und Honig würde er aber auch gut klarkommen, stellte er zufrieden fest.
    Das Obst und Gemüse durften die Menschen größtenteils allerdings nach wie vor getrost behalten. Er zog erdige Geschmacksrichtungen und Düfte dem Grünzeug deutlich vor.
    „Bist du so weit?“ Luthberts Stimmung schien mal wieder gut zu sein. Ein wenig lästig, so früh am Morgen, fand Ivar.
    Widerwillig löste er sich vom Tisch, verschlang die letzten Bissen und schloss sich heftig kauend Ulf und Luthbert an.
    „Wafmachnwajez?“
    Seine Frage, was nun auf dem Plan stünde, kam peinlicherweise mehr als undeutlich aus dem vollen Mund.
    „Fäzemaldswareitnwern,“ war allerdings keine große Hilfe. Ulf hatte exakt dieselben Probleme, war sich dessen bewusst und bekam prompt Schwierigkeiten, weil grinsen und essen sich nicht vertragen.
    „Ausgezeichnet. Ihr werdet die ersten Schweine hoch zu Roß. Was soll's. Solang ihr nicht die Pferde beißt, dürfte auch das funktionieren,“ stellte Luthbert etwas pikiert fest.
    Ivar schluckte mühsam den letzten Rest. „Reiten? Ich weiß nicht ob das für mich, das Richtige ist.“
    „Schau dir das alles erst mal an. Aber wenn du die Quintane wirklich kennenlernen möchtest, wirst du schon müssen.“


    Die Lanze des Knappen traf mit einem Knall auf den Schild. Der Jubelruf des Reiters wurde jedoch bereits im Ansatz gestoppt, als ihn die schwere Keule im Rücken erwischte.
    Ivar schnaubte unwillig. Die gefürchtete Quintane hatte sich als drehbare Puppe herausgestellt. Ein Reiter musste versuchen den ausgestreckten Schild zu treffen, ohne anschließend getroffen zu werden. Die Puppe drehte sich nach einem Treffer um die eigene Achse und schlug daher mit einem ledernen Morgenstern nach dem Reiter. Das Ganze sah so albern aus, das Ivar eine etwas abwertende Bemerkung herausgerutscht war.
    Nun musste er sich ansehen, wie ein Knappe nach dem anderen den Schild verfehlte, oder die Keule zu spüren bekam. Zwei der Jüngeren waren sogar aus dem Sattel gestürzt. Einzig Luthbert hatte bislang einen erfolgreichen Durchgang zu verzeichnen.
    Missmutig blickte der Zwerg auf, als das Unvermeidliche eintraf. „Sieht sie immer noch wie ein unfertiges Spielzeug für dich aus?“ Ulf stieg in den Sattel. „Vielleicht denkst du ja anders, wenn du an der Reihe warst.“
    „Ich? An der Reihe mich auf ein Pferd zu setzen und auf dieses Ding loszugehen? Das ist eine feine Idee, wie sie nur jemand wie du haben kann. Ganz sicher setze ich mich nicht auf so ein Biest!“
    Die aktuellen Beobachtungen bestärkten Ivar in seiner vagen Ansicht zum Thema reiten.
    „Nein. Das würden wir nie von dir verlangen. Deshalb holt Luthbert dir ein Pony.“ Ulfs übliches Grinsen verschwand hinter dem Visier seines Helmes.
    Tatsächlich tauchte soeben der besagte, junge Edelmann mit einem Pony am Führstrick auf.
    „Keine Ausreden Ivar Rhailifson. Du hast den guten Hinze beleidigt, jetzt musst du auch beweisen, ob er wirklich so ein schlechter Gegner ist“ Hinze war der Spitzname der blöden Puppe.
    „Aber Luthbert. Ich hab noch nie auf so einem Tier gesessen, geschweige den eine Lanze gehalten. Das wird doch nichts.“
    „Dann hättest du nicht schlecht über unser Maskottchen reden dürfen. Einen Durchgang wirst du hinter dich bringen müssen, sonst nehmen dich die Jungs auch nicht ernst.“ In diesem Moment ertönte ein lauter Knall, gefolgt von einem Klappern und dem splittern von Holz. Luthbert verdrehte die Augen.
    „Glück gehabt. Du hast ungefähr eine Stunde Aufschub bekommen“
    „Warum das?“
    „Ulf hat wieder die Quintane zerstört.“


