Ich liebe derartige von unserem Meisterphilosophen angestoßene Threads (und werde daher auch ein weiterhin stiller und genießender Leser sein)!

Die Warhammer Welt als Katharsis - Ein 3-Dekaden-Zyklus?
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Nachdem ich gerade eben über einen Video Essay zum Thema The Philosophy of J.R.R. Tolkien: Why Things Keep Getting Worse gestolpert bin, sehe ich mich genötigt folgende Ausführungen in Teilen zu revidieren:
Letztlich ist Warhammer in vielen Bereichen immer noch nah dran an der Mutter aller Fantasy-Vorlagen:
Der Herr der Ringe von J.R.R Tolkien.
Der Völker im freien Westen, das Böse aus dem Osten...und letzteres experimentiert mit potentiell gefährlichen Artefakten und Energien.
Sauron und Saruman sind für mich nicht weit weg vom Chaos im Osten der Alten Welt,
auch hier stellen sich dem Zwerge, Elfen und Menschen(mal argwöhnischer, mal loyaler einander gegenüber) entgegen.
Tolkien ist ein interessantes Thema, welches damit gar nicht unbedingt wenig zu tun hat. Allerdings ging seine Arbeit in eine grundsätzlich andere Richtung, da er versuchte mehrere Themen zu bedienen, welche ihm zu seiner Zeit wichtig waren. Grundsätzlich fing mit dem Hobbit alles ganz ähnlich an. Das Buch hätte eine Katharsis für ihn sein können, aber es sollte anders kommen.
Tolkien hatte den Verlust seiner engsten Freunde und Weggefährten in 1. Weltkrieg zu verdauen und war Zeit seines Lebens nicht damit fertig geworden. Die sich entwickelnde Beziehung des Hobbits mit den Zwergen, das gemeinsame Bekämpfen der sich auftuenden Bedrohungen und der letztendliche Verlust der Weggefährten deuten eine Art der Trauerarbeit an. Was dem Ganzen jedoch zur Katharsis fehlt, ist der Aspekt des gewaltsamen Auslebens des inneren Konfliktes. Tolkien hatte vor das Werk seinen Kindern zum Geschenk zu machen und so ließ er das exzessive Element aus der Gleichung heraus. Er versuchte den Spagat zwischen zwei scheinbar unvereinbaren Elementen. Heraus kam ein Kinderbuch, welches sich auf der einen Seite mit harten Tatsachen auseinandersetzte, den Protagonisten andererseits aber auch die alles entscheidende Schlacht "verschlafen" ließ. Die Möglichkeit zum gewaltsamen Befreiungsschlag des Autors schien ungenutzt zu bleiben. Stattdessen entschied er sich zu einem bittersüßen Ende, welches alles in Allem positiv wirkte.
Mit dem Herrn der Ringe schlug Tolkien in die gleiche Kerbe, setzte jedoch den Anspruch und die Komplexität entsprechend dem Alter der anvisierten Leserschaft entsprechend herauf. Das Motiv der Hoffnung zieht sich durch alle Bücher. Die Helden stellen sich Herausforderungen, allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie erleiden Verluste, wachsen über sich hinaus und am Ende mögen sie zwar nicht mehr dieselben sein, aber sie obsiegen dennoch. Sie sind immer mit Gegnern konfrontiert, welche man mit mehr oder minder konventionellen Mitteln besiegen kann und wo das nicht der Fall ist, biete sich doch immer ein Weg zur Erlösung, indem ein Held unvorstellbare Anstrengungen auf sich nimmt. So kann das Böse schlussendlich gebannt werden und die Welt wird zu einem besseren Ort.Das "bittersüße(n) Ende, welches alles in Allem positiv wirkte" beim Hobbit, kann ich noch stehen lassen. (Hier ist sehr wohl klar, dass einige Weggefährten das Leben verloren haben, mit welchen der Protagonist vorher durch dick und dünn gegangen ist. Eine Erfahrung, welche ihm in seinem zuvor so behüteten Leben nie auch nur im Ansatz zuteil geworden war. Dies alles in Relation gesetzt, kann man es wohl dennoch als bittersüß bewerten.) Aber beim Ausspruch "... und die Welt wird zu einem besseren Ort", im Bezug auf den Letzten Teil vom Herrn der Ringe, lag ich wohl mehr als nur ordentlich daneben, da Tolkien, im Bezug auf den Fortlauf der Historie und auch die Zukunft, wohl pessimistischer war als es uns manchmal lieb sein mag. Seiner Meinung nach werden die Zu- und Umstände auf der Welt zunehmend schlimmer, wenn man den Argumenten des Video Essays glauben mag.
Leider liegt er nur in englischer Sprache vor. (Falls gesteigertes Interesse von Seiten der nicht Englisch sprechenden Nutzer am Inhalt vorhanden sein sollte, könnte man sich ja an einer kurzen Zusammenfassung versuchen.)
[Externes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=_-sTbaH-aA0]Ganz kurz zusammengefasst: Nur weil es im Herrn der Ringe zu einem happy end (in Form einer "Eukatastrophe") kommt, ist die Welt noch nicht gleich ein besserer Ort.
