Zweiter Teil:
Starr vor Angst rührte sich Enno nicht und merkte plötzlich, daß sein ganzer Körper mit Schweiß bedeckt war. Er war Scharfschütze, kein Nahkämpfer, und glücklich, wenn er den Feind aus der Ferne bekämpfen konnte; doch diese acht Eldar waren ihm entschieden zu nahe. Die Hälfte des Trupps schien ihn überhaupt nicht zu beachten, sondern kehrte ihm sofort bei Verlassen der Warp-Portale den Rücken zu, um in Fächer-Formation den rückwärtigen Raum zu sichern. Doch die anderen vier Warpspinnen hielten ihre Waffen direkt auf Enno gerichtet und kamen auf ihn zu. Zwei der Krieger blieben in etwa fünf Meter Entfernung zu Enno stehen und richteten nach wie vor ihre Monofilamentschleudern auf ihn aus. Die anderen beiden Eldar schienen sich doch nicht für ihn zu interessieren, denn sie gingen an ihm vorbei, bis sie etwa auf gleicher Linie zu Enno´s Schultern standen und ins Tal hinabschauten. Keine drei Meter trennten Enno von dem zu ihm nächst stehenden Krieger. Dieser war anders bewaffnet als die restlichen Warpspinnen. Er hielt in jeder Hand jeweils eine schwere Klinge und von seinem gepanzerten Rücken ragte zu beiden Seiten seines Körpers je eine Schußwaffe hervor; eine davon war direkt auf Enno´s Hals ausgerichtet. Dieser Eldar, der wohl der Anführer des Trupps war, schien mit dem neben ihm zu kommunizieren. Sie waren alle behelmt und Enno konnte keinen Laut vernehmen, doch war er sich sicher, daß sie entweder telepathisch oder über eine Art Vox-Verbindung miteinander in Verbindung standen. Doch es waren ganz andere Fragen, die ihn beschäftigten: Warum waren Eldar auf diesem Planeten, weshalb wurde er durch seine Führungsebene darüber nicht informiert, was waren die Absichten der Außerirdischen...? Und vor allem: Warum töteten sie ihn nicht einfach?! Auf der Imperialen Akademie hatte Enno gelernt, daß diese Wesen sich für die Herren der galaktischen Schöpfung halten und sie keine Sekunde zögern würden, Angehörige einer anderen Rasse zu töten. Ihm wurde beigebracht, daß "Chem-Pan-Sey" das Wort sei, daß sie benutzen, um alle in ihren Augen minderwertigen Nicht-Eldar zu bezeichnen. Enno mußte bei diesem Wort an eine Affen-Art denken, von der er als Schüler in einem Buch gelesen hatte, die einst auf Terra gelebt haben soll. Diese Arroganz der Außerirdischen hatte ihn schon immer wütend gemacht. Doch in dieser Situation war er machtlos. Er bewegte ganz langsam seinen Kopf und schaute in Richtung der beiden ihn bewachenden Krieger. Einer davon schien noch recht jung zu sein. Auch er trug wie alle Anderen einen Helm, doch wirkte er auf Enno irgendwie unsicherer. In dem Moment löste der Eldar eine Hand von seiner Waffe und streckte sie für einen kurzen Moment aus, als wolle er Enno grüßen; achtete aber darauf, daß er von keiner anderen Warpspinne dabei gesehen wurde. Enno wußte nicht, was er davon halten sollte, und regte sich weiterhin nicht. Gerade, als der Krieger seine Hand wieder an seine Waffe legte, drehten sich die beiden Eldar neben Enno um und gingen zurück in Richtung der restlichen Trupp-Mitglieder. Während sie sich von Enno entfernten, spürte er wieder das Jucken an seinen bionischen Implantaten und es öffneten sich erneut kleine Warp-Portale; eins jeweils direkt vor jedem der acht Krieger, in die sie auch sofort stiegen. Einen kurzen Moment später war Enno wieder allein. Er blickte sich in alle Richtungen um, ob er auch wirklich alleine war, und legte dann tief durchatmend seinen Kopf mit geschlossenen Augen auf den Boden. Er dankte dem Imperator dafür, daß er noch am Leben war. Dann hebte er seinen Kopf wieder hoch, schaute noch einmal um sich und als er feststellte, daß er tatsächlich nicht mehr in direkter Gefahr war, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder ins Tal. Dort waren die Angreifer den Imperialen Stellungen schon deutlich näher gekommen, allerdings auf unter die Hälfte der Anfangsstärke dezimiert worden. Enno griff zu seinem Funkgerät, um den Vorfall zu melden. Doch dann zögerte er. Er versuchte, die eben durchlebte Situation einzuordnen. Vielleicht haben die Warpspinnen ihn deshalb nicht getötet, weil er und seine Kameraden für die Pläne der Eldar nützlich waren und einen Feind bekämpften, der auch für sie eine Bedrohung darstellt. Doch was hatte die Geste des einen Kriegers zu bedeuten...? Enno kam aus seiner Verwunderung nicht heraus. Die Imperialen Leitsätze waren unmissverständlich und wiesen an, daß nur ein toter Außerirdischer ein guter Außerirdischer sei. Enno hatte das nie in Frage gestellt. Doch langsam machte sich Unsicherheit in ihm breit, als sein Weltbild zu wanken begann.
Sollte etwa doch nicht alles stimmen, was die Imperiale Akademie lehrt und das Imperium propagandiert, sollte es gar fehlerhaft sein?!