    Während der Rest der Knappen, unter zynischen Kommentaren, half eine neue Quintane zu errichten, erhielt Ivar eine schnelle Einweisung ins Reiten. Luthbert stellte ihm Sattel und Zaum ein und führte das Pony im Kreis. Ein ständiger Strom von Hinweisen und Tipps verließ seinen Mund, obwohl der Zwerg seine liebe Mühe hatte, auch nur im Sattel zu bleiben.
    „Der erste Sturmritt von Ivar dem Kopfarbeiter“ verlief erwartungsgemäß peinlich. Schon nach den ersten Metern bohrte sich die Lanze in den Boden und hebelte Ivar fast aus dem Sattel. Als er die Quintane erreichte, hatte er zwar irgendwie wieder halbwegs festen Sitz, doch er hatte das Ziel völlig aus den Augen verloren. Den ausgestreckten Schild traf er mit der Stirn und wurde nur deshalb von dem Morgenstern verfehlt, weil er bereits im Dreck saß, als die Waffe heran sauste.
    Doch Luthbert behielt recht. Obwohl es reichlich Gelächter und Spott für ihn gab, war alles davon gutherzig und kameradschaftlich. Der Kampf gegen Hinze war eine Art Feuerprobe, die jeder bestehen musste und bei der auch fast jeder erst mal solche Ergebnisse erzielte, was dem Zwerg sehr half, schnell die Verlegenheitsröte aus dem Gesicht zu bekommen.
    Dass er jemals Gefallen am Reiten finden würde, war aber mehr als fraglich.


    Ich mach mich die nächsten Tage mal an eine Formatierung. Diverse Kapitel kann man zusammenfassen. Die Trennung resultiert nur aus dem jeweiligen Tagewerk. Kann dann im ersten Post auch ein Inhaltsverzeichnis für die jeweiligen Posts anlegen.

  • Hi , erstmal großes Kompliment für deine geniale Geschichte . Les sie sehr gerne :] und find man kann sich sehr gut in die Characktere hineinversetzen und das macht sie richtig authentisch.
    MFG

    Zum Ruhm Nagashs!!
    Möge das Blutvergießen niemals enden !!
    Möge das Schlachten ewig den Geist erfreuen !!
    Die Armee des Schlächters ( 5500P Vampirfürsten )
    Der Zirkel des Schlachtens (6500+ P Dark Eldar )
    Die Blutjünger ( 4000P CSM)
    Die Kinder des Zorns ( 4000P DdC)
    Der uralte Schrecken ( 1000P Necrons)

    • Offizieller Beitrag

    Ach ja.... Mir ist aufgefallen, dass einige Thread hier im Storyboard unglaublich viele Hits haben, obwohl nur sehr wenige User dort posten.


    An dieser Stelle möchte ich also die Bewertungsoption für Threads in Erinnerung rufen., die wahrscheinlich die wenigsten überhaupt kennen. Ganz unten auf der Seite eines Threads kann jeder User einmal eine Bewertung abgeben. 1-5 Sterne, wobei 5 Sterne wohl das Optimum sind. ?(
    Einige Threads sind bewertet (oft von mir), aber mehr als 2-3 Stimmen sind eigentlich nie gesetzt.


    Wenn ihr also eine Story lest (oder sonst was) und wollt nichts dazu schreiben (keine Zeit/Lust/nichts gutes zu sagen usw), dann macht doch vieleicht den einen Klick für die Bewertung. Ich schätze die Autoren freuen sich alle über Feedback.