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Dann ist die Botschaft des Buches aber nicht 100% angekommen. Sicher ist ein bei mir schon ein paar Tage her,
dass ich das Buch gelesen habe. Damals habe ich das Ende aber auch happy end wahrgenommen.
Vielleicht ein bisschen bittersüß, aber immer noch eher süß als bitter.
Das Filmende könnte man sogar getrost als Friede-Freude-Eierkuchen-Finale bezeichnen.
Ich schaue mir aber gern das Video an und lasse mich eines Besseren belehren
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Spannend, ich habe weder bei "Der kleine Hobbit" noch bei "Der Herr der Ringe" das Ende als klassisches, oder irgendwie geartetes Happy End wahrgenommen. Ein Happy End wäre, nach meiner Meinung, eine Wiederherstellung des "sorgenfreien" Ausgangszustands gewesen (z. B. das allseits bekannte Fest in einem kleinen gallischen Dorf im Jahre 50 v. C.) . Klar, bei "Der kleine Hobbit" war es noch ein etwas fröhlicheres Ende, aber ein Verlust war da. Bei "Der Herr der Ringe" fand ich es sehr deutlich. Nach meiner Meinung würde Frodo als gebrochener Mann dargestellt, der nicht mehr weitergehen und das Erlebte nicht verarbeiten konnte. Im Endeffekt kam es mir so vor, als müsste er, wie auch einen Großteil der Bücher von Sam "getragen" werden (Beschreibung eines nicht verarbeiteten Traumata?). Sam auf der anderen Seite konnte weitergehen, gründete eine Familie und war ein Teil der Geselschaft. Alle Überlebenden der "Gemeinschaft des Rings" gingen weiter, nur Frodo nicht. Das alte, der sorglose Anfangszustand, war für alle vorbei, aber sie konnten sich arrangieren, trotzdem war die Gemeinschaft dahin. Es kam mir wie eine Erlösung für ihn, aber, bei aller Trauer, auch für Sam vor, als er auf das Schiff ging, was für mich ein ziemlich deutliches Symbol fürs sterben ist.
Das tragische an "Der Herr der Ringe" ist, dass der "Held", wenn man ihn so nennen möchte, von anderen, Bilbo und vor allem Gandalf, zu der Erfüllung einer Aufgabe manipuliert wird, die ihn zerstört (eigene Meinung!). Insofern stimme ich zu, dass die Welt, zumindest für den Protagonisten, nicht zu einem besseren Ort wurde.
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Spannend, ich habe weder bei "Der kleine Hobbit" noch bei "Der Herr der Ringe" das Ende als klassisches, oder irgendwie geartetes Happy End wahrgenommen
Nicht mal in dem Moment, da Sam seine Jugendliebe zwischen fröhlichen Hobbits um ihre Hand bittet und später heiratet
und als ganz Gondor seinen neuen König euphorisch kürt(Aragorn), dem dazu noch seine große (Elfen-)Liebe erhalten bleibt?
Ich habe jetzt natürlich stark die Filmbilder vor Augen und weniger das nüchterne Buch,
aber gerade im Film scheinen mir die melancholischen und düsteren Momente rarer gesät.
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Meine Gedanken zum HdR:
- Der Hauptheld ist Sam, nicht Frodo. Sam ist der einzige, der seine "Heldentaten" ausschließlich aus Liebe begeht. Alle anderen tun es für ein "höheres Ziel"
- Nach Valinor zur dürfen ist jetzt nicht das Schlechteste möchte ich annehmen (im Film darf ja nur Gandalf (zählt nicht; der fährt nur nach Hause), sowie Frodo und Bilbo mitreisen (als ehemalige Ringträger). Im Buch (inkl. allen Schriftstücken, die über den Ringkrieg hinausgehen (Annalen der Könige usw.) fahren auch Gimli und Legolas noch Richtung Valinor, nachdem König Aragorn gestorben war)
- Sam fährt, nachdem Rosi gestorben ist, mit einem Elbenschiff in den alten Westen (Aman). Also vermutlich auch nach Valinor.
Die (ich nenne es mal) Besucher von Valinor werden nicht unsterblich. Alle (Frodo usw.) sterben auch dort, "sobald Ihre Zeit gekommen ist".
Happy End:
Grundsätzlich empfinde ich das Ende vom Film schon als happy End, da ja das ultimative Böse (für immer) vernichtet wurde.
Im Buch, mit Saruman und dem Auenland, finde ich es schon krasser.
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GreenTide74, Du hast recht, im Film war das schon sehr positiv dargestellt, ich beziehe mich da auf die Bücher. Ich bin kein Fan von den Filmen, aber die Bücher finde ich auch nicht gut geschrieben. Bin einfach kein Tolkien Fan (trotzdem erkenne ich den Einfluss seiner Werke an!). Ich sehe aber auch das "Happy End" für andere Charaktere, sei es Aragon, Sam, Eowyn und andere. Aber da ich Frodo als Hauptfigur ansehe, ist es um so tragischer (für Frodo)! Die anderen Gefährten leben ihr Leben weiter, während er zurückbleibt und nicht mehr weiterkommt (wie gesagt, eigene Meinung).
