"Vorurteile" im Tabletop

  • "mein bester Freund ist GW-Ladenleiter, und er meinte, bald kommt das neue Bretonen-Armeebuch"

    Ein Klassiker. Den kann man auch noch in vierzig Jahren bringen. Der Wahrheitsgehalt bleibt wahrscheinlich trotzdem der Gleiche :tongue:

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    Fluffig ist für mich auch weder gut noch schlecht, sondern einfach Regeln, die das Modell und dessen Geschichte (eben den Fluff) wiederspiegeln.

    Ein weit verbreiteter Irrtum. :) Aber ist ja nicht schlimm. Es gibt im Hobby viele Begriffe, von denen fast Jeder ein anderes Verständnis hat als der Rest.


    Fluff bedeutet im Grunde viel eher gegen grundlegende Regeln zu verstoßen (weil sie ignoriert werden), als dass sie instrumentalisiert würden um einen Charakter treffend darzustellen.


    Das Brechen der Regeln, findet dabei eher "nach unten" (in Richtung low-performance) hin statt, denn nur das ist wirklich interessant. Über-Charaktere sind weder interessant zu spielen noch zu bezwingen. Deshalb ist das Verstärken von Durchschnitts-Charakteren nicht "fluffig". (Der Charakter an sich wäre schon nicht fluffig, da eben uninteressant.)


    Beispiel: EIne Bretonen-Armee, gänzlich ohne Ritter. -> Nach z.B. 5. Edition wäre das regelwidrig. Die Armee würde fast ausschließlich aus Bauernvolk bestehen, was sie zu einer absoluten low-performer Truppe macht und einen regulären Sieg beinahe unmöglich erscheinen lässt. Dennoch kann eine Hintergrundstory absolut schlüssig erzählen wie es dazu kommt, dass sie sich ohne die Anwesenheit ihrer Schutzherren einer Schlacht stellen müssen. Die Lage ist ohne Zweifel absolut hoffnungslos und die Bauern sollten lieber rennen, wenn sie leben wollen. Wenn sie es jedoch nicht tun, müssen wir es wohl mit einem triftigen Grund und einer spannenden Story zu tun haben. -> Das ist Fluff.

  • Aber ist nicht @JackStreicher 's Aussage die ursprungsform von Fluff und @Merrhok 's die Konsequenz daraus?


    Nämlich dass Spieler sehr unfluffig aber nach Regeln effektiv spielen konnten, oder fluffig, aber oft ohne die optimierenden Optionen?


    Ein fluffiger Nagash zB wäre in einem 4.000 P Spiel der 8. Edition immer noch unbesiegbar.


    Ähnliche Verschiebungen gibt es ja überall. So ist aus dem Begriff homemade mittlerweile ein Synonym geworden für schiefes Design (siehe Kekse).

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    Ein fluffiger Nagash zB wäre in einem 4.000 P Spiel der 8. Edition immer noch unbesiegbar.

    Nagash wäre dann zwar hintergrundgetreu, aber noch nicht fluffig.


    Denn nur die Kombination aus "interessant/aufregend" und "hintergrundgetreu" ergibt den "Fluff". Ein hintergrundgetreuer Nagash ist aber eher langweilig, da spielentscheidend. Deshalb fiele er für mich sofort durch das Fluff-Raster.


    Fluff würde hier bedeuten, dass - wenn Nagash in einem 4,000 Punkte Spiel mit Untoten nicht eingesetzt wird - sich der Untoten-Spieler noch vor Beginn des Spiels eine ausschweifende Story von seinem fluffistischen Gegner anhören muss, wie Nagash in einer irrwitzigen und unglaublichen Mission durch eine kleine Gruppe aus, von Angst und Selbstzweifeln zerfressenen, Helden daran gehindert wurde überhaupt in der Schlacht aufzulaufen.


    Der Untoten-Spieler würde vielleicht die Augen rollen und schon in Richtung der Würfel starren, während sein Gegner davon überzeugt wäre, dass diese Exposition das wohl Wichtigste und Spannendste am ganzen Spiel sei. (Fluff eben: Für's Spiel eigentlich irrelevant.)

    • Offizieller Beitrag

    @Serotonin Ein fluffiger Weg Nagash einzusetzen wäre eventuell ihn von einem Nekromaten beschwören zu lassen. Dieser Nekromant sollte dann eben selbst sehr schwach und anfällig sein. Das Ritual würde z.B. dafür sorgen, dass er die Kontrolle über Teile seiner Diener verliert und diese in den Staub gehen oder dass er keine andere Magie wirken bzw. bannen kann, solange er beschwört. Wenn man das Setting spannend hinbekommt (und dafür sind Hausregeln und ein GM schon fast unabdingbar), dann könnte der Einsatz eines Nagash sogar zu einem von beiden Seiten als verdient angesehenen Erlebnis werden.