    P.S:: Der eine Klick ist echt harmlos und verschleisst die Maus auch nicht mehr besonders. GW verkauft jetzt Kombo-Boxen, da spaart man beim Kauf einiges an Klicks. ;)

  • gleich mal ausprobiert mit dem bewerten. hatte mich schon gefragt wo das geht. danke.
    von mir gabs die höchstwertung in freudiger erwartung das es sehr bald weitergeht ;)

    • Offizieller Beitrag

    Danke für die Blumen. Ich gebe mir weiterhin Mühe. Hab wieder ein Kaptiel fertig und füge das einfach mal ein.


    Kapitel 14: Reisefreuden
    Ivar verbrachte, sehr zu seiner Überraschung, den Großteil des Tages mit Reitübungen. Nach dem ersten Sturz hatte er aufgeben wollen, aber der Herr Eilfric war aufgetaucht. Eigentlich kam er, um Luthbert und Ulf eine Aufgabe mitzuteilen, doch er hatte Ivars Versuch mit angesehen und sprach dem jungen Zwerg Mut zu. Unter Rat und Aufsicht des Ritters stieg Ivar wieder in den Sattel und absolvierte seine erste Reitstunde.
    Alles in allem lief es nicht mal schlecht, allerdings verlangte man auch nicht viel Schwereres, als im Kreis zu reiten und nicht herunter zu fallen.
    Am nächsten Morgen taten Ivar alle Knochen weh. Reiten war weit mehr, als nur auf dem Pferd zu sitzen und sich tragen zu lassen. Steif und müde kämpfte er sich aus den Federn.
    „Hätte das blöde Vieh doch lieber essen sollen,“ grummelte er mißmutig vor sich hin, während er Beinlinge und Wams überstreifte.
    Er wollte sich gerade zum Essen begeben, als Ulf an seiner Tür auftauchte.
    „Wir müssen in die Stadt. Ein paar förmliche Einladungen zum Turnier abgeben. Eilfric meint, wenn du willst, darfst du mit.“
    Er strahlte übers ganze Gesicht. Die Aufgabe schien keine unwillkommene zu sein.
    Ivar überlegte einen Augenblick.
    „Reiten wir da hin?“
    Ulf lachte.
    „Nein. Ich jedenfalls nicht. Ich habe kein eigenes Pferd und der alte Friedhelm kann im Moment keine Tiere entbehren. Ist auch nicht sehr weit. Luthbert reitet natürlich.“
    „Warum, natürlich?“
    „Na hör mal. Er stammt aus edlem Haus, da kann man nicht zu Fuß gehen. Die Leute würden sich über ihn lustig machen. Aber ich denke er läuft den größten Teil des Weges und steigt er kurz vor der Stadt auf sein Tier. Normalerweise legt er keinen großen Wert darauf sich über andere zu stellen und ich hab, wie gesagt, kein Pferd.“
    „Nett von ihm. So kann man sich auch besser unterhalten.“
    „Also kommst du mit? Das Frühstück fällt dann aus, aber wir haben einen guten Imbiss bekommen.“
    „Kein Frühstück?“ Ivar verdrehte die Augen. „Wie soll man da marschieren können?“
    „Wir nehmen ja was mit. Wenn du dich beeilst, kannst du dir noch schnell einen Kanten Brot unten holen, aber du wirst im Laufen essen müssen.“


