Kapitel 10
Stein des Himmels:
„Unfassbar, einfach unfassbar“
Eilig notierte sich Athamer seine neusten Erkenntnisse. Bahnbrechende Erkenntnisse.
Meister Althrain hatte Recht gehabt.
Nervös ging der Magier vor der Statue des Himmels auf und ab.
Die Statue war in Form eines Menschlichen Kriegers in voller Rüstung gefertigt. Nur der Helm fehlte. Stattdessen schien das lange Haar im Wind zu wehen.
Als Athamer sie das erste Mal sah, war er über die Detailverliebtheit des Bildhauers sehr beeindruckt.
Und doch lag der gesamte Wert der Statue in ihren gefalteten Händen: Der Stein des Himmels.
Eine azurblaue Kugel.
Sie befand sich im Herzen des Himmel-Altars mitten im tiefsten Wald südlich von Zweistadt.
Athamer war damals im Auftrag Althrains der Magischen Spur gefolgt und hatte anschließend die Erforschung des Altars begonnen.
Schnell wurde klar, dass der Wind des Himmels hier stärker als anderswo wehte und seine Energie in diesen einen Stein speiste. Gleiches hatten sie auch in den anderen Altären festgestellt.
Ein jeder für einen der Winde. Bestie. Feuer. Metall. Tod. Leben. Himmel.
Nur für die winde von Licht und Schatten hatten sie in den vergangenen hundert Jahren keinen Altar gefunden. Wie auch die Steine in den anderen Altären, so zog auch dieser eine magische Spur
nach Karak a Krysta.
Lag darin der Schlüssel zur Macht?
Doch wie geht es weiter?
Musste man die sechs Steine nach Krysta bringen um eine verborgene Kammer zu öffnen?
Oder einen noch unbekannten Zauber sprechen?
Oder gab es gar vor vielen Jahren noch zwei weitere Altäre welche bereits geplündert wurden?
Die Möglichkeiten waren endlos.
Doch nun war er sich sicher: Man konnte die Steine entfernen. Meister Althrain schien Recht zu behalten in seiner Vermutung.
„Athamer. Athamer, wo seid ihr?“
„Hier, bei der Statue“ antwortete er.
Etonia, der Hauptmann seiner Garde, kam eilig angelaufen.
„Was gibt es, Etonia“ „Die Späher melden das sie Spuren im Wald gefunden haben, Herr“ berichtete der Hauptmann.
„Spuren? Von wem?“ „Nun, das wissen wir noch nicht. Sie sind nur zufällig darüber gestolpert“
„Können es die Tiermenschen sein?“ fragte der Magier.
„Nein Herr. Solche Spuren hätten sie sofort erkannt. Die Späher aber sagten, dass sich jemand Mühe gegeben hat seine Spuren zu verwischen. Wenn ihr erlaubt Herr, würde ich die Sicherheitsvorkehrungen verschärfen und nach Verstärkung schicken“.
„Ja, das dürfte vernünftig sein. Wir stehen hier kurz vor einem Durchbruch. Bei all den Unruhen von denen man hört will ich jetzt nicht unvorsichtig werden“.
Etonia verbeugte sich knapp und ging anschließend.
Dann wandte sich Athamer wieder den Stein des Himmels zu.
Sollte er mit seiner Annahme Recht behalten, so konnte er den Stein schon in wenigen Tagen entwenden und nach Soll Isha bringen. Unter normalen Umständen würde er dies erst in Absprache mit Meister Althrain machen, doch vielleicht sollte er dieses Mal darauf verzichten.
So leise wie er es gelernt hatte, schlich Qock durch das Unterholz. Der Skave zählte sich selbst zu den besten Gossenläufer der Schwarzen Welle. Warum sonst hätte Scarface ihn und seine Meute für diese unglaublich wichtige Mission ausgewählt?
Vorsichtig spähte er durch den Busch vor ihn und begutachtete die Befestigung der Elfdinger dort.
Diese hatten eine hohe Palisade errichtet um etwas zu schützen. Die Palisade war Rund um ein Gebäude errichtet. Der Gossenläufer konnte einen kurzen Blick darauf werfen als das Tor offen stand um eine Gruppe Elfdinger auf Reitdingern hinein zu lassen.
Der Wald war um die Palisade herum gerodet. Qock schätzte die breite der freien Fläche auf ungefähr Dreißig Schwanzlängen.
Überall auf der Palisade patrouillierten Elfdinger mit ihren primitiven Bögen.
Es konnten nicht mehr als hundert Elfdinger sein. Vielleicht etwas mehr.
Nicht annähernd genug um einen Skavenangriff stand zu halten, entschied der Gossenläufer.
Langsam zog er sich in den Schutz der Bäume zurück. Dann zog er ein Stück Pergament und begann seine Erkenntnisse zu notieren. Dies wiederholte er Fünf mal.
„Pregg, komm her und gib- gib“ sagte er.
Einer der Gossenläufer aus seiner Meute kam herbei geeilt. In seinen Pfoten hielt er einen Käfig mit fünf Ratten. Dann begann Qock damit, immer eine Ratten heraus zu nehmen, Ihr die Nachricht um zu binden und sie anschließend frei zu lassen.
Es war immer ratsam solche Botschaften in mehrfacher Ausführung abzuschicken. Man konnte schließlich nie wissen was unterwegs geschah.