    Solche Ideen hatten wir früher für das Beschwören von Großen Dämonen in Chaos Armeen. Sie einfach aufzustellen hätte sich nicht "echt" bzw. "richtig" angefühlt. :) Das Chaos und die Götter sind etwas das man "anrufen" muss. :D (... und man wird eben nicht zwangsläufig erhört!)


    Ein Fluffspieler wählt seine Armee eben anhand seiner Geschichten aus. (Auch wenn dafür gewisse Regeln gebeugt werden müssen. Aber darüber entscheidet ja immer ein GM.)


    Nagash z.B. immer wieder mehr oder minder als "gesetzt" zu spielen, würde sich für mich grundlegend falsch anfühlen. Er ist einer der Charaktere, den auch nur ein einziges Mal in meinem Leben einzusetzen eine absolute Ehre wäre. Er ist ein Gott!


    Weswegen er sich kontinuierlich in nichtsmeinenden Scharmützeln mit unwichtigen Sterblichen abgeben sollte, könnte ich genauso wenig rechtfertigen wie er selbst. Für mich käme er nur in dem einen großen Spiel meines Lebens auf den Tisch und damit wäre es gut. Man soll sich in Schaudern und Bewunderung an den Tag seines Erscheinens erinnern. Ihn stets und ständig als läppischen Über-General einzusetzen, würde sein Mysterium und seine Legende zunichte machen... und das hat er nicht verdient.


    Bei weniger mächtigen Spezial-Charakteren mag das nicht ganz so wild sein. Da kann eine Reihe von Schlachten auch schonmal ein spannendes Auf und Ab bedeuten und eine ganz eigene Geschichte schreiben.


    Khazrak war in der 5. Edition z.B. einem regulären Großhäuptling unterlegen... und das stand ihn wirklich gut! So war er viel realer und greifbarer als ein Besonderes Charaktermodell, dessen Besonderheit lediglich darin bestand bessere Werte zu besitzen als reguläre Charaktere der entsprechenden Armee. Worin läge der Reiz solche Über-Charaktere einzusetzen?

  • Ich finde Deine Definition von Fluff (als automatisch schwach) nicht richtig und sie deckt sich nicht mit meiner. Meine Definition entspricht dem deutschen Wort "hintergrundgetreu", dass Du eingeworfen hast. Oftmals ist das auch gleichzeitig "zu schwach". Aber eben nicht immer. Hintergrund kann in meiner Definition ebrn auch heissen: der eigene Hintergrund.


    Ich bin absolut kein Freund von BCM und sehe sie nur in speziellen Szenarien. Die grosse Beliebigkeit von manchen, mal eben einen Teclis, Gelt, Pask einzusetzen, weils in die Liste passt, find ich grausig. Aber das ist eben meine Definition. Deswegen finde ich Dein "ein weit verbreiteter Irrtum" auch nicht richtig. Es gibt keine allgemeingültige Definition, was angemessen ist oder nicht, in einem Universum, dass sich in jedem Kopf anders abspielt ;)

    • Offizieller Beitrag

    Konkret definiert ist nur, dass Fluff das Gegenteil von Crunch ist. [Quelle]


    Jemand der Modelle auswählt, seine Armee zusammenstellt und sich dann eine Hintergrundstory dazu ausdenkt (so hintergrundgetreu sich auch sein mag) erstellt keine fluffige Liste. Es geht um die Herangehensweise beim Bauen von Charakteren, Grüppchen oder Armeen. Der Fluffist wird eben immer story-getrieben sein und der Cruncher immer Spiel-/Regel-/Mechanik-getrieben.


    Die Annahme, dass "fluffig = schwächer" sein könnte rührt lediglich daher, dass "crunchig = spiel-/mechanik-orientiert" gilt. Daraus ergibt sich selbstverständlich keine absolute Allgemeingültigkeit, aber dennoch eine Tendenz (zur Unabhängigkeit und auch oft zur Schwäche).