    Wenig später waren sie unterwegs. Ivar hatte einfach einen kleinen Laib süßes Brot eingesteckt, den er natürlich mit seinen Kameraden teilte. Er trug sein Kettenhemd und hatte den Helm auf den Rucksack geschnallt. Ein wenig schämte er sich, es die letzten Tage nicht getragen zu haben. Immerhin wollte er sich an das Gewicht gewöhnen. Auch seine neue Streitaxt hatte er mitgenommen. Allerdings war er etwas zu klein um die große Waffe am Gürtel zu tragen, also hielt er sie immer in der linken Hand, was mehr als unpraktisch war. Ulf trug ein geliehenes Schwert am Gürtel. Er besaß keine eigene Waffe und würde auch erst mit dem Ritterschlag eine erhalten. Immerhin ließ der Orden keinen Knappen unbewaffnet in die Welt hinaus. Nicht einmal für einen so kurzen Botengang.
    Luthberts Waffe gehörte natürlich ihm selber. Ein Geschenk seines Vaters, als er dem Orden beigetreten war. Außer dem eleganten Anderthalbhänder trug er einen Langdolch im Gürtel. Seine Kleidung fand Ivar etwas albern. Enge Hosen, Stiefel und ein Hemd mit gepufften und geschlitzten Ärmeln. Alles war in Schwarz und gelb gehalten, den Farben des Averlandes. Gekrönt wurde dieses Ebenbild der Eitelkeit durch einen breiten Hut mit langen, gefärbten Federn. Für Ivar alles unnötige Schleifen im Bart. Um den Brustharnisch allerdings beneidete er den Knappen etwas. Dieser war ganz offensichtlich nicht nach einer Vorlage gearbeitet, sondern echte Zwergenarbeit. Es gab auch Beintaschen dazu, doch die hatte Luthbert an den Sattel gehängt, da sie beim Laufen nur gestört hätten.
    „Auch von deinem Vater?“, fragte Ivar und klopfte auf den Stahl.
    Luthbert schnaubte. „Aber sicher doch. Eine komplette Rüstung. Den Rest habe ich im Orden gelassen. Sie ist noch etwas zu groß für mich. Eigentlich gehörte sie meinem Onkel. Ich kann nur hoffen, dass ich irgendwann einmal richtig hinein passe.“
    „Ist aber dennoch sehr großzügig gewesen.“ Plattenpanzer waren so teuer, dass man ein eigenes Wort dafür hätte erfinden sollen.
    „Nun, man war doch so froh, als der lästige Zweitgeborene das Haus verlies.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Mein älterer Bruder wird Titel und Ländereien meines Vaters erben. Mir blieben, Kirche, eine Ausbildung zum Gelehrten, oder der Krieg. Für mich keine schwere Wahl. Und da ich nicht zu den Pistolieren wollte, bin ich dem Orden beigetreten. Im Nachhinein keine üble Sache. Gute Kameraden, ordentliche Verpflegung und Eilfric ist ein sehr guter Herr.“
    „Ist das so üblich?“ Zwerge pflegten mehr Wert auf die Leistung eines anderen zu legen, als auf seine Eltern.
    „Sehr üblich. Allerdings hätte nicht jede Familie mir den Orden erlaubt. Hab wohl sogar Glück gehabt.“ Luthbert seufzte. „Ich hätte meinen Bruder auf der Jagd erschlagen sollen, den mickrigen Scheißer.“
    Als er Ivars entsetzte Mine sah, musste er schallend lachen.
    „Um Sigmars willen mach den Mund zu. Das war nur ein Scherz. Er kann ja nichts dafür. Ich hege keinen Groll gegen meinen Bruder. Wir verstehen uns so gut es in der Lage eben geht. Ich denke er mag mich auch, aber der Gedanke, dass ich nach ihm in der Erbfolge stehe, macht ihm doch zu schaffen. Das Thema verdirbt mir jedoch etwas die Laune. Lass uns von anderen Dingen sprechen.“
    Ivar nickte, doch es fiel ihm nichts ein, worüber er reden wollte. Die Menschen waren seltsam.
    Sie marschierten noch eine ganze Weile und wollten eben einen Platz für ihre Pause suchen, als plötzlich ein Mann vor ihnen aus einem Feld trat. Er war schmutzig und seine Kleidung teilweise zerrissen. Er baute sich breit auf dem Weg auf und forderte sie mit ausgestreckter Hand zum Anhalten auf. In der Rechten hielt eine rostige, schartige Heppe.