Ghazkull, Sam ist auch für mich der Held der Geschichte (er ist der einzige Grund, warum ich mich durch die Passagen mit Frodo durchgekämpft habe (ich möchte das "kämpfen" ganz stark hervorheben).
Da ich nie die Motivation aufbringen konnte mich mit weiteren Büchern von Tolkien oder seinen Nachfahren auseinanderzusetzen, weiß ich davon nichts. Trotzdem finde ich die Bücher noch bei weitem besser als die Filme, besonders das Ende des dritten Bandes Bandes war um Welten runder als das Ende des Filmes.
Was auch immer Valinor darstellen soll, ich habe es als das Jenseits gesehen, sprich ein unbekanntes Ende ohne Rückkehr.
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Valinor ist der Ort, an dem quasi die Engel und der Erschaffer Mittelerdes wohnt. Dort beginnt die Enstehungsgeschichte im Silmarillion (ich finde gerade diese Buch eine sehr gute Ergänzung zum LotR). Dort kommt übrigens auch Saurons Meister Melkor her. Die Insel konnte (theoretisch) jeder anfahren. Nach den Geschehnissen von Herr der Ringe wurde aber Valinor der Welt entrückt und man kann (eigentlich) nicht mehr dort hin.
Die Geschichte ist interessant, weil:
- Man erfährt, warum Spinnen als böse angesehen werden
- Wie Melkur (und somit Sauron) so gestrickt sind (sowie deren Motivation)
- man ganz nebenbei und zwischen den Zeilen erfährt, warum immer eine Melodie zu hören ist sobald Gandalf einen "Zauber" einsetzt.
- Das Gandalf eigentlich garkein Zauberer ist (und es Zauberer, wie man es aus anderer Fantasy kennt, garnicht existieren).
- und und und.
Was auch immer Valinor darstellen soll, ich habe es als das Jenseits gesehen, sprich ein unbekanntes Ende ohne Rückkehr.
Sie leben damit im Paradies. Schöner und besser geht´s nicht.
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Dass Sam als Held erscheint, während Frodo der Protagonist ist, ist ein gewollter und nicht schwer zu erklärender Effekt.
Tolkien hat die Geschichten auf eine Weise verfasst als seien sie die Memoiren der entsprechenden Protagonisten. Dabei hat er versucht deutlich zu machen, dass jeder Autor (und sei er Historiker) eine gewisse Färbung mit in sein Werk hinein bringt. (Ob nun gewollt oder ungewollt sei dahingestellt.) Für Frodo ist Sam z.B. ein Held und wird somit auch als ein solcher dargestellt (auch wenn dem Leser bekannt ist, dass es keine Personen auf der Welt geben kann, die ausschließlich gut sind), während er sich selbst - nüchtern und bescheiden - nicht in den Vordergrund stellen will. (Wenn überhaupt, dann kann man aus Frodos Darlegung eher so etwas wie Selbstmitleid herauslesen.)
Ebenso wie für Tolkien, sind die Niederschriften, mit all ihren Konflikten einerseits historische Zeitzeugnisse aber auch der Versuch einschneidende, persönliche Erlebnisse zu verarbeiten. Dabei kommt es selbstverständlich zu Veränderungen und Verfälschungen, wie sie das Unterbewusstsein selbst schon in Erinnerungen hineinmischt, um sie verdaubar und erträglich zu machen. Am Ende eines solchen Prozesses hat sich die Erinnerung an den Hergang der Dinge in der Regel derart verändert, dass das Individuum mit den Erinnerungen leben kann. (Ein zeitgenössischer Autor, der sich ebenfalls dieser Art der Niederschrift und Darstellung - aus Sicht verschiedener Protagonisten, mit ihren ganz eigenen, sich ab und an wiedersprechenden Blickwinkeln - bedient, ist George R. R. Martin.)
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Danke für daas Video Merrhok
Ich meine, dass Tolkien mit seinem LotR-Happy End auch (analog zu Pinguinbaer ) eine "Erlösung" erst im Jenseits sieht, bzw die zeitweise Erlösung von den hardships und sufferings der Welt, die das Fantasygenre bietet (siehe Topic) nochmal übersteigert.
Wahrscheinlich war er ja sich auch bewusst, dass er selbst vllt die Zuflucht zu fernen Dingen/Themen nimmt (Geschichtswissenschaftler/Sprachen), weil die Welt so schlecht ist und früher besser gewesen sein muss, sonst würde ihn das vormalige nicht mehr faszinieren als das Präsenz.
Das Ende des Hobbits empfand ich (auch) als bittersüß. Das Ende von LotR war ein spezielles Happy-Ending, in der die gebrochenen Charaktere "sauber entschwinden", während die verbleibenden alle nach ihrer Fasson glücklich werden (Aragorn, Faramir und Sam heiraten, etc.).