Stolz kann ich nur für etwas empfinden was ich aus eigener Kraft erreicht habe.
Das sehe ich hier immer wieder in der Art.... Das habt ihr doch irgendwo gelesen/gehört und noch nie drüber nachgedacht.
Aber Spaß beiseite, ich halte das für eine falsche Aussage und zwar bei so ziemlich jedem der sie trifft.
Es völlig normal stolz auf andere Menschen zu sein. Wenn meine Frau eine schwere Boulderroute 30mal probiert und dann schafft, bin ich sehr stolz auf ihre Leistung. Und ich würde mich schäbig fühlen es nicht zu sein. Empfindet ihr tatsächlich keinen Stolz auf Leistungen von Menschen die euch etwas bedeuten? Euer Kind lernt laufen und ihr seid nicht stolz? Ehrlich?
Stolz auf das Land ist sicher etwas abstrakter, aber er funktioniert. Vieleicht definiert ihr ja "Stolz" etwas anders, also als etwas das man nur auf Eigenleistung beziehen kann. Aber ich denke wurde von seinen Eltern schon mal gesagt, dass sie stolz auf einen sind. Und umgekehrt wäre man auch stolz auf seine Eltern, wenn sie etwas besonderes leisten.
Diese Kette läßt sich tadellos auf Großeltern und Freunde ausweiten. Je geringer der Bezug zur Person, desto geringer ist sicher auch der empfundene Stolz. Daher eben etwas abstrakt, dass mit dem Nationalstolz. Aber ich glaube immernoch, dass eigentlich viele hier "Patrioten" sind, aber vor dem Begriff zurück scheuen oder ihn als etwas schlechtes definieren. Ich selber würde mich zum Beispiel nicht als Patrioten bezeichen, wenn ich aber drüber nachdenke, kann ich nicht umhin festzustellen, dass mein Land mich berührt. Ich bin Stolz auf unsere Leistungen, ich schäme mich für manches und ich tue zumindest meinen kleinen Teil, um etwas zu bewegen.
Beispielsweise haben wir ein gutes Ausbildungssystem. Unsere Azubis sind oft auch im Ausland sehr begehrt, weil die unsere Schule durchgemacht haben. Da habe ich so gar nichts zu beigetragen, ausser dass ich eben auch diese Ausbildung absolviert habe. Trotzdem empfinde ich einen kleinen Stolz auf diesen Umstand und das hat mich dazu gebracht, mich in der Ausbildung zu engagieren. Das ist für mich schon patriotisch. Wäre sicher kein guter Mel Gibson Film geworden, aber es gibt da ja Abstufungen.
Vieleich ist das Problem das "Deutschland" einfach historisch nicht so alt ist. Wir haben keine tausend Jahre Vergangenheit als Deutschland. Und die Vergangenheit die wir haben ist kaum bekannt oder was schlechtes. Daraus resultiert irgendwie die Erkenntnis das es schlecht ist, Stolz auf sein Land zu sein. Dabei darf man das ruhig. Genau dieser Stolz kann dazu führen, dass man sich sehr bewusst mit unserer Vergangenheit auseinander setzt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Denn auf die NS-Zeit ist man bitte nicht stolz. Das eine schliesst das andere ja nicht aus.
Ich kann mir eine komplette "ist mir egal, ist nur mein Land" Haltung nicht erklären. Das führt doch unweigerlich dazu, dass man sich nicht mehr an Wahlen beteiligt und sich nicht mehr engagiert. Und genau diese Haltung macht die aktuelle Entwicklung doch erst möglich. Klar ist unsere Politik nicht das gelbe vom Ei. Aber wenn wir uns nicht emotional beteiligen und mit dem Thema befassen, gewinnen andere Elemente deutlich an Stärke. Einfach weil keiner dagegen steht.
Aber ich glaube eben nicht, dass wirklich so vielen das eigene Land egal ist. Sie trauen sich nur nicht Stolz zu sein, auf das was noch klappt, oder sie sehen es einfach nicht mehr, weil sie auf breiter Bahn unzufrieden sind. Im Prinzip ist für mich aber auch der "mir egal, die bauen doch eh nur Scheiße" Typ ein Patriot. Der müsste nur diesen Ärger über die Scheiße in produktive Energie umwandeln um was zu tun. Das Potential ist doch da. Ärger.
Problematisch wirds erst dann, wenn man auf die falschen Dinge stolz ist. Und "Stolz" schaltet nicht das Hirn ab.
Nennt es halt Vaterlandsliebe oder Heimatverbundenheit. Letztlich alles Synonyme.