    „Was verstellst du uns den Weg Bursche? Mach gefälligst Platz, wir sind in Eile,“ fuhr Luthbert den Kerl an. Ivar war über den scharfen Ton überrascht. Ulf klopfte ihm auf die Schulter und wie mit den Augen nach links und rechts. Ivar verstand nicht was ihm das sagen sollte.
    „Verzeiht, hoher Herr, doch diese Straße, ist Eigentum des Grafen und ich bin verpflichtet eine Steuer zu erheben.“ Die Aussprache des Mannes war undeutlich und, trotz der höflichen Worte, grob. Sein Gesicht gefiel Ivar immer weniger.
    „Ihr gehört zur Miliz des Grafen?“ Luthbert klang ehrlich überrascht. „Wenn dem so ist, habt ihr natürlich gutes Recht uns zu hindern. Hier, die Steuer des Grafen zahlen wir gerne.“ Er schloss mit zwei raschen Schritten die Distanz zu dem Grenzer. Doch anstatt zur Geldkatze zu greifen, zog er den Dolch und rammte ihn dem Mann bis zum Heft ins Auge.
    Ivar riss die Augen auf und schnappte entsetzt nach Luft. Scheinbar unendlich langsam kippte der Mann hintenüber, während Luthbert mit einer geübten Bewegung sein Schwert zog.
    Auf beiden Seiten der Straße kam Leben in die Felder, als die Kumpane der Zerlumpten brüllend aus ihren Verstecken stürmten. Sie trugen improvisierte Waffen verschiedenster Herkunft.
    Fluchend riss Ulf seine Klinge aus dem Gürtel. Das Scharren der Waffe kam Ivar unnatürlich laut vor.
    Einer der Angreifer hieb mit einem Knüppel nach ihm und er parierte den Schlag mechanisch mit der Axt. Er wusste nicht, was er tun sollte, und geriet rasch in die Defensive. Er blockte in rascher Folge drei weitere Angriffe und wich dabei Schritt um Schritt zurück. Irgendwer rempelte ihn von hinten an und er strauchelte. Krachend traf in der Knüppel an der Schulter. Schmerz wallte auf, verdrängte Ivars Zögerlichkeit und ersetzte sie durch reine Wut. Die Bastarde wollten ihm ans Leben! Er packte Karaz-Kazak mit der Rechten unter dem Kopf, hob mit der Linken den Schaft an und wehrte so den nächsten Hieb ab. Knurrend wie ein Hund machte er einen Schritt nach vorn und stieß die Rechte nach oben, während die Linke herab sauste. Der Mensch schaffte auf so kurze Distanz nicht den Knüppel zur Abwehr zu heben. Ivars Klinge traf ihn von unten im Schritt und der erboste Zwerg setzte nach, bis er auf die ersten Rippen stieß. Er rammte dem Verletzten die linke Schulter in die Hüfte und warf ihn um.
    Irgendetwas stieß schmerzhaft gegen seinen Rücken und er nahm sich nicht die Zeit herauszufinden, was es war. Ivar dreht sich um und ließ die Rechte am Stiel nach unten gleiten. Aus der Drehung heraus drosch er wie mit einer Sense nach dem Mann hinter ihm. Dieser versuchte hektisch mit seiner Mistforke den Hieb zu parieren, doch Karaz-Kazaks Gewicht fegte die kümmerliche Abwehr spielend beiseite und die Klinge forderte weit schlimmeren Tribut. Ein dritter Mensch sah entsetzt, wie der Unterarm seines Kameraden davon flog und der Mann selbst mit einem tiefen Schnitt an der Hüfte zu Boden ging. Er stoppte seinen Angriff und rannte davon. Mit dem wütenden Zwerg und seiner Axt wollte er es nicht zu tun bekommen.
    Ivar schaute sich rasch um. Ulf kämpfte gegen drei zerlumpte Gestalten auf einmal, und obwohl er sich wacker hielt, kam er nicht zum Gegenangriff. Irgendwann würde er eine Parade verpassen und sie würden ihn niedermachen. Ivar zögerte nicht einen Moment und einer der Männer wurde von einem brüllenden Zwerg getroffen, der auf Brusthöhe heran flog. Ivar stieß dem Mann die Stirn ans Kinn und zog ihn mit sich zu Boden. Er rollte sich ab und kam schneller auf die Beine als sein Gegner, der nicht auf den Angriff gefasst gewesen war. Rasch schloss er wieder die Distanz und hieb dem Kerl die Axt über den Schädel.