„Und jetzt?“ fragte ein Dritter Gossenläufer aus seiner Meute.
„Jetzt? Jetzt versuchen wir- wir noch mehr Informationen zu erhalten“ erwiderte Qock.
„Pregg, du nimm dir- dir drei Gossenläufer. Versuch einen Weg hinein zu finden. Einen Schwachpunkt in der Verteidigung“. Dann drehte er sich zu einen weiteren Gossenläufer um und sagte: „Du nimmst dir zwei Gossenläufer. Durchsucht das Gebiet. Ich will wissen ob es noch mehr- mehr Elfdinger in der Umgebung gibt“.
Der Gossenläufer nickte energisch und machte sich sofort auf den Weg. Doch Pregg fragte: „Und du- du, was wirst du tun?“ „Was wohl, blöde Frage. Ich halte hier die Stellung“
„Warum du?“ „Weil ich der Anführer bin, darum ja- ja“ „Darum solltest du uns
anführen. Ich halte hier die Stellung“ gab Pregg zurück.
War das denn zu fassen! Diese niedere Nachgeburt wagt es seine Autorität zu
untergraben!
Schnell zog er sein Schwert und schlug nach dem aufsässigen Skaven, welcher ebenfalls sein Schwert gezogen hatte und den Angriff parierte.
Dann erschlaffte sein gegenüber und brach zusammen.
Qock betrachtete den Leichnam seines Gegners. Er hatte den Angriff doch pariert, wieso ist er dann jetzt Tot?
Und vor allem... warum gratulierte ihm niemand zu seinem Sieg?
Der Gossenläufer blickte sich kurz um und musste feststellen, dass auch die anderen Skaven seiner Meute tot auf den Boden lagen.
Verwirrt kratzte sich der Skave am Kopf. Lag etwas Giftiges In der Luft?
Vorsichtshalber hielt er sich die Nase zu und schlich rückwärts tiefer ins Gebüsch.
Er blieb erst stehen, als ihn etwas Spitzes in den Rücken pickte.
„Deine Kameraden welche du eben aus gesendet hast, sind bereits erledigt. Wie viele seid ihr noch“ Hauchte ihn eine Stimme ins Ohr.
Waren das die Elfdinger?
Was auch geschah, er durfte nichts verraten. Wie sehr sie ihn auch Foltern würden. Er würde nicht reden. Eher würde er sterben!
Am besten wäre es, wenn er sich selbst die Zunge ab biss!
„Meister Athamer, ich bringe eine wichtige Nachricht!“
Athamer, welcher gerade beim Essen war lies resigniert seine Gabel sinken. „Bitte, Etonia. Du siehst doch das ich beim Essen bin“ „Verzeiht Herr, aber die Schatten haben ihren Bericht abgegeben. Sie haben die Ursache für die seltsamen Spuren gefunden“ „Ah, und um was handelte es sich?“ „Skaven Herr!“.
Nun war dem Magier der Appetit vergangen. Skaven!
„Wie viele?“ „Nur ein kleiner Spähtrupp. Zehn Rattenmenschen“ „Habt ihr einen am Leben gelassen?“ „Ja Herr. Die Schatten sind noch nicht einmal dazu gekommen ihn zu Foltern, da hat er schon angefangen wie ein Wasserfall zu reden. Er ist regelrecht in Tränen ausgebrochen“.
Athamer schüttelte den Kopf. Diese Skaven waren ein schwaches Gesinde. Doch wie waren sie hier her gekommen?
Etwa mit den Tiermenschen zusammen?
„Herr, was der Skave gesagt hat... Wir müssen hier weg“ „Warum?“ „Er sagte sie planen einen Angriff auf den Altar. Ihre Armee ist bereits auf den Vormarsch. In wenigen Tagen werden sie hier sein. Mehrere Hundert von ihnen“
Nun war dem Magier übel zu mute. Hunderte?
„Wie viele Soldaten habt ihr zur Verteidigung hier?“ „Etwas mehr als Einhundert Soldaten. Dazu noch ein Dutzend Schatten und Zwanzig Reiter Herr“ „Hat der Skave sonst noch etwas gesagt?“ „Ja Herr. Er sagte dass uns diese Informationen nichts nützen werden. Elendtod würde uns alle vernichten.“ „Elendtod?“ fragte der Magier ungläubig nach. „Ja Herr. Wohl ihr Anführer“.
„Die Reiter sollen sich bereit machen. Sie werden noch heute aufbrechen“
„Herr?“ „Gebt ihnen die Informationen die ihr gesammelt habt. Sie sollen sofort nach Soll Isha aufbrechen und Meister Althrain von allem Berichten. Und die Verstärkung soll sich beeilen. Na los, schickt euch“ scheuchte er den Hauptmann weg. Dann sprang er selber auf und eilte ins Heiligtum. Unterwegs trommelte er alle seine Novizen zu sich. Fünf an der Zahl. Sie mussten sich beeilen und den Stein des Himmels aus dem Altar lösen. Sie hatten keine Zeit mehr. Die Soldaten
würden die Skaven sicher eine Zeit lang aufhalten, aber sicher nicht besiegen können. Sobald er den Stein hatte, würde er fliehen müssen.
Eile war geboten.