Kapitel 38 - Patt
Gurlaks Späher wurden langsam kirre. Sie dachten darüber nach, ob einer von ihnen ihrem Herrn Bericht erstatten solle, während der Andere noch hier bliebe, um zu sehen wie sich die Sache entwickeln würde. Aber Späher trennten sich nicht einfach, selbst wenn so die Chance bestünde, dass ihr Großhäuptling weniger wütend darüber wäre, dass sie ihm eigentlich nichts Brauchbares zu berichten hatten.
Whorga hatte sich inzwischen wieder gefasst. Möglicherweise hatte es etwas zu bedeuten, dass er verschont geblieben war, wo so viele ihr Leben lassen mussten? Er glaubte nun fest daran, dass es seine Bestimmung war seine Plünderer hier heraus und dann zum Sieg zu führen. Graktars Plan sah vor, dass sie den Gegner umrunden würden. Dass sie stattdessen jedoch in den Bergen auf Widerstand stießen, war nicht Teil der Strategie. Das Lager des Feindes sollte südlich von hier liegen. In diese Richtung auszuweichen, könnte sich als sein letzter Fehler herausstellen! Wie es weiter im Osten aussah, wusste er nicht. Ihm war nur klar, dass er so oder so dort im Hinterhalt liegen sollte. Würde er die Feinde abschütteln können? Und wie viel Schaden mochten sie wohl anrichten können, wenn er sie hier nicht festhielt? Würden sie ihn und seine Plünderer verfolgen? Hätten sie gar eine Chance den Spieß umzudrehen und diese schwer gerüsteten Gors in eine Falle zu locken? Sein Kopf schwirrte vor Fragen und Möglichkeiten. Doch wenn er aufsah, war er sich allein der Möglichkeit hier wegzukommen gar nicht mehr so sicher.
Mit einem Mal war es ruhig. Es gab wohl kaum einen Plünderer der das Problem nicht kannte: 'Wenn Du die Pfeile in deinem Köcher an drei Fingern abzählen kannst, schießt du nicht mehr leichtfertig.' Jeder Ungor mit einem Bogen schaute sich nach brauchbaren Pfeilen in seiner Umgebung um und sammelte ein was sich anbot. Stille herrschte am Berge und nur hin und wieder sah man hier und da die huschende Bewegung von Gestalten innerhalb ihrer Deckung. Keine der beiden Seiten kam heraus. Niemand hatte Ambitionen hier für nichts und wieder nichts sterben.
Kwurhgor bewegte sich von einer Felsspalte zur Nächsten und landete schließlich bei Hurrlok. Der schwer verletzte Bestigor lehnte an einer Steinwand, im Beisein zweier Ungor Bogenschützen. Er blutete und presste seine Hand auf eine Art notdürftigen Verband, der um seine Schulter geschlungen war. Hurrlok atmete gepresst und hatte den Kopf zurückgeworfen, sodass seine Hörner an der Steinwand in seinem Rücken kratzten. Kwurhgor beugte sich über ihn und warf einen Blick auf den Verband. Vorsichtig schob er ihn beiseite, dann verzog er das Gesicht. 'Feuer', raunzte er die Ungors an, welche ihn erst nicht zu verstehen schienen. 'Macht ein Feuer!'
Sofort machten sich die Beiden ans Werk und schauten woher sie trockenes Holz bekommen könnten. An Moosen mangelte es nicht. Aber Holz war in der steinigen Felswand Mangelware. Sie schauten nach unten, wo die Plünderer in ihrer Deckung saßen. Dort sah es schon anders aus. Beide warfen einen ängstlich fragenden Blick auf Kwurhgor. Dieser schnaubte missmutig, während er weiter seine Hand auf Hurrloks Verband presste. 'Lasst euch was einfallen.'
Als einer der Ungors sich erhob, um erneut einen Blick hinunter zu werfen, traute er seinen Augen kaum. 'Sie laufen weg.' Kwurhgors Augen weiteten sich ungläubig und er erhob sich aus der Deckung, um selbst zu sehen was da vor sich ging. Tatsächlich brachen dort unten – Einer nach dem Anderen – die Plünderer aus ihrer Deckung und huschten im Schatten der Baumlinie Richtung Osten. Nur ein einzelner Gor stand aufrecht und warf einen starrenden Blick in Richtung des Berges. Um ihn herum lösten sich immer mehr Gors und Ungors aus ihren schützenden Unterschlupfen und verschwanden wort- und kampflos in die Wälder. Die Szene hatte etwas Seltsames und keiner der Späher schoss auch nur einen einzigen Pfeil in Richtung der Flüchtenden. Dann verschwand auch der starrende Gor und Gurlaks Krieger waren allein am Hang des Berges.
'Jetzt holt Holz', knurrte Kwurhgor. 'Und dann brennt seine Wunde aus! … und auch die der Anderen.'