    Ulf hatte die Gelegenheit genutzt. Einer der Galgenvögel hatte kurz gezögert und bekam, den Fuß des Knappen ans Knie. Während der Mann versuchte sich aufzurichten, ließ Ulf einen Hagel von Schlägen auf den Zweiten niederprasseln. Der Kerl wich hektisch zurück, doch Ulf setzte nicht nach. Stattdessen drehte er sich rasch um. Der erste Schuft war wieder auf den Beinen und hatte natürlich versucht, die gute Gelegenheit für einen Angriff von hinten zu nutzen. Auf eine Abwehr hatte er sich nicht eingestellt und Ulf stieß ihm einfach sein Schwert in den Hals. Sofort wirbelte er wieder um die eigene Achse, doch der Gegner dort hatte genug und ergriff die Flucht. Für einen Kampf Mann gegen Mann fehlte ihm wohl der Mut.
    Ivar sah das Luthbert ebenfalls gegen eine Übermacht kämpfen musste und wollte ihm zu Hilfe eilen, doch Ulf hielt ihn zurück.
    „Lass ihn. Er würde sich nicht dafür bedanken.“
    „Aber...“ Ivar setzte zu einer Frage an, doch in diesem Moment sackte einer von Luthberts Gegnern getroffen zusammen. Der Knappe hatte es irgendwie geschafft, ihm während einer Parade den Schädel zu spalten.
    „Das ist kein Kampf, das ist ein Totentanz. Die armen Schweine haben keine Chance.“ Ulf schüttelte den Kopf.
    Ivar nahm sich kurz die Zeit, das Ganze zu betrachten. Was auf den ersten Blick wie eine hektische Abwehr aussah, stellte sich rasch als kontrollierter Kampf heraus. Luthbert bewegte sich kaum von der Stelle, wich mit einem kurzen Schritt Hieben aus, oder wehrte ihn mit knapp bemessenen Bewegungen ab. Bei der Parade schaffte er es, durch eine leichte Positionsänderung dem Feind eine Wunde mit der Spitze seiner Waffe zuzufügen. Blutiger Schaum trat dem Mann aus der Brust und er brach mit einem merkwürdig pfeifenden Geräusch zusammen.
    Jetzt waren nur noch zwei übrig und beide sahen nicht begeistert aus den Kampf fortführen zu müssen. Knüppel und Arbeitsgeräte waren keine gute Wahl für ein Duell mit einem erfahrenen Fechter, doch Luthbert gab ihnen keine Gelegenheit zur Flucht. Mit kalt überlegter Präzision zwang er beide Gegner rasch in die Knie. Keiner seiner Angreifer überlebte den Kampf.
    „Graf, also wirklich.“ Luthbert wischte seine Klinge am Gewand eines Toten ab. „Für diese Frechheit sollte man sie glatt wieder ins Leben rufen und noch mal umbringen.“
    „Was bei allen Göttern war denn das?“ Ivars Nervosität gewann wieder die Oberhand. Man hatte versucht ihn umzubringen und die Erkenntnis machte ihm zu schaffen. Er zitterte etwas. Ulf sah auch etwas grün um die Nase aus. Nur Luthbert war in keinster Weise erschüttert.
    „Das? Glücklose Banditen würde ich sagen. Klarer Fall von Selbstüberschätzung.“
    „Aber, aber...“
    „Mach dir keine Sorgen. Das ist Abschaum. Einfaches Gesindel, zu faul um zu arbeiten und sich ehrliches Brot zu verdienen. Hätte man sie erwischt, wären sie aufgeknüpft worden.“
    Kritisch betrachtete der Knappe das Gemetzel. Er hatte seinen Dolch aufgenommen und gab, eher beiläufig, einem Schwerverletzten einen schnellen Tod.
    „Gute Arbeit von euch beiden, aber gegen geübtere Gegner hätte es übel enden können.“
    Jetzt mischte sich auch Ulf ein und packte seinen Freund am Kragen.
    „Bist du völlig irre? Woher hast du gewusst, dass sie keine Bögen haben? Oder wie viele sich versteckten? Du hättest uns alle umbringen können!“
    „Du glaubst doch selber nicht, dass sie uns hätten ziehen lassen. Unsere Waffen alleine sind ein Vermögen wert und das Risiko uns bis auf die Knochen auszuziehen, hätten sie nicht getragen, wenn wir noch Atem haben, die Geschichte zu erzählen.
    Kommt, wir müssen weiter, sonst kommen wir nicht mehr vor dem Abend zu den Toren und ich will die Nacht nicht vor der Stadt verbringen.“
    Mit diesen Worten befreite Luthbert sich aus Ulfs Griff, drehte sich um und marschierte los, um sein Pferd wieder einzufangen, das sich davon gemacht hatte, aber nicht weit gelaufen war.
    Ivar schauderte. Niemals hätte er in dem schalkhaften Knappen, diesen kaltblütigen Krieger erwartet. Etwas mühsam riss er sich vom Anblick der Toten los und folgte dem Adligen.