    Hand in Hand geht das Ganze mit Grundregeln der Dramaturgie. Es sind fast immer die Schwächen oder Widrigkeiten der Umstände, welche uns mit unseren Film- und Roman-Helden (bzw. Protagonisten) mitfiebern lassen. Einen Superman z.B. dramaturgisch spannend darzustellen, ist eine unglaublich schwierige Aufgabe. (Gilt er doch als unübertroffenes Wesen, dem mit regulären Mitteln nicht beizukommen ist. Selbst Kryptonit allein macht ihn noch lange nicht zu einem Publikums-Sympathisanten.)
    Am beliebtesten sind Charaktere welche smart handeln, trotzdem unterliegen, Leidensfähigkeit beweisen und kämpfen bis zu Letzten. (Prominentes Beispiel: Allen Ripley)


    In manchen Kulturkreisen ist dabei sogar der Tod des Helden akzeptiert und kann zu dessen Legende sogar noch beitragen (oder sie gar erst begründen).


    Selbstverständlich kann Fluff in gewissen Fällen parallel zum Crunch laufen oder gar Crunch aus Fluff entstehen, keine Frage. ... aber das ist nicht repräsentativ für das Phänomen Fluff und daran wollte ich mit meinem Ausruf ("Ein weit verbreiteter Irrtum.") gern erinnern.

  • Wo aus fluff crunch wird:


    Schon mal erwähnt, dass ich es total lächerlich fand, dass große Dämonen so schwach waren? Ich erinnere mich an eine Edition (6. oder 8.?), in der sogar der Herrscher des Wandels Stufe 0 oder 1 Zauberer war (und trotzdem sehr teuer). Die Bloodthirster waren glaub zu schwach &/ haben zu wenig ausgehalten, Drachenoger waren nur T4 (?!!), ...


    Es braucht halt immer ne Balance zwischen crunch und fluff. Es soll so sein wie im fluff, aber nicht so krass stark *lacht*. Es soll teuer genug sein, aber noch erschwinglich. Usw. usf.


    Da stimme ich @milluz zu: "Spiele was du hast" ist einfach die coolste Regel. :D

  • @Merrhok


    Im Artikel, den Du als allgemeingültiges Dokument vorstellst, wird im 4. Absatz gesagt, dass Fluff sowohl zu einer Apotheose und Inkarnation des Crunches werden kann.


    Fluff und Crunch sind also zwar diametral, aber nicht aus der Liste heraus sondern für dir Herangehensweise an die Liste und das Spiel per se.

    • Offizieller Beitrag

    @Serotonin Hab ich doch oben auch geschrieben. :D

    Selbstverständlich kann Fluff in gewissen Fällen parallel zum Crunch laufen oder gar Crunch aus Fluff entstehen, keine Frage.


    Natürlich haben beide hier und da Schnittmengen. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Wenn man Warhammer betrachtet, sind beide Aspekte sogar unabdingbar verbunden. Dass es da nichts "Absolutes" gibt, hab ich auch erwähnt. (Immerhin spielen die Fluffisten ja doch hin und wieder auch bei Spielen mit.) Das Anheben von LP-Werten von 18 auf 21 wären trotzdem eher Fluff-Crunch als reiner Fluff, oder nicht?

  • Muss ja was drann sein. Als ex larper, gamer und dauer-single pass ich natürlich auch genau ins cliche... Aber ein kumpel von mir, der ausser warhammer überhaupt nichts nerdiges macht und eher wie ein fußballspieler aussieht, hat grade vor ein paar Tagen seine Freundin mit in den GW in Hamburg gebracht. Sie hatt sich da mehr oder weniger interessiert alles angeguckt, aber das beste waren die Reaktionen der anwesenden Spieler. Alle gestarrt wie ein Auto als wenn die nach Jahrhundertelangem Höllenfeuer einen Engel sehen :]:mauer:


    Sie hatt sich da mehr oder weniger interessiert alles angeguckt, aber das beste waren die Reaktionen der anwesenden Spieler. Alle gestarrt wie ein Auto als wenn die nach Jahrhundertelangem Höllenfeuer einen Engel sehen

    Ich nehme an wenn sie einen der Anwesenden angesprochen hätte wäre der vor Scham im Boden versunken oder hätte angefangen zu glucksen wie ein Kobold und sich dabei verschämt weg gedreht... :whistling:

    Deus lo vult!

  • Vor einiger Zeit habe ich von Kursen in Japan gelesen, in denen gelehrt wird normal mit Frauen zu reden. Vielleicht haben wir hier ja auch eine Zielgruppe für solche Kurse.
    Ein Vorurteil möchte ich auch beisteuern (bei mir ist es leider kein Vorurteil). Jeder Tabletopper hat einen persönlichen "Lead-Pile of shame".
    Tatsächlich kenne ich Leute, die keinen haben.

    Ich spiele:


    Warhammer Fantasy 5., 6. und 7. Edition


    Kings of War 2. Edition


    und


    Infinity