    • Offizieller Beitrag

    Hm.... Der Kontrast zwischen fröhlichem Alltag und Kämpfen ist bewußt recht hart. Aber "Blutbad" find ich etwas zu hart ausgedrückt. Ich hatte jedenfalls vor den Ton der früheren Kämpfe wieder zu treffen. Sollte man hier Dinge streichen?

  • Streichen? Nein, auf gar keinen Fall. Super beschreibung, hat mir richtig gut gefallen. Auch der Anfang mit der Reitstunde ist dir gut gelungen. War sehr angenehm zu lesen.
    Aber gestrichen wird da nix, ist das klar. X(
    :D


    War zwar seltsam das die Räuber sich überhaupt getraut haben 3 Bewaffnete Anzugreifen aber noch glaubhaft (waren halt sehr verzweifelt)


    Also mach ruhig weiter so. Freu mich auf die Fortsetzung. :thumbup:

    Erhoffe das Beste, Erwarte das Schlimmste.

  • nix streichen, habe genau wie du einfach den kontrast hervorheben wollen. Tiptop so sonst hät ich ja ned :thumbup::]



    edit: Lichking es steht ja schon in der Geschichte: klarer fall von selbstüberschätzung :)

    Standart... die Kunst des Stehens

    • Offizieller Beitrag

    Die Räuber haben einfach nie gegen ausgebildete Kämpfer antreten müssen und waren ja weit in der Überzahl. Und die drei "Helden" sind ja noch recht grün.


    Ich durfte ab und an sehen wie schnell ein guter Fechter mit Andertalhänder einen Gegner ausschalten kann (natürlich in dem Fall nur simuliert). Ich hätte es nicht für möglich gehalten wieviel Unterschied die Übung macht. Wir sind ja nicht in Holywood.

  • Ich halte es für 70% Realistisch.
    Mache Selbst Mittelaltermärkte und auch "Showkampf". Als auch Kampf mit dem Einanhalbhänder. Und Mann gegen Mann ist Übung das einzigste was wirklich da Zählt.
    ABER: Gengen mehrer Gleichzeit mit der unhandlichen Waffe? Das halte ich doch für den Stoff aus dem Legenden sind. Alleine gegen zwei die nur Keulen haben hätte er einiges an Schlägen einstecken müssen.
    Mit Handwaffe und Schild währe es gut Möglich ohne einen blauen Fleck da raus zu kommen.


    Sorry das ich wieder einmal rumnöle.


    MFG


    Der Nörgel`ling

    • Offizieller Beitrag

    Das stört mich eher wenig. Es kommt bei den Gegner sehr darauf an, wie aggressiv sie sind und wie gut sie zusammen arbeitn. In einer lösen, zögerlichen Gruppe kann man sich recht gut bewegen. Ich stelle mir vor, das der Enthusiasmus deutlich nachläßt, wenn der erste Angreifer sofort zu Boden geht. Im Showkapf riskiert man ja nichts. Hier kann dich jedes Risiko (mal sehn obs klappt) teuer kommen. Die RFeichweite ist auch deutlich überlegen, was viel ausmacht. Und unhandlich finde ich Anderthaöbhänder nicht.... Die Dinger sind brutal schnell. Zumal man gegen Ungepanzerte kaum Kraft braucht. EIne Keule braucht ne Menge Schwung, mum wirklich Schaden anzurichten. Das Schwert hat scharfe Stellen und ne Spitze.... Und einen Knauf...:D
    Dazu kommt, das der Knappe einen Brustharnisch trägt und mehr riskieren kann. Und die Räuber sind nicht auf einne echten Kampf aus. Die wollen schnelles Geld.
    Ich weiß nicht ob es klappt und das hier sind mehr Gedanken als ich mir bewußt dazu gemacht habe. Riskant wäre es sicher..... Aber ich denke ein paar Bauern, die nicht geschult sind und gar nihct wirklich kämpfen wollen, sollte man abwehren können. Angst könnte hier ein wichtiger Faktor sein.
    Von Schilden halte ich in Kämpfen ohne Rückendeckung nicht so viel. Ist aber defensiv deutlich besser, das stimmt schon.


    Edit. Ich habe auch vor, noch darauf einzugehen, das sie Glück hatten.
    Aber nicht zu sehr. Ich hatte schon mehrfach das Vergnügen mit vergleichbaren Waffen gegen mehrere Gegner anzutreten, die das zum ersten Mal machen. Meiner Erfahrung nach versuchen die oft nach deiner Waffe zu schlagen und trauen sich nicht nah heran. Plötzliche Ausfälle treiben sie meterweit zurück, obwohl man nicht folgt. Sie fallen oft auf einfachste Finten rein usw..... Das hab ich natürlich nicht mit Blankwaffen gemacht und werde es auch nicht versuchen. Es wird unweigerlich hektisch und das ist mir zu heikel.
    Gegen ein bischen Übertreibung habe ich aber auch nichts. Es ist eine Fantasy-Geschichte und soll eine bleiben. :) Man könnte sich stundenlang über Realismus auseinander setzen, ohne was zu erreichen. Spätestens wenn mehr Zwerge mitspielen muß ich fantasieren. Zweihandäxte sind keine Waffe für offenen Kampf...

  • Daher auch zu 70%... ;)


    (Hattest einen Einanhalbhänder schon mal in der Hand? Die Dinger sind schwer! ;) )


    Klar, der eine geübt die anderen ungeübt, sonst währe es gar nicht Möglich! :)



    Und klar wenn der Gegner Angst hat zögert er. Das er dann nicht viel riskieren wird ist klar.


    Und trozdem finde ich es unwahrscheinlich das ihm nix passiert. Aber verdammte Axt, der darf auch mal Glück haben! :D


    mfg


    Nörgel`ling